Kapitel 16

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"Frau Geyer", sagte die Frau mir gegenüber. "Ich möchte Sie zu nichts drängen, aber Sie müssen schon mit mir reden, wenn ich Ihnen helfen soll."

Ich war selbst ein bisschen überrascht, dass ich schon am nächsten Tag einen Termin bei der Psychiaterin gemacht hatte. Vielleicht ging das alles ein bisschen schnell, aber eigentlich wollte ich das ja. Ich wollte, dass es endlich vorbei war. Seit über einem Monat lebte ich in ständiger Angst Jonas irgendwo wiederzusehen. Das schadete nicht nur mir, sondern auch meiner Beziehung zu Wincent. Seit über einem Monat lebten wir quasi aneinander vorbei und ich wollte nichts lieber, als das wieder hinzubekommen.

"Es ist nur einfach nicht so einfach, wissen Sie", sagte ich leise und schaute auf meine Füße. "Warum nicht?", versuchte die Frau ein Gespräch aufzubauen. "Wühlen Sie gerne in Ihrer Vergangenheit herum, in Dingen die Sie doch eigentlich nur vergessen wollten?"

Sie schaute mich nachdenklich an. "Aber dafür sind Sie doch hier. Um das alles zu verarbeiten." Ich hatte sehr wohl gemerkt, dass Sie nicht direkt auf die Frage geantwortet hatte.

Ich erzählte ihr letztendlich, wie es in meinem Leben momentan aussah. Berichtete von meinen Schlafproblemen und den Beziehungsproblemen mit Wincent. Außerdem erwähnte ich wohl auch, dass ich ab und zu heftige Panikattacken hatte. Nur den Grund für das alles ließ ich bislang in meiner Vergangenheit verborgen, doch das war nicht schlimm.

Für das erste Treffen, hatte ich mich erstaunlich geöffnet. Ich war selbst erstaunt von mir. Das war der erste große Schritt in die richtige Richtung.

"Wie lief's?", fragte Wincent, sobald ich wieder zuhause war. "Ich glaube ganz gut", sagte ich eisig. Auch wenn das Treffen gut verlaufen war, hieß das noch lange nicht, dass meine Probleme aus der Welt geschaffen worden waren.

"Hast du Lust essen zu gehen?", fragte Wincent locker und schaute mich wartend an. Er schien keine bestimmte Antwort zu erwarten und das war auch gut so. "Ich brauche ein bisschen Zeit für mich. Tut mir Leid."

Ich ging ins Bad und genehmigte mir eine heiße Dusche. Während das Wasser über meinen Körper rann, konnte ich nicht sagen, ob es Wassertropfen oder Tränen waren, die mein Gesicht überspülten.

Ich fühlte mich miserabel. Die nächsten Wochen würden der Horror werden und bis jetzt wusste ich nicht, wie ich das überstehen sollte.

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