Kapitel 23

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Ziya ließ die Arme neben seinem Körper schwingen und biss sich auf der Lippe herum, während er mit Yanil durch ein kleines Waldgebiet im Garten des Sonnenreiches schlenderte. Er hatte es sich leichter vorgestellt, mit Yanil zu reden, aber jetzt wusste er nicht, wie er beginnen sollte.

Und so starrte er in der Weltgeschichte herum, bis er nach vorn blickte und sich dort, nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt, ein dunkler Baumstamm befand. Er konnte nicht mehr anhalten, hatte gerade noch genug Zeit, sich mental auf den Zusammenstoß vorzubereiten, und kniff seine Augen aus Reflex zu, als-

Nun ja. Als da nichts war. Langsam öffnete er ein Auge und sah dass er inmitten einer Wolke aus violetten Funken stand, die nach oben stiegen und in der Luft verpufften.

Das Gesicht vor Verwirrung verzogen und mit stockenden Bewegungen wendete er sich Yanil zu, der mit verschränkten Armen neben ihm stand und das Spektakel unbeeindruckt beobachtete.

»Ich dachte«, begann Yanil mit listigem Funkeln in den Augen, »ich tue dir einen Gefallen und hole dich mit einer kleinen Illusion aus der Traumwelt, Ziya. Du wolltest doch mit mir reden, wenn ich mich rechte entsinne, und jetzt tust du es nicht?«

Ziya bewegte sich nicht, sondern hatte weiterhin seine großen Augen auf Yanil gerichtet.

»War das vielleicht etwas zu viel?«, lachte Yanil hinter vorgehaltener Hand. »Tut mir leid, du bist wirklich sehr schreckhaft.«

»Oh, äh, keine Sorge, alles in Ordnung.«

Yanils Gesichtsausdruck blieb der gleiche, aber der Ton in seiner Stimme wurde ernster, als er seine Hand auf Ziyas Schulter legte und sagte: »Was beschäftigt dich? Wenn du mit mir reden willst, dann tu es jetzt. Ich kann nicht ewig hier bleiben.«

Plötzlich fühlte Ziya sich schlecht dafür, so viel von Yanils Zeit gestohlen zu haben, indem er so lang gezögert und überlegt hatte. Also fasste er sich ein Herz und begann vorsichtig: »Also ... Yanil, du hast ja Macht über die Illusion. Und du weißt bestimmt, dass ... dass Lüge und Täuschung einen, ähm, eher negativen Klang haben, rein subjektiv betrachtet. Meistens bringen sie doch nur Unglück und Trauer.«

Yanil nickte und Ziya war erleichert, als er nicht so aussah, als würde er sich von Ziyas Worten angegriffen fühlen.

»Und ich dachte mir, wenn es den Sterblichen theoretisch nichts bringt, wäre es nicht besser, wenn es Lügen gar nicht erst geben würde?«

»Eine berechtigte Frage«, stimmte Yanil zu, aber er wirkte etwas irritiert.

»Wenn du weißt, dass das, was du beherrschst, keinen wirklich großen Wert hat, was denkst du darüber, wie gehst du damit um?«

Yanil antwortete nicht gleich. Er sah Ziya mit leicht geöffnetem Mund an, der sich dann in ein sanftmütiges Lächeln wandelte und ein Hauch von Offenbarung spiegelte sich in seinen Augen. »Du fragst wegen Tai«, meinte er, als gäbe es nichts Offensichtlicheres.

»Was- Wie...?« Ziya konnte nicht begreifen, woher Yanil das wusste, es war unerklärlich für ihn.

»Ich habe dich doch vorhin daran erinnert«, half Yanil ihm auf die Sprünge. »Ich merke es, wenn Personen lügen, etwas vortäuschen oder verstecken. Nachdem ich Tai das erste Mal gesehen hatte, wusste ich schon, welche Geheimnisse er nur für sich behielt. Von einem wünschte ich allerdings, ich hätte es nie erfahren.«

Das machte Ziya stutzig. Yanil war dafür bekannt, keine Schuld oder Bereuen darüber zu empfinden, dass er über die persönlichsten Geheimnisse jeder Person Bescheid wusste, sobald jemand auch nur die kleinste Lüge darüber erzählt hatte. Er prahlte regelrecht damit und nutzte es zu seinem Vorteil, wann immer er konnte.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 16, 2019 ⏰

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