14. Kapitel

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Hicks

„Lange nicht gesehen?" Die Frau, die laut Viggo Lana heißt, schäumt vor Wut. „Das ist alles, was du dazu zu sagen hast?" Sie hat die Hände in die Hüften gestemmt und ihre Augen sprühen förmlich funken. Sie ist ein wenig wie Mala, nur um einiges emotionaler. Mir wird bewusst, dass sie eine Drachenreiterin sein muss. Vielleicht sogar von diesem ominösen Programm. „Nein", Viggo hat lange für seine Antwort gebraucht. Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass sie aus nur einem Wort besteht. „Nein?" Fragt die Frau und scheint ehrlich überrascht zu sein. Ihr Blick wandert zwischen Viggo, Ohnezahn und mir hin und her. Mein schuppiger Freund hat den Kopf gehoben. Die Frau wird von ihm mit einem intensiven Blick bedacht, der wohl aussagen soll, dass wir keine Feinde sind. „Nein, es gibt so viel zu sagen. Aber weil du mir sowieso nicht zuhören wirst wird es wohl dabei bleiben." Viggo klingt resigniert und sieht nun um einiges älter aus. Ihn scheint der Anblick der Drachenreiter mehr anzustrengen als uns. Vielleicht liegt es daran, dass er sie kennt. Jetzt ist auch sie still, anscheinend weiß sie keine Erwiderung darauf. „Vielleicht sollten wir uns erstmal vorstellen..." Versuche ich das Schweigen zu brechen. Der Schuss geht nach hinten los. Lana wirft mir einen giftigen Blick zu. „Ich rede nicht mit Drachenjägern!" Erklärt sie stolz, was meine wunderbare Verlobte dazu bringt aufzustehen. „Niemand hat gesagt, dass wir Drachenjäger sind." Stellt sie klar was die Frau dazu bringt verächtlich zu schnauben. „Also bitte, ganz dumm bin auch ich nicht." Erklärt sie. „Niemand wollte dich für dumm verkaufen. Es ist nur so, dass wir keine Drachenjäger sind." Mit diesen Worten versuche ich die Situation etwas zu entspannen. Es gelingt mir nur mäßig. Aber ich kann weitersprechen: „Wir waren bereits Drachenreiter, als wir das erste Mal mit den Drachenjägern im Berührung gekommen sind." Viggo lacht ironisch auf. „Seit wie vielen Stunden?" Fragt er, was ein großes Fragezeichen in Lanas Gesicht zaubert. „Wie seit wie vielen Stunden?" Fragt sie und dann passiert etwas unglaubliches. Rotzbacke beginnt zu lachen. „Das lief wohl schief Hicks." Lacht er und aufgrund dieser Tatsache kann ich ihm nicht mal böse sein. Rotzbacke hat seit der Schlacht kein einziges Mal gelacht. Es tut gut zu wissen, dass irgendwo noch der Rotzbacke ist, denn wir alle kennen. Nach und nach fallen wir alle in das Lachen ein, bis alle anderen anwesenden Wikinger zu uns schauen und sich wohl fragen, was denn so lustig ist. Lana schaut uns einfach nur noch fassungslos an. „Entschuldige, aber das musste sein. Im Gegensatz zu anderen Dingen." Ich schaue Rotzbacke mahnend an. Er ignoriert es, wie er es immer ignoriert hat. „Muss ich das verstehen?" Fragt Lana leicht pickiert. „Nein, das muss niemand." Auch diesen Amüsierten Tonfall von Viggo kenne ich zur Genüge. Ich weiß, dass es die Richtige Entscheidung war Berk noch einmal zu verlassen. Dann fällt mir etwas anderes ein. Kurz flackert ein Bild vor meinem inneren Auge auf. Lydia, wie sie vollkommen erstarrt in ihrem Zimmer bei uns steht. Der Brief, den ich