「20. Kapitel - Enthüllungen」

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In einer Zeitschrift hatte ich vor langer Zeit gelesen, dass wahre Freunde auch in schweren Zeiten für mich da wären und dass genau das eine gute Freundschaft ausmachen würde. Dass man sie mit Engeln vergleichen könnte, die mir helfen würden wieder auf die Beine zu kommen, wenn ich das Fliegen verlernt hätte. Und dass sie immer nur das Beste für mich wöllten.

Ich bezweifelte keine Sekunde, dass Julian genau diese Absicht gehegt hatte, als er seinen Entschluss fasste, ihm meinen Aufenthaltsort zu verraten. Er wusste einfach nicht, dass er damit genau das Gegenteil erreichte, hatte ich ihm doch auch nicht die Wahrheit gesagt. Der Blondschopf konnte es also schlicht nicht besser wissen, weshalb ich auch keinen Groll gegen ihn hegen konnte. Ganz anders sah es da mit der Person vor mir aus, die gleich meine gesamte Wut abbekommen würde und die ich am liebsten fauchend angesprungen wäre, wenn wir uns nicht in der Öffentlichkeit befunden hätten. Adrian!

Letzterer zuckte gerade die Achseln, über sein vorher Gesagtes und lächelte mich dann überaus charmant an, wofür ich ihn am liebsten geschlagen hätte. Ins Gesicht! Meine Miene verdunkelte sich augenblicklich, wobei ich die Hände zu Fäusten ballte, um meinem Gedankengang nicht nachzukommen.
»Wie geht es dir?«, erkundigte er sich sofort, was mich noch wütender machte. Gerade er sollte doch wissen wie beschissen es mir in den letzten Monaten ergangen sein musste!
»Nichts, was dich jetzt noch angehen würde!«, fauchte ich deshalb und schenkte ihm vernichtende Blicke. »Schließlich hat es dich vor zwei Monaten auch einen Dreck interessiert!«

Gott, das klang verbitterter als ich es beabsichtigt hatte, doch es entsprach auch der vollen Wahrheit.
»Claire, es tut mir so leid«, flüsterte er zu tiefst betrübt und senkte kurzzeitig den Blick, was ich überraschenderweise völlig ungerührt zur Kenntnis nahm. Zu sehr stachelte er meine Wut damit an.

»Was tut dir leid?! Dass du mich wie dein billiges Fick-Spielzeug behandelt und einfach weggeworfen hast? Oder, dass du mich als Lügnerin und als Karrieregeil bezeichnet hast?!«, brauste ich auf und achtete nicht weiter auf meine wieder zunehmenden Kopfschmerzen und die vorbeiströmenden Studenten, welche uns teilweise verdutzte Blicke schenkten. Womöglich waren sie erstaunt einmal keine lächelnden Gesichter in seiner Nähe zu sehen.
Adrians größtes Glück war hierbei, dass ich mit gesenkter Stimme gesprochen hatte und in der Uni gerade reges Treiben herrschte, sodass man uns ohnehin nicht verstehen konnte.

Der imposante Mann zuckte unter meinen harschen Worten merklich zusammen, wobei ich deutlich Selbsthass in seinen Augen aufblitzen sah.
»Wir sollten uns dringend unterhalten«, wechselte er abrupt das Thema und ließ einen ernsteren Ausdruck über sein Gesicht huschen. Ich schnaubte und wandte mich von ihm ab. Weshalb ich mich überhaupt mit ihm unterhalten hatte, wusste ich selbst nicht einmal.
»Ich wüsste nicht, was wir uns noch zu sagen haben!«, schnauzte ich ihn über die Schulter hinweg an und verengte die Augen zu Schlitzen.

Dann beeilte ich mich von ihm fort zu kommen, wobei ich mehr als ungelenk voran stolperte. Der Schwindel war wieder da, was vermutlich an meiner Aufregung und dem Zorn lag, der sich gegen Adrian richtete. Ich schwankte und blieb kurzzeitig stehen. Verdammt! Nicht jetzt. Ich wollte vor ihm doch keine Schwäche zeigen. Nie mehr.

»Warte bitte. Ich will es dir erklären«, versuchte der braunhaarige Mann, mich von meiner Flucht abzuhalten, doch ich ging ungeachtet des Schwindels einfach weiter.
»Claire ich-«
»Spar dir deine Lügen!«, zischte ich ihn an und trat an die eiskalte Luft, wobei ich unwillkürlich zusammenzuckte. Hatte mir die heutige Witterung vorhin noch gut getan, so bezweckte sie nun das glatte Gegenteil.

Die Kälte fuhr mir sofort in die Knochen, wo sie sich hartnäckig festsetzte und mich am ganzen Leib zittern ließ. Meine ohnehin schon wackeligen Beine wurden noch weicher, während sich vor meine Augen ein feiner Nebelschleier legte, sodass ich alles verschwommen wahr nahm. Ich musste mich an der Fassade der Uni abstützen, damit ich nicht plötzlich den Boden unter den Füßen verlor, so heftig schwankte ich. Was war heute nur mit mir los? Woher kam das nur? Hatte ich mir etwas eingefangen oder konnte ich das noch am Wetter fest machen?

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