12. Kapitel

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Die Ohnmacht, die Dunkelheit ist warm und heißt mich mit offenen Armen willkommen. Ich schwebe im Nichts. Ich bin schwerelos, ohne jegliche Schmerzen. Dabei habe ich das Gefühl, dass ich aufgrund des Schmerzes nicht einmal die Fähigkeit besitzen sollte, mich bewegen zu können. Dennoch habe ich sie und fliege in mir unbekannten, dunklen Welten umher. Dieses eine Mal fühlt sich die Dunkelheit sicher an. Doch leider hält das Gefühl nicht sehr lange an, denn das Licht kommt immer näher.

Als ich wieder bei Bewusstsein bin, traue ich mich nicht meine Augen zu öffnen. Die Angst ist zu groß und die Bilder von den vergangenen Tagen in Gefangenschaft tanzen vor meinen Augen. Ich habe Angst, dass die ganze Sache jetzt weitergeht. Nein, vielleicht ist es wirklich besser wenn ich mich weiterhin schlafend stelle.
#Plötzlich nehme ich neben mir eine Bewegung war, die auch direkt neben mir zum stehen kommt. Die Person fährt kurz über meinen Arm und nimmt dann meine Hand. Kurz darauf dringt eine mir bekannte, tiefe Stimme an mein Ohr. Leider kann ich sie nicht genau einordnen. Das Einzige was ich sagen kann, ist dass die Stimme einem Jungen gehört, weil seine Stimmenfarbe so dunkel ist.
«Wie geht es ihr? Schon besser?» «Ihr Zustand ist stabil, allerdings unverändert seit dem wir die Beatmungsmaschine angeschlossen haben. Doch da ist etwas, was ich nicht ganz verstehe», meint eine höhere Stimme. «Was?», fragt der Junge fordernd. Die Frau - (oder ist es ein Mädchen?) - zögert. Ich kann nicht genau einordnen wie alt sie ist, da ihre Stimme erwachsen, aber auch gleichzeitig so unschuldig, klingt.
«Naja... Sie hätte schon längst aufwachen müssen. Es scheint so, als wolle sie das überhaupt nicht. Und wenn das so sein sollte, haben wir bald noch ein Problem-» «Wir sind gut versteckt. So leicht wird uns niemand finden. Außerdem haben wir doch diese Luke, wo wir uns verstecken können», unterbricht der Junge sie verzweifelt. «Das meine ich nicht», erwidert sie. «Was dann?», seine Stimme klingt noch verzweifelter. «Dann können wir wahrscheinlich nichts mehr für sie tun. Ich bin keine Ärztin, weswegen ich nicht weiß wie tief ihre Ohnmacht ist und ob es schon ins Koma geht. Ich weiß nicht, ob ihr Gehirn durch zu wenig Sauerstoff schaden genommen hat. Und zu einem Arzt können wir nicht gehen, ohne in die fremden Soldaten zu laufen. Sie muss also von alleine aufwachen!»

Das Mädchen wendet sich ab und verlässt, dem Geräusch nach zu urteilen, den Raum. Der Junge lässt sich auf einen Stuhl neben mir fallen und stöhnt auf. Sein Atem geht ungleichmäßig. Ruckartig steht er wieder auf und scheint etwas in die Hand zu nehmen. Nach einigen Sekunden Pause sind ein lautes klirren und gleich darauf ein lauter Schlag zu hören. Getrampel von draußen dringt durch die Tür und wenig später wird diese aufgerissen. Mehrere Leute, wie viel genau kann ich nicht sagen, haben das Zimmer betreten. «Tobias? Warst du das?», fragt jemand mit schriller Stimme. Wahrscheinlich ein Mädchen. Die anderen ziehen bloß laut die Luft ein. «Tobias warum?» »Das geht euch nichts an», sagt der Junge barsch.

Tobias... der Name kommt mir bekannt vor. Doch warum? Anscheinend funktioniert mein Gehirn noch nicht so richtig. Die Puzzleteile wollen sich noch nicht ganz zusammenfügen.

Der Junge schweigt wieder. «Du blutest!», stellt das Mädchen, die die schrille Stimme hatte, trocken fest. Keine Reaktion. In der Zeit versuche ich die Bilder in meinem Kopf zu ordnen. Langsam finden sich die Puzzleteile und ein Bild entsteht.
Tobias, der Junge mit dem ich einen Treffpunkt ausgemacht hatte, als die Soldaten mich gefunden haben. Der Junge, mit dem ich über die verschiedensten Pläne gebrütet habe. Wieso ist er hier? Auch die Stimme des Mädchens kommt mir super bekannt vor. Sollte sie auch. Schließlich hat sie mich immer wieder geneckt und zur Weißglut gebracht. Marya. Wo bin ich?
Um mir zunächst einen Überblick über die Situation zu verschaffen setze ich Lov ein. Zwar kann ich mich nicht genug konzentrieren, um die Personen genau zu erfassen. Aber es reicht, um ihre Gedanken zu hören. Als erstes prasseln viele Gedanken auf einmal auf mich ein, von den sechs Personen, die in diesem Zimmer stehen. Doch nachdem ich mich kurz daran gewöhnt habe, kann ich sie nacheinander hören. Es stehen nur drei Mädchen in dem Raum, aber alle, auch die Jungen, haben Sorge in ihren Gedanken. Nicht um die Situation, sondern um eine Person. Meistens um Tobias oder um mich. Die erschreckendsten Gedanken jedoch sind von Tobias. Sie sind so dunkel und verzweifelt. Es scheint als wäre er hilflos und in der Schwebe über dem Abgrund. Der einzige Faden der ihn bis jetzt hält, ist die Hoffnung das ich aufwachen werde. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so einen großen Einfluss auf ihn habe.

Das Mädchen mit den EngelsflügelnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt