Als ich zum ersten Mal seit 5 Jahren die Augen öffnete, war es wieder Februar. Der Februar hatte mich aus dem Leben gerissen und jetzt schubste er mich wieder hinein.
Doch das wusste ich natürlich nicht. Um genau zu sein wusste ich überhaupt nichts. Mein Kopf war absolut leer.Das Erste, was ich wahrnahm, war grelles, blendendes Licht. Dann kamen undefinierte Flecken hinzu, die um mich herum zu tanzen schienen. Klarer wurde meine Sicht nicht. Alles war irgendwie verschwommen und verzerrt.
Langsam kehrte nun auch mein Gehör zurück und hysterische Stimmen drangen in mein Ohr, begleitet von grellen Pieptönen.
Ich versuchte, das alles zu verstehen, doch mein Geist war wie gelähmt und ich konnte das, was um mich herum geschah, nicht fassen. Es war einfach nur eine Bombardierung aus Eindrücken, die ungebremst auf mich einprasselten, mit denen ich aber nichts anfangen konnte. Alles war irgendwie zu viel für mich.
Und so schloss ich meine Augen wieder und das Nichts riss mich erneut mit.
Als ich das nächste Mal aufwachte, war meine Sicht klarer. Auch der Lärm war weitestgehend verschwunden, übrig waren nur einzelne, regelmäßige Pieptöne.
Ich wagte, es nicht, mich zu bewegen, schaute mich aber dennoch vorsichtig um: Ich lag in einem sterilen Raum ohne viel Einrichtung. In der Ecke, gerade noch so in meinem Blickfeld, saß ein Mann, welcher gerade dabei war, etwas in eine Akte zu schreiben. Man sah nicht viel von ihm, außer tiefschwarze, lockige Haare. Sonst sah ich nichts, außer dutzende Schläuche und Kabel, die wohl an mir dran hingen und eben das sterile Zimmer.
Mein Kopf fühlte sich noch immer an wie zähe Knete und ich versuchte, das alles zu begreifen, aber es gelang mir nicht. Jeder klare Gedanke, den ich fassen wollte, entglitt mir sofort.
Endlich schaute der Mann auf, lächelte und kam an mein Bett.
"Hallo Nia!", sagte er zu mir. "Mein Name ist Dr. Toni Pirosa und ich bin dein Arzt."
Ich wollte mich aufrichten und etwas sagen, doch nichts passierte. Verwundert probierte ich es erneut und mit mehr Kraft, doch vergeblich. Wieder und wieder versuchte ich, mich irgendwie zu bewegen und irgendetwas zu machen. Nichts. Erst jetzt merkte ich mit Schrecken, dass ich nichts fühlte. Da, wo ich Arme, Beine, einen Bauch und einen Kopf spüren sollte, war nur Leere. Es war, als hätte ich gar keinen Körper mehr.
Panik breitete sich in mir aus. Ich war absolut bewegungsunfähig und ich war irgendwo bei irgendwem und hatte keine Ahnung von nichts.
Was war nur passiert?
Verzweifelt rollte ich mit den Augen. Das war das Einzige, was mir an Kontrolle geblieben war.
"Nia... Nia!", sagte Dr. Pirosa nun eindringlich. Panisch versuchte ich erneut mit aller Willenskraft, irgendetwas zu machen, sei es aufstehen oder den Kopf heben oder einfach nur einen Finger zu bewegen. Irgendwas. Doch da war nichts. Weder Gefühl noch Bewegung. Nichts.
Ängstlich schaute ich nun dem Arzt in die Augen. "Du hattest einen schlimmen Unfall", sagte er zu mir in einer Tonlage, die ich nicht deuten konnte. "Du lagst lange im Koma, Nia. Aber jetzt wird alles gut. Du kannst wieder ganz gesund werden. Dafür bin ich da."
Unfall? Koma? Du kannst gesund werden?
Das konnte alles nicht sein. Das musste ein Traum sein, oder?
Mein ohnehin benebelter Geist verkraftet das nicht und schaltete auf Kurzschluss. Nackte Angst breitete sich in mir aus.
Noch immer hatte ich das dringende Bedürfnis, mich zu bewegen, aber es ging nicht. Alles, was ich machen konnte, war, an die weiße Decke zu starren und zu hoffen, bald aus diesem Albtraum aufzuwachen.
Ich glaube ich weinte, aber ich hatte ja kein Gefühl in meinem Gesicht.
Ich glaube auch, dass Dr. Pirosa an diesem Tag meine Hand hielt, aber ich hatte ja kein Gefühl in meiner Hand.
DU LIEST GERADE
You Restore Me - Tonia
Fanfiction"Hallo! Mein Name ist Nia Cavaon und ich möchte euch gerne meine Geschichte erzählen..." Ein schlimmer Unfall reißt Nia aus seinem alten Leben und ins Koma. Nach fünf Jahren hat schließlich keiner mehr Hoffnung, dass er je wieder aufwachen könnte, d...