Im ersten Moment glaubte ich, die Frau würde mich anschreien wollen. Warum ich das vermutete, wusste ich selbst nicht so genau, es war eher eine Vorahnung. Vermutlich lag es auch an der Art, wie Mrs. Orwell tief Luft holte, oder, dass Kian sichtlich angespannt war und einen Schritt zurück trat. Die ältere Dame bewegte sich sofort weiter auf uns zu. Ihr Champagnerglas drohte überzuschwappen.
»Wunderbar Schätzchen!«, kreischte Mrs. Orwell überraschend fröhlich, während sich ihre Lippen zu einem erschreckend breiten Grinsen verzogen. Daher kamen also die vielen Fältchen um ihre Augen und Mund. Sie schien ein sehr positiver Mensch zu sein.
»Jetzt geht es los ...«, murmelte Kian leise, sodass nur ich ihn verstehen konnte und setzte ein gespielt fröhliches Lächeln auf. Ich war verwirrt. Verdammt verwirrt. Und das konnte ich gar nicht leiden.»Also, Sie müssen wissen, dass ich ebenfalls stolze Hundebesitzerin bin«, klärte mich Mrs. Orwell übermütig auf, was ich mit einem braven Nicken abtat.
»Haben Sie auch einen Golden Retriever?«, spielte ich die interessierte Zuhörerin, obwohl ich bereits erahnte, was passieren würde.
»Oh nein, das nicht«, schnatterte die Hundebesitzerin mit funkelnd grünen Augen, was Kian leise aufstöhnen ließ.
Augenscheinlich schien er sehr interessiert, ich konnte mir jedoch denken, dass er in Wirklichkeit keine große Lust auf eine Unterhaltung zu diesem Thema hatte. Er schien dieses Gespräch schon öfters geführt zu haben.»Ich besitze zwei reizende Pudel, müssen Sie wissen. William, so heißt der Rüde, ist schwarz, während Kate schneeweiß ist. Sie sind so ein süßes Pärchen«, schwärmte sie herzlich von ihren Vierbeinern und setzte einen verträumten Blick auf. Sie seufzte, während ich hellhörig wurde.
»Oh, dann mögen Sie die britische Königsfamilie sehr, nehme ich an.« Mrs. Orwell setzte eine nachdenkliche Miene auf und betrachtete mich, als wäre ich verrückt geworden.
»Nein, eigentlich nicht. Wie kommen Sie denn darauf?« Innerlich schlug ich mir die Hand gegen die Stirn und brummte genervt. War das jetzt ernst gemeint? Nach außen hin lächelte ich lediglich entschuldigend.
»Nicht wichtig. Erzählen Sie mir doch bitte mehr von ihren Pudeln.«»Liebend gern. Also, Sie müssen wissen, dass ...« Meine Gedanken schweiften ab, während ich Mrs. Orwell dabei beobachtete, wie sich ihr Mund stetig öffnete und schloss. Nun gut, eigentlich schloss er sich kaum. Sie redete in einem fortwährenden Schwall.
Oje, ich verstand so langsam, weshalb Kian so angespannt und nicht darauf erpicht war, länger Zeit mit dieser Frau zu verbringen. Es war einfach furchtbar ihr über längere Zeit zuzuhören, da sie permanent ihre Pudel in den siebten Himmel lobte. Unauffällig blickte ich mich um, konnte aber niemanden ausmachen, der die elegante Dame begleitete. Mrs. Orwell würden wir also nicht so schnell wieder los werden, vorausgesetzt ...»Mrs. Orwell?«, wandte ich mich direkt an die Hundebesitzerin, die ihr Geschwafel unglücklich unterbrach.
»Ja?«
»Wären Sie so freundlich mir zu sagen, wo sich hier die Toiletten befinden?« Die Augenbrauen der Dame schossen kurzzeitig überrascht in die Höhe. Als sie meinen Angespannten Gesichtsausdruck bemerkte, der von einer leichten Röte meiner Wangen begleitet wurde, legte sich jedoch sogleich ein sanftes Lächeln auf ihre Lippen.
»Natürlich. Gleich dort hinten links.« Ich nickte dankbar und zwinkerte Kian zu, der wütend die Augen zusammen gekniffen hatte.
»Beeil dich bitte, du fehlst mir schon jetzt«, meinte er mit mahlendem Kiefer und schien kurz davor mich einfach festzuhalten.Natürlich hatte er mich sofort durchschaut und wusste, dass ich nicht so schnell wiederkommen würde. Erst, wenn Mrs. Orwell ein besseres Opfer gefunden hätte. So herzlich die Dame auch war ... so sehr ging sie mir mit ihren Pudeln auf die Nerven. Ich meinte ... Pudel? Es gab so viele schönere Hunderassen. Huskys und Schäferhunde zum Beispiel, um nur eine Auswahl zu nennen. Ich beugte mich mit einem breiten Lächeln zu Kian und hauchte ihm einen unschuldigen Kuss auf die Wange.
»Natürlich, Schnuckelbärchen. Ich bin sofort wieder da«, flüsterte ich leise und machte mich dann schnellstmöglich in Richtung Toiletten davon.
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Feel My Love
Romansa»Ich wünschte, ich könnte das alles rückgängig machen.« »Wirklich?« »Nein, das wäre die größte Lüge meines Lebens.« Jeder von uns trägt eine geheimnisvolle Maske, die die wahren Gefühle und Absichten sorgfältig zu verstecken versucht. Das musste auc...