»Mr. Silver?«, hakte Professorin Cramer nach einiger Zeit verwirrt nach, nachdem Adrian ihrer vorherigen Aufforderung nicht nachgekommen war und weiterhin stumm blieb. Er starrte noch immer mich an, wobei es mir ebenfalls nicht gelang den Blick von ihm abzuwenden. Mein Herz schlug wie verrückt gegen meinen Brustkorb und ich konnte das Blut in meinen Ohren rauschen hören.
»Ist alles in Ordnung bei dir?« Es war Lees klare Stimme, die mich aus meiner Starre riss, sodass ich endlich etwas anderes fokussieren konnte. Ich sah in seine dunklen Augen und nickte eher instinktiv, als das es der Wahrheit entsprach.
»Alles gut«, setzte ich deshalb knapp hinterher und sah förmlich den Zweifel in seinem Blick stehen. Dennoch beließ er es dabei und nickte lediglich. Julian neben mir starrte wie gebannt nach vorn.
Meine Augen glitten erneut zur Bühne, wo hunderte Studenten gespannt auf Adrians Worte warteten. Der braunhaarige Mann hatte erneut ein kühles Lächeln aufgesetzt und schien um einiges gefasster. Er sah mich nicht länger an.»Danke, Professorin Cramer. Ich freue mich ebenfalls sehr, heute bei Ihnen sein zu dürfen und Ihnen in den kommenden Tagen einen kurzen Einblick in das, manchmal nicht so einfache Autorenleben ermöglichen zu können«, begann er seinen Vortrag mit publikumsgewohnter Stimme und ließ seinen Blick durch die Menge schweifen. Mir entging dabei nicht, dass er mich extra aus ließ. Generell wirkte er seltsam angespannt.
»Viele von Ihnen werden in wenigen Wochen Ihren Abschluss machen und in die große weite Welt aufbrechen. Vermutlich wissen viele unter Ihnen bereits, was Sie in ihrer Zukunft alles erreichen möchten und wie Sie es verwirklichen können. Andere unter Ihnen sind wiederum noch immer unentschlossen und werden von den schier unendlichen Möglichkeiten überfordert.«Er machte eine bedeutungsschwere Pause, in der aufgeregtes Geflüster unter den Studenten aufbrandete.
»Weißt du schon, was du machst?«, hörte ich eine Frau hinter mir aufgeregt, ihre Freundin fragen. Diese kicherte.
»Ja. Aber ich würde mich von ihm nur zu gern umstimmen lassen«, gab sie keck zu verstehen, was die andere verträumt seufzen ließ. »Oh ja, Silver würde mich bestimmt zum Umdenken bewegen können. Und um den Verstand würde er mich auch bringen.« Die Zweideutigkeit ihrer Worte ließ mich die Augen zu Schlitzen verengen.
»Glaubst du er ist schon vergeben? Man sieht nie jemanden an seiner Seite«, hakte die andere weiter nach, was mich unweigerlich lächeln ließ.
Nicht vor Freude, sondern vor Bosheit.»Ist doch egal. Hauptsache er hat nichts gegen einen One Night Stand mit mir einzuwenden. Ich glaube, er ist richtig gut in dem, was er tut«, schnurrte sie ihre nächsten Worte nur so, wobei ich sie schon sabbernd vor mir sah.
»Oh, das glaube ich auch. Er ist bestimmt richtig gut bestückt.« Die andere seufzte ebenfalls verzückt und ich verlor langsam die Beherrschung. Noch bevor ich mich zügeln konnte, hatte ich mich zu den beiden Hühnern herumgedreht, die mich erschrocken musterten.
»Pst, nicht weitersagen. Aber ich habe gehört, dass er mehr auf ältere Frauen steht. Mutterkomplex oder so ähnlich«, flüsterte ich todernst und sah innerlich grinsend dabei zu, wie ihnen die Gesichtszüge entgleisten.»Meinst du wirklich?«, flüsterte die Rothaarige schockiert und sah hinter mir zu Adrian. Ich nickte und senkte verschwörerisch meine Stimme.
»Findest du nicht auch, dass er Mrs. Cramer eine Sekunde zu lang angelächelt hat? Und auch jetzt schaut er immer wieder zu ihr herüber«, behauptete ich weiter und veranstaltete innerlich Jubelschreie, als mir die Freundin der Rothaarigen zustimmte.
»Du hast recht. Er sieht sie immer wieder an.«
»Perversling«, meinte die andere entrüstet, was ich ernst abnickte. Dann drehte ich mich grinsend wieder herum ...... und starrte direkt in Lees ungläubiges Gesicht.
»Was sollte das denn eben?«, zischte er mich an und schien nicht an Adrians Vortrag interessiert zu sein. Der war mittlerweile dazu übergegangen, die kommenden Tage näher zu beleuchten. Ich machte mir nicht einmal die Mühe ihm zu folgen, da ich sowieso nicht vorhatte, mich von ihm beraten zu lassen. Lieber würde ich eine Einzelstunde mit dem liebenswürdigen Professor Chain absitzen. Und das war schon Folter pur!
»Was denn?«, flüsterte ich unschuldig zurück und beförderte nicht vorhandene Fussel von meiner Jeans.
»Stell dich nicht dumm.«
»Ich und dumm? Niemals!«
»Hör auf abzulenken!«
»Hör auf abzulenken«, wiederholte ich seine Worte in einem Singsang, um sie ins Lächerliche zu ziehen. Er zog eine Braue nach oben.
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Feel My Love
Romance»Ich wünschte, ich könnte das alles rückgängig machen.« »Wirklich?« »Nein, das wäre die größte Lüge meines Lebens.« Jeder von uns trägt eine geheimnisvolle Maske, die die wahren Gefühle und Absichten sorgfältig zu verstecken versucht. Das musste auc...