「11. Kapitel - Verschneite Straßen」

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»Ihr nehmt mich doch auf den Arm«, forschte ich ungläubig nach und betrachtete Julians Schmollmund und Lees breites Grinsen, während wir die Uni verließen. Sofort fielen uns feine Schneeflocken ins Gesicht, die sich augenblicklich in unseren Haaren verfingen. Lee verzog angewidert den Mund, da Julian mit seiner Zunge das gefrorene Wasser auf fing. Ich wollte lieber nicht wissen, welche Bakterien er sich dabei einhandelte und konzentrierte mich lieber wieder auf das angeschnittene Thema.
»So blöd könnt doch nicht mal ihr gewesen sein!«, fuhr ich fassungslos fort und musterte die beiden.

»Ich war auch nicht so blöd«, rechtfertigte sich Lee sofort und zeigte grinsend auf seinen Freund, dessen Wangen eine deutliche Röte zierte. Zweifellos war ihm die durchzechte Patynacht mit seinen Kumpels peinlich.
»Nur Julian ist in Frauenklamotten in die Underground gestiegen. Wir anderen trugen alle Hosen.« Julian verschränkte genervt die Arme vor der Brust, während ich ihn dezent verstört ansah.
»Ich habe das nur getan, weil ihr mir gesagt habt, dass wir alle in Kleidern gehen. Außerdem erinnere ich mich an gar nichts mehr.«
»Tja, war leider gelogen ...«, antwortete Lee fies lächelnd auf ersteres. Wir lachten und Julian zeigte dem chinesischen Studenten schnaubend den Mittelfinger.

»Hey, Claire hat auch gelacht!«, beschwerte sich dieser sofort, was Julian die Augen verdrehen ließ.
»Na und?«
»Du musst auch wütend auf sie sein.«
»Muss er nicht«, schaltete ich mich sofort ein und hakte mich bei dem blonden Studenten unter. »Ich habe ihn schließlich nicht verarscht und in ein Frauenkleid gesteckt.«
»Stimmt. Du hast ihm lediglich eine Tür ins Gesicht geschlagen!«
»Fick dich einfach, Lee!«, fuhr Julian ihn an und entlockte mir somit ein strahlendes Lächeln. Hielt leider nur so lange, bis Lees Konter folgte.
»Wenn Claire mir hilft, gerne doch. Irgendwo müsste ich auch noch ein Kondom ...«
»... in XS haben?«, beendete ich seinen angefangenen Satz und schüttelte meine Haare aus, damit der Schnee in der wärmeren Undergroundstation nicht schmolz und meine Haare durchnässte.

»Was hast du eigentlich immer mit meinem Penis?«, knurrte der Chinese eingeschnappt und betrachtete mich kritisch.
»Du meinst abgesehen davon, dass er zu klein ist und mich nie befriedigen könnte?«
»Du elendes ...« Der Rest ging in Julians Prusten und in dem Getümmel der vielen Menschen unter, die uns entgegenströmten. Lee stapfte uns eingeschnappt hinterher, während meine Gedanken erneut zu der Partynacht abschweifen.
Ich wusste, dass es die beiden mit ihren Sportkumpels gerne einmal krachen ließen, aber die Verkleidungsgeschichte war mir neu. Und das Frauenkleid auch, vor allem da ich bezweifelte, dass ihm eins passen würde.

»Irgendwie kann ich mir das gar nicht vorstellen. Also du im Kleid«, murmelte ich abwesend und betrachtete den Surferboy von der Seite aus. Er schenkte mir ein überaus arrogantes Lächeln.
»Ich sah absolut heiß aus. Du hättest einmal meine Beine sehen müssen. Einfach unwiderstehlich!« Wir kicherten und betraten die überfüllte Bahn, in der wir wieder einmal stehen mussten.
»Das glaube ich dir gerne. Ich wünschte ich wäre dabei gewesen, um das zu sehen.« Julian zwinkerte.

»Willst du ein Foto sehen?«, mischte sich Lee grinsend ein. Er schien meine Beleidigung hingenommen zu haben und wie ein echter Mann darüber zu stehen. Oder er wollte sich einfach nur über Julian lustig machen und freute sich über meine Unterstützung.

»Du hast ein Foto gemacht? Wann?!«, fauchte der Blondschopf aufgebracht, was der Schwarzhaarige mit einem Achselzucken abtat. »Als du vollkommen betrunken warst. Und eigentlich hat es eine freundliche, ältere Dame gemacht, damit ich auch auf dem Bild dabei sein kann. Hier.« Lee reichte mir sein Handy und tippte mit dem Zeigefinger auf den blonden Mann in einem knallgelben Kleid und Absatzschuhen ...? Augenblicklich prustete ich los, wobei ich zugeben musste, dass er wirklich schöne Beine hatte und mich fragte, wie er in den Teilen laufen konnte. Man konnte glatt neidisch werden.

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