「27. Kapitel - Sich fallen lassen」

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»Hi«, hauchte ich schwach, als ich zu Adrian in den Wagen stieg und mich erschöpft auf den Beifahrersitz fallen ließ. Er drehte sich kurz zu mir herum, um mir ein mitfühlendes Lächeln zu schenken, bevor er anfuhr und sich auf die Straße konzentrierte.
»Hi. Lust aus dem Mittagessen einen Mitternachtssnack zu machen?« Kurz überlegte ich und schüttelte schließlich den Kopf.
»Ich würde vermutlich nicht viel herunterbekommen.«
»So schlimm?«
»Nein, noch viel schlimmer«, seufzte ich.

Adrian blickte kurz zu mir herüber und legte schließlich eine Hand auf mein Knie. Diese Geste hatte etwas tröstliches an sich.
»Was ist passiert, Claire?«, erkundigte er sich nachdem sich die Stille wie ein Tuch über uns gelegt hatte. Ich lachte trocken.
»Du meinst abgesehen davon, dass Kian mich mitten in der Nacht vor die Tür gesetzt hat?«
»Er hat was?!«, brauste mein ehemaliger Professor auf, wobei er fast noch auf die Bremse getreten wäre, um seinen Schock zu untermauern. »Davon hast du aber nichts erzählt. Ich dachte du wolltest ihm nur etwas Freiraum gewähren und deshalb die Nacht bei mir verbringen!«

Entschuldigend zuckte ich die Achseln, als er mir einen kurzen Seitenblick schenkte.
»Du hast mich vorhin ja auch nicht ausreden lassen. Kian wollte das ich gehe und genau das habe ich auch getan.« Adrian klappte der Mund auf. Er wirkte ehrlich entsetzt.
»Aber er kann dich doch nicht einfach so vor die Tür setzen! Erst recht nicht um diese Uhrzeit! Wie um alles in der Welt konnte es überhaupt dazu kommen? Hast du ihn etwa auf den falschen Fuß erwischt? Ich dachte wirklich, dass der liebe Herr Anwalt etwas intelligenter wäre!«
»Ist er auch. Normalerweise jedenfalls«, flüsterte ich betrübt und betrachtete meine Hände.
»Was soll das heißen?«, forschte er sofort nach und brachte mich damit wieder dazu ihn anzusehen.

»Kian hat getrunken und war so mehr oder weniger zurechnungsfähig«, erklärte ich ihm wahrheitsgemäß und sah dabei zu, wie sich Verständnislosigkeit in seinem Gesicht abzeichnete. Schnell redete ich weiter und erklärte ihm die Situation, in der ich mich befunden hatte, sobald ich in meinem derzeitigen Zuhause angekommen war. Angefangen mit den Fotos bis hin zu dem glatten Rausschmiss, den ich von Kian bekommen hatte.

»Hast du irgendeine Ahnung, wer die Bilder gemacht haben könnte?«, fragte Adrian mich schließlich, als ich geendet hatte und hielt vor dem Hotel. Meine Ausführungen hatten die gesamte Fahrt eingenommen.
Wir stiegen aus, wobei Adrian seinen Schlüssel gegen einen Parkschein tauschte, um dann nach drinnen zu gehen.
»Ich dachte, das könntest du mir vielleicht sagen. Immerhin war ich fast nur noch körperlich anwesend«, entgegnete ich und schlug den Weg zum Fahrstuhl ein. Adrian hielt mich jedoch am Arm zurück, woraufhin ich ihn erstaunt ansah.

»Ich bin genauso ratlos, Claire. Leider habe ich mich nicht mehr auf meine Umwelt konzentrieren können.« Er lächelte, wurde aber sogleich wieder ernst. »Wann hast du heute zuletzt etwas gegessen?«
»Heute morgen. Wieso?«, fragte ich ihn mit gerunzelter Stirn, was Adrian mit einem ernsten Nicken kommentierte, bevor er zügig den Weg zum hoteleigenen Restaurant einschlug. An der Hand zog er mich mit sich.
»Ich brauche nichts«, protestierte ich sofort, wurde aber von einem strengen Blick seinerseits zum Verstummen gebracht.
»Du hast seit heute morgen nichts mehr gegessen. Das ist jetzt mehr als vierzehn Stunden her.«

»Aber ich habe wirklich keinen Hunger«, murrte ich und zog einen Schmollmund. »Außerdem glaube ich nicht, dass wir um diese Uhrzeit noch etwas Essbares bekommen.« Ich zeigte auf die hochgestellten Stühle und das Reinigungspersonal, welches gerade den Boden sauber wischte. Adrian schmunzelte und gab mir dann einen unerwarteten sinnlichen Kuss, der mein Herz höher schlagen ließ. Leicht außer Atem sah ich zu ihm auf.
»Du wärst überrascht, zu was ich alles fähig bin«, verkündete er überzeugt und betrat gemeinsam mit mir das Restaurant.

***

Er sollte Recht behalten. Keine zehn Minuten später, saß ich Adrian, in einem seperaten Raum, an einem kleinen Tisch gegenüber und knabberte an einem einfachen, aber köstlich belegten Baguette. Mein Gegenüber tat es mir gleich, wobei er selbst beim Essen um einiges kultivierter und eleganter wirkte als ich. Man konnte glatt neidisch werden.

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