in der Hand halte. Die Unterschrift, die ich ihr Vorlese. Deine Lana. „Du hast Lydia vor über drei Monaten einen Brief geschrieben, in dem stand, dass Viggo auf dem Weg ist." Ich ignoriere die verwunderten Blicke aller anderen Anwesenden und konzentriere mich ganz auf Lana. Selbst Viggo scheint überrascht und doch ist das nichts im Gegensatz zu dem, was sich auf dem Gesicht der jungen Frau abspielt. „Woher...?" Stammelt sie und ihre Augen sind fast so groß wie die Teller hier. „Der Brief ist mir quasi vor die Füße gefallen." Erkläre ich der versammelten runde. „Das war vor der Sache mit dem Aal." Zumindest über das Gesicht von Astrid und Fischbein zuckt Erkenntnis. Die Zwillinge sind undurchschaubar und Rotzbacke lächelt wie blöd. Viggo und Lana jedoch verstehen immer noch nicht mehr. Das liegt vielleicht daran, dass sie nicht dabei waren. „Dann seid ihr Freunde von ihr?" Fragt die junge Drachenreiterin in diesem Moment zögerlich. Ihr Blick liegt dabei auf Viggo und den Hass auf ihn kann man in ihrer Körperhaltung nach wie vor klar sehen. „Ich denke schon." Ist Astrids zögerliche Antwort darauf. Sie kam mit der rothaarigen Wikingerin am Besten aus. Das ist wohl jedem von uns klar. „Und wo ist sie dann?" Ein Argwöhnischer Blick unterstreicht die Frage von Lana. Die Drachenreiterin ist echt ein offenes Buch. Ihr steht ziemlich deutlich ins Gesicht geschrieben, was sie gerade denkt. Das passt dazu, wie schnell sich ihre Gefühle ändern können, womit sie wohl das genaue Gegenteil von Viggo wäre. Als immer noch niemand geantwortet hat bemerke ich die Blicke, die auf mir ruhen. Die von den Zwillingen sind leicht euphorisch, der von Rotzbacke ist auffordernd und der der anderen zwei Drachenreiter bittend. Nur Viggo schaut auf die Tischplatte er ist ziemlich blass geworden. Es bleibt an mir hängen auszusprechen, was unvermeidbar ist. „Sie ist nicht mehr am Leben." Ein Satz und doch verändert er die Stimmung im ganzen Raum. Es ist als würden die restlichen Gäste erahnen, was hier gesprochen wird. „Wie?" Fragt Lana, ihr Blick ist trotzig. Mir wird klar, das sie jünger als wir oder Lydia sein muss. Die rothaarige Drachenreiterin war wohl ein Vorbild für sie, eine Heldin. „Sie ist tot" „gestorben" „hat ihren letzten Atemzug getan." Ein giftig er Blick von Astrid und Raffnuss verstummt. Ein weiterer und auch ihr Bruder ist still. Es ist ein makabrer Scherz, aber ich glaube die beiden Chaoten verarbeiten die Schlacht dadurch. „Wie, wie ist das möglich?" Fragt Lana, die inzwischen kalkweiß ist. Ich wusste nicht, dass die menschliche Haut einen solchen Ton haben kann. „Vielleicht solltest du dich setzen." Viggos Stimme klingt ungewohnt besorgt. Mit etwas Fantasie könnte man glauben sogar etwas liebevolles herauszuhören. Lana bleibt stehen. In ihrem Blick liegt Trotz und Bestürzung. Die Frau ist ein Rätsel, auch wenn sie so klar zu lesen ist. „Es wäre wahrscheinlich besser." Stimme ich ihm trotzdem zu. Astrid ist praktischer veranlagt. Sie steht auf und drückt die Drachenreiterin kurzer Hand auf einen Stuhl. Selbst Ohnezahn schaut dabei mit großen traurigen Augen zu.

Fünf Jahre - Was davon bleibtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt