Kapitel 17

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"Ja Mama, mir geht's gut. Ich hoffe dir auch", log ich meine Mutter an. Ich hielt mein Versprechen, sie mindestens einmal die Woche anzurufen verantwortungsbewusst ein. Auch wenn ich ihr dabei nur eine Shari vorspielte, die ich schon längst nicht mehr war. Mittlerweile war November und in den letzten Wochen hatte sich so vieles in meinem Leben verändert. Ich hatte niemals gedacht, das so etwas jemals mit mir passieren könnte, doch ich war wie ausgewechselt. Weg war die Shari, die das Leben genoss und fast jeden Tag gute Laune hatte.

"Tut mir Leid, Mama, ich kann momentan nicht reisen, zu viel zu tun", log ich sie wieder an. Sie hatte mich quasi angefleht sie endlich wieder zu besuchen, doch das war nicht möglich. Auch meinen Vater hatte ich seit letztem Mal nicht mehr besucht. Natürlich spielte bei ihm noch ein anderer Faktor eine Rolle, doch wovor ich auch ganz große Angst hatte, war es meine Eltern zu enttäuschen. Und das würde ich sie ganz sicher, wenn sie mich so verzweifelt sahen. Weshalb ich ihnen auch vorspielte es würde mir gut gehen. Meine Eltern waren neben Wincent und meiner besten Freundin die wichtigsten Personen in meinem Leben. Es war mir wichtig, was sie von mir hielten.

Ich machte enorme Fortschritte bei der Therapie. Schon nach meinem zweiten Treffen wusste ich, dass ich mit Wincent reden musste.

"Ich weiß, dass ich viel Scheiße gebaut habe in letzter Zeit", sagte ich. "Mit uns. Und es wird auch noch einige Zeit dauern, bis wir das überstanden haben. Aber, naja, ich wollte dich einfach fragen, ob du noch ein bisschen Geduld mit mir haben kannst." Und dann fing ich das erste Mal seit Wochen vor einer anderen Person damit an, meinen Gefühlen - und meinen Tränen - freien Lauf zu lassen. "Weißt du, ich liebe dich nämlich. Ja wirklich, auch wenn das manchmal ganz und gar nicht so rüber kommt ich liebe dich. Also bitte gib mich noch nicht auf, okay?"

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