Kapitel 10

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Gott sei Dank kamen in den nächsten zwei Stunden weder Sophia noch mein Vater in mein Zimmer. Da ich gesagt hatte ich sei müde, gingen sie wahrscheinlich davon aus ich würde schlafen. Gut so, denn was ich mit Wincent zu klären hatte, war zumindest auf meiner Seite sehr emotional.

Doch auch Wincent ließ das alles keineswegs kalt. "Also hab ich das richtig verstanden? Du hast Jonas heute morgen im Supermarkt getroffen und heute Nachmittag in der Mall nochmal?", fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen. Ich nickte bloß. "Wow!"

"Was soll ich denn jetzt machen?", schniefte ich verzweifelt. Ich war am Boden zerstört. Wincent nicht hier an meiner Seite zu haben machte das Ganze nicht gerade einfacher. "Ich weiß nicht, Schatz."

Vermutlich war Wincent genauso überrascht, wie ich es zu Anfang war. Immerhin war es nicht das erste Mal, dass ich meinen Vater und seine kleine Familie hier in Hamburg besuchte. Doch ausgerechnet jetzt traf ich wieder auf Jonas.

"Ich weiß ja nicht", überlegte Wincent so vor sich hin. "Aber ist es sinnoll da jetzt so ein großes Ding draus zu machen?" Das war nicht sein Ernst. Hatte ich ihn wirklich so falsch eingeschätzt? "Versteh mich nicht falsch, Shari. Ich hasse diesen Typen. Ich hasse ihn so sehr dafür, dass er dir das angetan hat. Aber ich will nicht, dass das Ganze wieder von vorne anfängt."

"Das will ich doch auch nicht", stöhnte ich. Tränen über Tränen kullerten über meine Wangen, weil ich keine Ahnung hatte, was zu tun war. "Du bist wieder so glücklich, Shari. Wir hatten das gerade alles hinter uns gebracht. Ich will nicht, dass es dir wieder so geht wie vorher. Was er getan hat war einfach grauenvoll."

Erinnerungen, die einfach nicht mehr aus meinem Kopf verschwinden wollten.

"Doch ich möchte das nicht alles nochmal mit dir durchleben." "Was wenn ich das aber muss?", fragte ich. "Dann nicht ohne mich", erwiderte er. Ich wischte die Tränen mit dem gefühlt zehnten Taschentuch weg. "Aber weißt du was, was hälst du davon, wenn wir das morgen besprechen. Morgen fliegst du schon wieder nach Hause und dann bist du endlich wieder bei mir. Und dann kümmern wir uns darum, wie es jetzt weiter geht, okay?" In seinem Blick lag so viel Wärme, so viel Liebe. Ich spürte, dass er mich jetzt am liebsten in den Arm nehmen, mich küssen würde. Doch er konnte nicht.

"Ich habe Angst, Wincent. Ich hab Angst vor ihm." Es endlich einmal laut auszusprechen befreite mich auf eine Art und Weise. Dennoch war es nicht so als fiele ein Stein von meinem Herzen, weil ich diese Angst noch immer spürte. "Ich weiß, babe", sagte er und schaute mich ein wenig mitleidig an. "Ich weiß, dass du Angst hast und ich würde dir in jeder anderen Situation sagen, dass du keine Angst haben brauchst, aber dieser Typ ist geisteskrank und ich kann nicht bei dir sein. Aber ich verspreche dir, ab morgen bist du sicher - bei mir."

Ich nickte, fühlte mich ein ganz kleines bisschen besser. Und dann redeten wir so lange weiter, dass wir irgendwann beide unsere Laptops mit ins Bett nahmen und das Licht ausschalteten. Und obwohl er physisch nicht da war, fühlte es sich doch so an als wäre er ganz nah bei mir.

safe with meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt