Noch etwas verstört von den Ereignissen am frühen Morgen war Evelyn zum Marktplatz gegangen, hatte dort allerdings niemanden mehr angetroffen. Als sie Pixie nach dessen Grund fragte, sagte sie, dass die Lynchung ohne sie und Mary schon abgehalten worden war.
"Der Beobachter sagte, dass ihr heute nicht unabdingbare Spieler wärt. Und da Verletzungen allgemein im Spiel stören, aber ab und zu doch vorkommen, sollte Mary gute Pflege genießen, um schnell wieder voll einsatzfähig zu sein", meinte Pixie, "Und er erwähnte, dass du dafür genau richtig wärst."
"Dass ich was?", fragte Evelyn und hob eine Augenbraue.
"Na dass du es gut kannst", wiederholte Pixie, "Wer weiß, was er damit gemeint hat." Sie kicherte leicht. Sie war erleichtert.
Doch das war das erste Mal, dass Evelyn über das stutzig wurde, was der Beobachter sagte. Sie hatte es nicht kritisiert, sondern wusste ganz einfach nicht, was sie mit dieser Information anfangen sollte. Ihr Vater hatte ihr beigebracht, immer alle Informationen zu sammeln, so unbedeutend sie im ersten Moment auch wirken mochten. Doch sowas ...
Nachdem sie den Kopf geschüttelt hatte, fragte sie Pixie nach den Toten. "Wie du ja weißt, wurden sogar zwei Personen gelyncht. Möchtest du die gute oder die schlechte Nachricht zuerst?"
Evelyn wollte sie gern gleichzeitig erhalten, jedoch entschied sie sich letztendlich für die gute zuerst.
"Hunter war Werwolf. Das hätte ich nun wirklich nicht vermutet. Er war so aktiv in den Anklagen, weißt du. Ich dachte immer, die Wölfe halten sich eher bedeckt."
"Das wird leider alles nur Taktik sein. Auch sie dürfen nicht auffallen und das lässt sich natürlich auch durch aktives Einbringen bewirkt", meinte sie und nickte, "Und die schlechte?"
"Rosie war jemand vom Dorf. Unserer Seite. Sie war Unruhestifterin."
"Oh", sagte Evelyn in bedecktem Tonfall, "sie hat für ihren eigenen Tod gesorgt."
Pixie nickte bekräftigend, stellte Evelyn eine heiße Tasse Tee vor die Nase und nahm ihr gegenüber ebenfalls am Küchentisch Platz. "Evy, ich glaube dir übrigens."
Das kam unerwartet. Evelyn wandte ihren Blick stumm zu ihrer Teetasse. Die warme Flüssigkeit ließ einen kleinen Dunst über der Tasse aufsteigen. Ähnlich des Nebels, den man von den nächtlichen Dächern über dem Düsterwald schweben sah.
"Danke", meinte sie und blickte lächelnd auf, "Ich glaube auch von dir, dass du zum Dorf gehörst."
"Du, sag mal", meinte Pixie überlegend, "Der Beobachter sagte doch etwas von Rollenverrat. Doch ein Tipp würde nicht dagegen sprechen, oder?"
"Da hast du natürlich Recht", meinte Evelyn, "Jedoch würde ich es nicht darauf anlegen." Sie würde ihre Rolle nicht verraten wollen. Wenn sie tatsächlich erwähnt hätte, Dorfbewohner zu sein, hätte das zu stark nach eine Lüge ausgesehen. Das konnte sie unmöglich eingehen.
"Aber Evy", meinte Pixie lächelnd, kam um den Tisch und nahm ihre Hände in ihre, "Ich möchte dir voll und ganz vertrauen."
"Ich glaube nicht, dass das in diesem Spiel möglich sein wird", sagte Evelyn nun ernster. Ihre Augen verloren in diesem Moment ihren Glanz und wurden leeren, trübsinniger. "Aber ich kann dir anvertrauen, zum Dorf zu gehören. Das ist sicher und eigentlich weißt du es selbst schon."
Pixie wirkte mit dieser Antwort nicht wirklich zufrieden, nickte jedoch und setzte sich wieder.
Dafür stand Evelyn nun auf, umarmte Pixie etwas länger, als sie es sonst getan hätte und verabschiedete sich bis zu den Anklagen. Weit musste sie nicht laufen, da Pixie im benachbarten Haus wohnte. Jedoch verließ sie ihr Haus durch die Hintertür und durchquerte den gemeinsamen Innenhof. Sie blickte zu ihrem Baumhaus hinauf, stieg allerdings nicht in die Baumkrone zu diesem hoch. Heute würde sie etwas anderes tun. Kochen vielleicht. Einfach um die Gedanken etwas schweifen zu lassen.
DU LIEST GERADE
Werewolf Game ✔
FantasiDas Leben des Dorfes nahe des Düsterwaldes ist unspektakulär und eintönig. Als jedoch eines Tages eine geheimnisvolle Stimme das Dorf zu einem Spielbrett erklärt, ändert sich dies schlagartig. Aus Menschen werden Spieler und aus Freunden werden Fein...