「10. Kapitel - Verirrte Gefühle」

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Ich berührte Kians weiche Lippen so sanft, dass es dem Flügelschlag eines Schmetterlings glich. Unsere Münder bewegten sich nicht, sie lagen hauchzart aufeinander, wobei mein Gehirn immer noch nicht ganz verarbeitet hatte, was ich hier gerade tat. Ich küsste Kian, kam schließlich der verspätete Impuls bei mir an, was mich ruckartig die Augen aufreißen ließ. Ich küsste ihn gerade! Ich küsste einen meiner Freunde! Schnell ließ ich meine Hände sinken und löste mich von ihm. Der junge Anwalt sah mich dezent geschockt an.

»Tut mir leid«, flüsterte ich leise und mit gesenktem Kopf. Ich schämte mich so. »Ich weiß auch nicht, was mich dazu geritten hat. Das hätte ich nicht tun sollen. Gott, ich bin so dumm! Entschuldige.«
»Claire, sieh mich an.« Ich schüttelte den Kopf. Fuck war mir das peinlich.
Kian umfasste mein Kinn und zwang mich dazu ihn anzusehen. Mir stockte der Atem, als ich ihn vor mir sah. Er lächelte.
»Du musst dich nicht entschuldigen. Wenn, dann sollte ich das tun.«
»Aber wofü-«

Ich kam nicht weiter, da hatte der schwarzhaarige Mann bereits die letzten Zentimeter überwunden und seine Lippen auf meine gelegt. Der Kuss war zärtlich, doch nicht mehr so unschuldig, wie zuvor. Dieses Mal bewegten wir unseren Mund mit dem jeweils anderen. Er zupfte an meiner Unterlippe, fuhr mit seiner Zunge darüber und brachte meine Nervenenden zum Kribbeln. Ich spürte seine Hände auf meinem Rücken, die mich trotz der Kälte zu verbrennen drohten, während ich meine in seinem weichen Haar vergrub und ihn näher zu mir zog.

Der Alkohol in meinem Blut schien mich mutig zu machen, da ich selbst nicht wusste, was in mich gefahren war. Ich stand mit dem Mann, der mir die letzten Monate so viel Halt, Aufmerksamkeit und Zuneigung gegeben hatte auf dem Dach einer Galerie und küsste ihn. Und trotzdem drängte sich der Mann, der mir so viel Schmerz und Leid zugefügt hatte in mein Gedächtnis. Ich wollte nicht an ihn denken und trotzdem war er allgegenwärtig.

Um mich von ihm abzulenken stieß ich mit meiner Zunge gegen Kians Lippen, die er nach kurzem zögern bereitwillig öffnete, um unseren Kuss zu intensivieren. Sein herber Geschmack und der nach Champagner breitete sich auf meiner Zunge aus, während mich der junge Mann noch näher zu sich zog, sodass ich seine Wärme an meinem ganzen Körper spüren konnte.

Ich konnte ihn leise stöhnen hören, während unsere Zungen miteinander spielten. Er war nicht so dominant wie Adrian, sodass ich leicht die Oberhand hätte gewinnen können, doch das wollte ich nicht. Er sollte mich führen und doch ... tat er es nicht. Er blieb sanft und zärtlich, während ich mich nach etwas Dominantem, Rauem sehnte. Mich nach ihm sehnte ... Doch Kian war nicht er und er würde es nie sein. Kian war anders. Er war eben Kian, der manchmal sehr einschüchternde Anwalt und einer meiner engsten Freunde. Er mochte mich und ich mochte ihn auch. Aber würde diese Art von Liebe auch für eine gemeinsame Zukunft ausreichen?

Ich wusste, dass die Geschichte mit Adrian für immer beendet war und, dass ich nach vorn blicken musste. Wenn ich das nicht mit dem Schwarzhaarigen vor mir tun konnte, mit wem sollte ich es sonst tun? Alle Männer hatten mich bisher enttäuscht und ich war mir sicher, dass Kian mich nicht enttäuschen würde. Er war ehrlich zu mir und hinterging mich nicht. In den vergangenen Monaten hatte ich ihn gut genug kennengelernt, um das zu wissen.

Ich zog mich zurück und lehnte meine Stirn an seine, lauschte seinem schweren Atem und fühlte meinen viel zu schnellen Herzschlag in der Brust. In weiter Ferne hörte ich die Uhr schlagen. Mitternacht.
»Ich wollte dich nicht verärgern und dich schon gar nicht blamieren«, flüsterte ich leise und legte meine Hände auf seinen Unterarmen ab. »Es tut mir leid, ich werde mich auch bei Zayn entschuldigen. Also bitte sei nicht böse auf mich.«
»Wie könnte ich dir je böse sein«, seufzte Kian ergeben und fuhr durch mein Haar. Ein leichtes Lächeln lag auf seinen Lippen. »Du musst dich bei Zayn übrigens nicht entschuldigen. Er musste sich schon Schlimmeres anhören und ist daran gewöhnt. Außerdem macht es diesem arroganten Scheißkerl Spaß, Frauen so in die Enge zu treiben.« Er knurrte.

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