Der Große Tag

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Mein ganzes Leben schien sich plötzlich zu bewegen, denn schon am nächsten Morgen standen auf einmal Ju und Anni in meinem Zimmer.

"Heute ist dein großer Tag!", rief Anni aufgeregt und auch Ju wirkte seltsamerweise ein wenig nervös.

Ich verstand nicht recht. "Ähm, was?", fragte ich und gähnte. Ehrlich gesagt hatte ich keine Lust auf einen großen Tag. Ich wollte einfach in meinem Zimmer sein. Mit Toni.

"Also", setzte Ju an, während er und Anni begannen, mein Bett aus dem Zimmer zu schieben, um mich irgendwo hin zu transportieren, "Heute ist dein TMB-"

"-Bedeutet Test für Beweglichkeit und Motorik!", warf Anni stolz ein.

"Ähm... genau", bestätigte Ju leicht aus dem Konzept gebracht, während er mich um eine Kurve schob, "Also eigentlich sollte er schon viel früher gemacht werden, aber da es dir nicht so gut ging, haben wir ihn verschoben. Jedenfalls wirst du jetzt gleich zu einem Typen gebracht, der guckt, wie gut du dich bewegen kannst. Versuch einfach, alles was er sagt so gut wie möglich zu machen, dann wird alles gut."

Ich nickte skeptisch.

Nach unzähligen Fluren und einer Fahrt im Aufzug waren wir schließlich in einem Teil des Krankenhauses, den ich noch nie gesehen hatte, und blieben dort vor einer Tür stehen.

Anni kam in mein Sichtfeld und sagte: "Ich komme leider nicht mit rein, aber ich bin mir sicher du wirst ihn beeindrucken!" Sie drückte meinen Arm, lächelte und verschwand dann rasch.

"Okay...", sagte Ju mehr zu sich selbst und öffnete die Tür. Ich wurde in einen relativ offenen Raum geschoben, in dem sich schon einige Menschen versammelt hatte. Sofort erkannte ich Tonis blauen Haare. Er war gerade in ein Gespräch mit dem Chefarzt Prof. Dr. Onkh und einem Mann in weißem Kittel und Krawatte vertieft. Ich kannte diesen Mann nicht, aber ich war mir sicher, dass er sehr wichtig war. Irgendwie strahlte er Autorität aus. Im Hintergrund stand noch ein weiter Mann, der jedoch hager und unauffällig war. Er trug gerade etwas in eine Akte ein.

Ju stellte mich mittig im Raum ab und räusperte sich, woraufhin sich alle Augen auf mich richteten. Nervös suchte ich Tonis Blick, welcher sich sofort warm und vertraut auf mich legte. Nun trat der Mann in Krawatte vor und ich konnte ihn ein wenig genauer betrachten. Er trug eine Brille und hatte ein rundliches Gesicht, was von ein wenig wirren rötlichen Haaren bedeckt waren. Seine Augen schienen weich, aber auch sehr fokussiert.

"Ah, Sie müssen Nia Cavaon sein", sagte er zu mir und reichte mir die Hand.

"Bin ich", antwortete ich knapp, während Dr. Onkh sich zum Gehen aufmachte und mir im Vorbeigehen zuzwinkerte. Ju hatte sich bereits neben Toni an die Wand gestellt.

"Sehr schön", sagte der Mann mit Krawatte. "Mein Name ist Doktor Allwissend."

Gegen meinen Willen musste ich schmunzeln und er fügte mit einem kurzen Augenzwinkern hinzu: "Jaja... Richtig funny, ich weiß. Aber ich kann dir sagen, Junge, ich heiße so und ich bin es auch."

Er rückte seine Brille zurecht und ließ sich von dem hageren Mann, welcher wohl sein Assistent war, ein Papier geben.

"Wie du wohl weißt, bin ich heute dein TMB-Prüfer... Könntest du bitte prüfen, ob diese Angaben hier korrekt sind?"

Er reichte mir das Blatt, worauf mein Name, Geburtsdatum und so weiter standen, aber auch Details zu meiner Krankheitsgeschichte, meinem Koma, den Verletzungen vom Unfall und auch den Therapien, seitdem ich aufgewacht war. Einige Details waren neu, denn ich hatte mich mit Toni bisher noch nicht über die medizinischen Aspekte meiner Geschichte unterhalten, doch es schien alles soweit richtig zu sein und so sagte ich: "Ist richtig."

"Gut", sagte Dr. Allwissend. Irgendwie wusste ich noch immer nicht recht, was ich von ihm halten sollte.

"Kannst du schreiben?", fragte er nun.

Mir wurde heiß. Ich hatte es bisher noch nicht ausprobiert, aber konnte mir nicht vorstellen, dass ich das jetzt auf die Schnelle schaffen konnte, also schüttelte ich kaum merklich den Kopf.

Dr Allwissend zeigte keine Reaktion, sondern wandte sich nur an den hageren Mann und meinte: "Schulz, schreib das auf."

Plötzlich fühlte ich mich sehr unwohl. Ju hatte mir nicht erzählt, wofür dieser Test da war. Was, wenn ich nicht gut genug war?

Dr Allwissend wandte sich nun an Ju und Toni. "Behandelnder Arzt und Physiotherapeut dann bitte hier und hier unterschreiben und der behandelnde Arzt bitte zusätzlich hier stellvertretend für den Patienten."

Dann rückte er seinen Kittel zurecht und bedeutete seinem Assistenten, sich mir zu nähern.

"So, Herr Cavaon, dann wollen wir mal sehen..."

You Restore Me - Tonia Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt