Kapitel 10

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Leicht verwirrt sah Jo zu Lilith auf, als diese vor ihm stehen blieb. Teel warf ihm einen verschwörerischen Seitenblick zu, worauf der Junge kurz nickte.

"Du solltest uns nicht töten!", meinte er ruhig, "Caro würde das nicht gefallen!"

"Caro?", wollte die Frau wissen und sah ihn finster an.

"Ja, Caro!", grinste Jo, "Meine eh... Schwester!"

Natürlich bemerkte er den fragenden Blick von Teel, doch jetzt wäre es ungünstig gewesen es ihm zu erklären.

"Deine Schwester?", wollte die Frau wissen, sie war nachdenklich geworden, "Und sie kommt hier her?"

"Natürlich tut sie das, immerhin wird sie uns retten wollen!", mischte Teel sich kurz ein, doch Lilith achtete lediglich auf Jo.

"Deine Schwester macht einen großen Fehler!", meinte sie leise, wobei sie einen Schritt von ihm weg machte und nach einer Sichel griff, die hinter ihr an der Wand lehnte. Ein breites Grinsen erschien auf ihrem Gesicht. "Sie wird genauso sterben wie ihr!"

Damit lief sie auf Jo zu und schlug zu, doch der Junge war bereits nicht mehr dort. Geschickt hatte Teel den Knoten in seinen Fesseln gelöst und seinen Freund zur Seite gezogen, bevor die Anführerin ihn erwischen konnte. Mit einem Schrottteil zerschnitt er das Seil um seine Hände, dann duckten sich beide hinter eine Platte.

"Sie ist stark!" murmelte Jo und lugte dabei vorsichtig um die Ecke.

Es war ihr Glück, dass die Klinge der Sense im Boden steckte, an der Stelle, an der Jo eben noch gekniet hatte. Leider waren Liliths Leuten nicht sonderlich begeistert davon und hatten nun ebenfalls nach ihren Waffen gegriffen. Kugeln flogen gegen ihre Deckung und einige Männer fluchten wütend.

"Was machen wir jetzt?", wollte Jo leise wissen, als er neben Teel wieder den Kopf einzog, "Hast du eine Waffe?"

"Noch nicht!", antwortete der Junge leise.

"Was heißt 'Noch' nicht?", wollte Jo wissen.

Ohne zu antworten machte Teel einen Sprung nach vorne, gleich darauf eine Rolle und kam hinter einer kleinen Wand wieder hoch. In den Händen hielt er eine Metallstange und auf seinem Gesicht lag ein breites Grinsen.

Unsicher sah Jo sich um, und entdeckte nicht weit von sich ein rostiges, altes Messer in dem Schrott. Schnell nahm er es auf und keine Sekunde zu früh, denn im nächsten Augenblick schlug die Sense neben ihm in seine Deckung. Mit einem lauten Schrei sprang Teel auf sie zu und attackierte sie mit seinem Stab.

Stahl traf auf Stahl, als ihre Klinge auf seine Metallstange traf, und Funken stoben auf. Mit einer schnellen Bewegung stürzte Teel sich auf einen der Männer, der gerade dabei war seine Waffe auf Teel zu richten. Das Messer bohrte sich tief in seinen Arm.

Sein Schrei lenkte die Aufmerksamkeit der anderen auf sich und sofort bildeten sie einen Kreis um Jo. Langsam richtete dieser sich auf, wobei er seinen Blick über seine Gegner schweifen ließ, dann ballte er die Hände zu Fäusten und war verschwunden. Der Schatten hatte ihn verschluckt.

Hinter seinem nächsten Opfer tauchte er wieder auf und stach blitzschnell zu, worauf alle erschrocken herumwirbelten, doch der Junge war bereits wieder verschwunden und suchte sich sein nächstes Opfer.

Diesmal war es ein recht schmächtiger, junger Mann, der sich möglichst im Hintergrund hielt. Sicherlich stellte er keine Gefahr dar, doch Jo wollte das Messer, das in seinem Gürtel steckte. Geräuschlos tauchte er hinter dem Mann auf und griff sich die Waffe, dann stockte er.

Kalter Atem streifte seinen Nacken und als er den Kopf leicht drehte war dort Raven und funkelte ihn kalt an.

"Woher wusstest du-", der Mann ließ ihn nicht ausreden.

"Ich habe gute Augen!", grinste er, "Ich habe von der Seh-Seh-Frucht gegessen und kann deshalb besser sehen als jeder andere!"

"Klingt ziemlich nutzlos!", erwiderte der Junge unbeeindruckt.

"Nun, ich konnte ganz einfach Feinde ausspionieren, aber du hast recht! Bisher hatte sie keinen großen Nutzen!", er schien überhaupt nicht verärgert.

"Bisher?", leichte Sorge machte sich in Jo breit.

"Ich kann dich sehen, wenn du verschwindest! Erst habe ich nicht verstanden, warum die anderen so verwirrt schienen, aber es ist einfach! Du warst für sie nicht mehr zu sehen!", erklärte Raven beinahe stolz.

"Ja, das erklärt tatsächlich einiges!", murmelte Jo nachdenklich, wobei er eher darüber nachdachte, wie er den Mann besiegen konnte. Bei den anderen hatte er auf den Überraschungsvorteil gesetzt, doch das wirkte bei Raven nicht. Er musste auf Geschwindigkeit setzen, wenn er gegen seinen Gegner ankommen wollte.

Geschickt duckte er sich unter der Krallenhand weg, mit der sein Gegner angriff, und schlug von hinten zu, doch der Mann wehrte ihn mit einer Hand ab.

"Glaubst du wirklich, du kommst damit gegen mich an? Lilith wird deinen Freund fertig machen! Ihr habt keine Chance!", ein böses Grinsen lag auf seinem Gesicht.

"Das glaubst auch nur du!", antwortete Jo mit einem Schnauben, "Ihr könnt uns nicht besiegen!"

Mit einer blitzschnellen Handbewegung schlug er erneut zu und seine Krallen trafen gegen das rostige Messer, das Jo zur Abwehr hoch genommen hatte. Es zerbrach ganz einfach und die Einzelteile fielen zu Boden, worauf der Junge seinen Widersacher leicht besorgt ansah.

In blitzschnellen Bewegungen schlug Raven wieder und wieder zu, während Jo zurückwich und dabei versuchte, mit dem verbliebenem Messer, seine Attacken abzuwehren. Um sie herum machten die Männer ihnen Platz, während sie ihrem Vize zu jubelten.

Plötzlich machte er einen Ausfallschritt nach vorne und erwischte Raven damit an der Schulter, worauf dieser zuerst überrascht und dann wütend drein blickte. Anschließend wurden seine Angriffe noch schneller und präziser, während er ihn immer weiter zurückdrängte.

Es dauerte nicht lange, bis seine Wunde ihm zusetzte und so griff der Mann nur noch mit einem Arm an. Sofort wusste Jo, dass das seine Chance war. In einer schnellen Bewegung schlüpfte er zwischen seinen Beinen hindurch, kam hinter ihm wieder auf die Füße und rammte seinem Gegner das Messer in den Rücken.

Mit weit aufgerissenen Augen stand Raven für einen Moment noch aufrecht, dann kippte er nach vorne um, während Jo schwer atmend die Arme auf die Knie stützte. Die Männer um ihn herum starrten ungläubig, dann rührten sich die ersten und rannten zu ihrem Vize, um ihn möglichst zu retten.

One Piece - blutige Engel - ReWriteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt