Kapitel 24

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Es gab ein lautes Krachen an Deck, worauf Caro aufschreckte und sich suchend nach dem Feind umsah. Am vorderen Ende gab es eine schwarze Rauchwolke und sofort ging das Mädchen in Angriffsstellung, doch es war lediglich Jo, der hustend heraus getaumelt kam. Er wedelte mit einer Hand vor seinem Gesicht, um frische Luft zu bekommen und die Schwarzhaarige seufzte leise.

Eines seiner Experimente war wieder einmal schiefgegangen, wie so oft in den letzten Tagen, die sie auf See verbracht hatten. Wenn er nicht gerade fragte, wann sie bei einer Insel ankamen war er dabei seine Reagenzgläser in die Luft zu jagen. Während sie sich seufzend wieder zurück in ihren Stuhl sinken ließ, lachte Teel, der auf der Reling gesessen hatte und seinem Kameraden zugesehen hatte, dann stockte er plötzlich.

Einen Moment lang war es seltsam ruhig und die beiden Anderen sahen zu dem Jungen hinüber, der auf das Meer hinaus starrte, dann hellte sich sein Gesicht auf und er grinste breit.

"Land!", rief er, "Da ist Land!"

Sofort sprang Jo auf und rannte zu ihm hinüber, um das, was er so lange erwartet hatte, endlich zu sehen. Etwas langsamer folgte Caro ihm und sah hinüber zu dem schmalen Streifen Land, der ganz klein am Horizont zu sehen war.

"Ich bring uns hin!", meinte sie ruhig und schlenderte zum Steuer.

Sie waren noch so weit von der Insel entfernt, dass es selbst mit gutem Wind noch einen knappen Tag dauern würde, bis sie die Insel erreichten und im Moment stand dieser alles andere als günstig für sie, weshalb sie die Zeit eher auf zwei Tage schätzte.

"Wo warst du eigentlich? Diese drei Jahre, in denen keiner von dir gehört hat?", wollte Jo wissen und setzte sich neben ihr auf das Geländer.

"Ich bin umhergezogen!", murmelte das Mädchen ausweichend, den Blick nach vorn gerichtet.

Der Junge verstand, dass sie nicht weiter darüber reden wollte und es auch nicht würde, weshalb er nicht weiter nachfragte. Seine Beine baumelten in der Luft, während er einfach nur dort saß und die frische Meeresbrise genoss. Teel hatte angefangen seinen Kampfstab zu polieren und pfeifte dabei leise vor sich hin.

Es dauerte ein einhalb Tage, bis sie sie schließlich in einem kleinen, verlassenen Hafen anlegten und an Land gingen. Die Häuser um sie herum wirkten leer und unbewohnt, was Caro ein wenig verwunderte. Die Position der Stadt war nicht schlecht für Handelsschiffe, weshalb es keinen Sinn ergab, dass jemand sie einfach so verlassen würde. Die drei Piraten standen dort und lauschten, doch kein Laut drang zu ihnen durch. Es war toten still.

"Eine Geisterstadt?", flüsterte Teel.

"Geister?", wollte Jo leise wissen, "Gibt es die denn?"

"Unsinn!", murmelte Caro.

Ihr Blick striff über die kahlen, grauen Hauswände und dunkle Gassen. Schatten von Bäumen und Büschen wogen darauf leicht hin und her. Langsam und vorsichtig setzte das Mädchen sich in Bewegung, ihre Umgebung fest im Blick. Das Klicken eines Kiesels, der auf den Boden fiel, ein Schatten im Augenwinkel, das Geräusch von einem Schwert, dass aus der Scheide gezogen wurde.

Ihre Reaktion war schneller, als der Angriff ihres Gegners. Aus dem Boden, direkt neben ihrem Fuß, schoss eine steinerne Klinge, die sie geschickt aus der Luft griff und damit den Angriff ihres Gegners parrierte. Es gab ein lautes Klirren, als Stahl auf Stein traf und im Schatten der Kapuze leuchteten für wenige Sekunden die weit aufgerissenen, grünen Augen auf, dann sprang er zurück und verschwand hinter der nächsten Häuserecke. Erneut legte sich Stille über die Straßen, doch diesmal war sie gefüllt von Spannung.

Wie lang sie dort standen konnte später keiner der drei genau sagen, doch was sie wussten war, dass ihr Angreifer nicht noch einmal kam. Auch nicht, als sie weiter in das Stadtinnere vordrangen und sich umsahen. Kein Fenster, keine Tür, kein Zaun war zerstört. Alles wirkte ganz normal, wäre es nicht so menschenleer gewesen. Nur ihre eigenen Schritte hallten durch die Straßen und warfen ein gespenstisches Echo von den Wänden zurück.

"Hallo?", rief Jo, nicht unbedingt, weil er eine Antwort erwartete, sondern weil er irgendein Geräusch brauchte, "Ist da jemand?"

"Was wollt ihr hier?", die Stimme ließ alle drei zusammenzucken und herum fahren, doch hinter ihnen war niemand zu sehen.

Nervös sahen die Piraten sich um, wobei sich Caros Griff um ihr Schwert verstärkte. Sie hatte nicht vor, sich hier von jemanden fertigmachen zu lassen, der zu feige war, sich ihnen auch nur zu zeigen.

"Wir sind hier, um unsere Vorräte aufzufüllen!", antwortete sie dem Unbekannten.

"Ihr seid also keine Feinde?", wollte der Mann weiter wissen.

"Wir suchen keinen Kampf, falls du das meinst!", das Mädchen machte einen Schritt nach vorne, "Was aber nicht heißt, dass wir uns nicht wehren, wenn wir angegriffen werden sollten!"

Eine Gestalt löste sich aus den Schatten. Sofort fielen Caro die leuchtend grünen Augen auf, weshalb sich ihr Blick verinsterte und sie ging in Verteidigungsstellung. Keiner der beiden Jungen hatte ihren Angreifer wirklich erkannt, weshalb sie ein wenig verwirrt einander ansahen und Teel die Schultern zuckte.

"Der Kerl hat uns vorhin angegriffen!", meinte Caro finster, "Wir können ihm nicht trauen!"

Das silbern glänzende Schwert hing an seiner Hüfte und er legte langsam eine Hand auf den Griff, worauf auch die Jungen nach ihren Waffen griffen.

"Ich will nicht kämpfen!", meinte der Mann, worauf Caro lediglich schnaubte.

"Das haben wir gemerkt!", knurrte Teel.

Mit ruhigem, kalten Blick packte der Mann den Schwertgriff fester und zog die Klinge langsam heraus. Durch die erhöhte Position hatte er einen Vorteil und auch kannte er die Stadt viel besser als die Piraten. Das Mädchen war bereits dabei sich zu überlegen, was der schlauste erste Schritt wäre, als ihr Gegner seine Waffe plötzlich fallen ließ.

Wie in Zeitlupe fiel es an dem Mann vorbei und bestimmt drei Meter in die Tiefe, bevor es mit lautem Klirren auf der gepflasterten Straße aufschlug. Sie brauchten einen Moment, doch schließlich beruhigten sich die drei. Ohne weiter zu zögern sprang der junge Mann vom Dach und kam auf sie zu. Seine Waffe hob er nicht auf, da er die drei nicht weiter beunruhigen wollte.

"Wer bist du?", wollte Caro wissen, worauf der Mann leicht lächtelte.

"Mein Name ist Cloud!", antwortete er, "Ich bin hier, weil ich diese Stadt und ihre Bewohner retten will!"

"Aber... ich habe gar keine Bewohner gesehen!", Jo wirkte leicht nervös, "Wo sind sie?"

"Sie werden gefangen gehalten...", erklärte Cloud finster, "Von einem Mann namens Nikata!"

One Piece - blutige Engel - ReWriteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt