۞ 19. кαρiτєℓ - ωαs ƒrєυท∂scнαƒτ isτ

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"Du."

Eine knochige Frau bewegte sich in Evelyns Sichtfeld und hielt ihre Hand weiter auf ihre Schulter gedrückt.

"Bist du nicht dieses kleine Mädchen, das dauert mit diesem Jungen herumrennt?" Die Frau zeigte mit einem schlanken Finger auf sie.

"Ähm", Evelyn blinzelte einen Moment verwirrt, "Das ist sehr unpräzise."

"Ja, ja, dass ist es", die Frau ließ sie abrupt los und seufzte sehr laut, "Dieser ungezogene Bengel ist schon wieder abgehauen."

Evelyn betrachtete die Frau. Sie war etwas älter, besaß sowohl kantige als auch weiche Gesichtszüge und wies einige Falten in Gesicht und Händen auf. Auf dem Kopf trug sie ein Tuch, auf dem Arm einen Korb mit buntem Obst. Das markanteste an ihr war jedoch unübersehbar ihr Haar. Es war ein wunderschönes Grau, so hell, dass es vorher nur helles Blond gewesen sein konnte.

"Sind Sie seine Verwandte?", fragte Evelyn aus Vorsichtsgründen, um sie mit dem Begriff 'Oma' nicht zu beleidigen, falls sie einfach nur älter aussah, als sie es war.

Die Dame lachte nur. "Als seine Oma muss man sich wirklich nur mit ihm herumschlagen. Gefühlt hat das ganze Dorf etwas gegen ihn." Sie seufzte erneut.

"Also ich habe nichts gegen ihn", meinte Evelyn ruhig und sah sie an.

"Das finde ich sehr nett von dir", meinte sie und lächelte warm, "Doch sag mal. Ist er dir heute zufällig über den Weg gelaufen?"

"Mir? Ich dachte, er würde von nun an von Zuhause unterrichtet und sei noch damit beschäftigt."

"Das heißt wohl nein", meinte die Frau und runzelte die Stirn, "Seit heute Mittag verspätet er sich ganz schön. Er wollte doch eigentlich nur zwei frische Brötchen kaufen."

"Er wird schon wieder auftauchen", versicherte ihr Evelyn mit ruhigem Tonfall.

"Das hoffe ich", meinte sie, "Dir noch einen schönen Tag." Mit diesen Worten kehrte sie Evelyn den Rücken zu und ging ihren Weg. Evelyn hatte noch etwas erwidern wollen, das dachte sie zumindest, jedoch rief sie ihr nichts mehr hinterher.

So machte sie sich auf den Weg nach Hause. Dort angekommen, begrüßte sie ihren Vater und nahm an einem kleinen Tischlein Platz. Auf diesem stand ein perfekt geordnetes und fertiges Schachbrett, sodass sie kurz darauf eine Runde Schach mit ihm spielte. Gerade goß er ihr eine Tasse Tee nach, als er erstaunt auf das Spielbrett schaute und die Stirn runzelte.

"Evelyn, bist du heute etwas aus der Fassung?", meinte Evelyns Vater und schob seine Brille auf seiner Nase gerade.

Das Mädchen schüttelte den Kopf.

"Nun gut, dann kommt mein Springer und schlägt deinen Turm. Armes Ding, jetzt dienst du unter meiner Herrschaft."

Evelyn kicherte und setzte eine weitere Figur nach vorn, die nun dem Tode geweiht war.

"Evelyn", meinte ihr Vater und schüttelte den Kopf, "Du opferst einen deiner Soldaten nach dem anderen. Das ist nicht das erste Mal heute."

Das kleine Mädchen blieb weiter still und hockte auf ihrem Stuhl.

Den ganzen Nachmittag opferte Evelyn weiter ihre Figuren. Als nur noch wenige übrig waren, lehnte sich ihr Vater langsam zurück und seuftzte. Er bot ihr an, mit dem Spiel aufzuhören, doch Evelyn lehnte diesen Vorschlag ab.

Denn nun holte sie zum Gegenschlag aus. Einige Figuren hatte sie wahllos sterben lassen, das stimmte, doch einige andere hatte sie genau dort platziert, wo sie sie gern hätte. Mit einem Turm radierte sie eine komplette Reihe von drei Figuren aus, ihr Vater hatte gerade einmal zwei von fünf retten können.

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