23. Kapitel Teil 1

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P.o.V. Tobias

Als wir die riesige, unterirdische Höhle erreichen, kann ich aufatmen. Die Anderen sind schon da, was aber kein Wunder ist, da sie früher losgegangen waren.
Als ich die Höhle betrete, kommt Mark sofort auf mich zu und nimmt mir die schlafende Fiona aus dem Arm. Sie ist auf dem Weg hierher eingeschlafen und ich kann es nicht über mich bringen, sie zu wecken. Zum ersten Mal, seit langer Zeit, wirkt sie richtig friedlich und entspannt.
Schnell breite ich unseren Schlafplatz aus, damit Mark Fiona darauf legen und sie weiterschlafen kann. Dann nehme ich ihr mein Handy aus der Hand, was sie immer noch fest umklammert hält, und schalte die Taschenlampe aus. Eigentlich hätte ich gar keine Lampe gebraucht, da ich den Weg auch mit verschlossenen Augen hätte laufen können, aber mit ihr auf dem Arm, hatte ich dann doch Angst zu stolpern.

Mark zieht mich mit sich, weiter zu unseren Freunden, wo ich mich gedankenverloren hinsetze. Ich kann immer noch nicht glauben, dass Fiona mich beschützt hat. Nur dank ihr, wurde ich nicht von einem schweren Deckenstück getroffen und schwer verletzt. Sie hat die Schmerzen auf sich genommen, wie schon oft.
Das Bild eines Engels blitzt kurz vor meinem inneren Auge auf. Es ist dasselbe Bild, was ich auch vor mir gesehen habe, als Fiona meine Fäden gezogen hat und wenn ich, in bestimmten Momenten, meine Großmutter gesehen habe. Ohne es wirklich zu bemerken, schweift mein Blick zur schlafenden Fiona, die ich dann einen Augenblick zu lange anschaue. Erst als Mark mich anstupst, wache ich aus meiner Träumerei auf und wende mich dem Gespräch vor mir zu. Doch leider lenkt es mich nicht von meinen Gedanken ab, denn auch meine Freunde reden über Fiona. Diesmal geht es um ihre abweisende Art, mit der viele nicht klar kommen und sich deswegen von ihr fernhalten.
Ich halte mich jedoch weiterhin aus dem Gespräch raus, da ich meine, Fiona schon etwas besser zu kennen. Über diesen Gedanken muss ich etwas schmunzeln. Kennen... Eigentlich weiß ich gar nichts über sie.

«Nicht nur eigentlich, es ist so», meint plötzlich Mark leise zu mir. Ich blicke ihn verwirrt an, woraufhin er leise auflacht. «Du hast gerade deine Gedanken vor dich hingemurmelt», erklärt er und bedeutet mir zu folgen. Er führt mich an den Rand des Raumes, wo wir stehen bleiben und ich ihn erwartungsvoll anschaue.
«Hör zu: niemand hier kennt sie wirklich. Letztendlich sind wir aber alle wegen ihr auf der Flucht. Wegen ihr begeben wir uns in solche Gefahren. Die Frage ist doch: warum machen wir das? Viele wären schon lange gegangen, wenn du nicht hier wärst... Ich meine, niemand darf in ihrer Nähe sein, niemand außer dir. Deswegen gehen viele davon aus, dass zumindest du weißt, was sie denkt. Ich war mit dabei, als sie die Flucht vorgeschlagen hat. Damals fand ich diese Idee total durchgeknallt, aber heute... Die Soldaten lassen einfach nicht locker. Warum nicht? Warum ist es so wichtig, dass sie alle Mädchen finden? Würden die Mädchen wirklich nicht mehr auftauchen? ... Weißt du, ich höre Nachrichten und stehe mit meiner Mum in Kontakt. Ich weiß Sachen, die mich veranlassen Fiona Recht zu geben. Ich stehe auch mit auf eurer Seite. Nur warum wusste sie, dass so etwas passieren wird? Ich glaube wenn wir Antworten auf diese Fragen hätten, würden wir uns zu einem großen Teil besser fühlen.»
Nach diesem Vortrag lässt Mark mich einfach stehen. Allein mit meinen verwirrenden Gedanken.

Leider oder vielleicht auch zum Glück kann ich diesen Gedanken nicht lange hinterherhängen, da plötzlich jemand mit Schreien anfängt. All meine Sorgen werden auf die Person umgelenkt und ich halte nach dem Auslöser Ausschau. Als ich dann sehe wer da schreit, setzt mein Herz für einen Moment aus.
Das Schlimmste ist, dass zwar alle zuschauen, aber niemand etwas unternimmt. Es hängt also wieder an mir, sie zu beruhigen. Wie jede Nacht und jede Nacht, stirbt ein kleiner Teil von mir, weil ich ihr nie wirklich helfen kann.

Fiona wälzt sich auf dem Boden hin und her, eine Hand auf ihr Herz gepresst. Es folgt eine kurze Pause, bis sie zu neuem anfängt zu schreien. Diesmal ist es ein Satz: «Nein! Du darfst nicht sterben!» Es erschüttert mich bis ins Mark und ich sinke neben ihr zu Boden, traue mich aber nicht zu berühren. Ihre nur noch geschluchzten „Neins" hallen in meinem Inneren wieder. Wie kann ich ihr bloß helfen? Am liebsten würde ich ihr die Last, die sie am Boden hält nehmen, aber wenn sie mich nicht daran teilhaben lässt, funktioniert das nicht.
Plötzlich rührt sie sich überhaupt nicht mehr und kein Ton verlässt ihre weichen Lippen. Noch bevor ich überprüfen kann, was los ist, setzt der nächste Schrei ein. Es ist, als hätte ich mir die Ruhe nur eingebildet. Mir gefriert das Blut in den Adern. Schon viel zu lange saß ich tatenlos rum! Ich muss sie jetzt endlich beruhigen!
Deswegen sage ich: «Es ist alles gut! Beruhige dich! Du träumst doch nur!» Da sie sich mittlerweile hin und her wälzt oder besser gesagt schleudert, versuche ich sie am Arm festzuhalten. Doch wie sich herausstellt war das ein Fehler. Fiona wehrt sich immer mehr und versucht dann nach mir zu schlagen. Einer kommt so überraschend, dass ich nicht ausweichen kann und er mich volle Kanne am Gesicht trifft. Ihr Schlag ist gar nicht so ohne, weswegen mir ein Stöhnen entfährt.

Erst als ich meine Benommenheit abgeschüttelt habe, versuche ich es erneut: «Alles ist gut. Beruhige dich!» Kurz wird sie ruhiger und nur noch die Tränen laufen über ihr Gesicht, aber schnell wird es wieder schlimmer. Sie weint immer stärker und sie murmelt einen Wort oder einen Satz vor sich hin. Am Anfang kann ich gar nichts verstehen. Doch dann wird es lauter und auch verständlicher. Sie murmelt meinen Namen. Ich erstarre. Am Anfang weiß ich nicht, was ich machen soll, aber ich muss sie unbedingt wach bekommen!
Also versuche ich sie durch sanftes Rütteln zu wecken. Doch das Schluchzen hört einfach nicht auf, weswegen ich sie nun etwas stärker schüttle. Dann.... endlich!... macht sie ihre Augen auf. Ein riesiger Stein fällt mir vom Herzen und das Braun ihrer Augen hält mich gefangen.
Als ich bemerke, dass sie noch immer weint und zittert, helfe ich ihr erst beim Aufsetzen, um sie dann in meine Arme zu ziehen. Ich versuche sie zu beruhigen und murmle ihr etwas ins Ohr, aber nachdem ich die Sätze ausgesprochen habe, habe ich sie schon wieder vergessen. «Du bist vor meinen Augen gestorben! Wieso bist du hier?» Ihre Worte erschrecken mich. Aber habe ich das nicht schon erwartet? Deswegen bin ich schnell wieder ruhig und versuche sie weiter zu beruhigen. Irgendwie bringe ich sie sogar zum Lächeln. Sie weiß nicht was das für eine Wirkung auf Andere haben kann, und besonders auf mich, haben kann. Deswegen drücke ich sie noch fester an mich. Irgendwann hat sie sich ganz beruhigt, bleibt noch eine Weile in meinen Armen liegen, ehe sie mich wegdrückt.

Was dann passiert kommt mir vor wie in einem Film. Fiona steht auf und Marya kommt zu ihr, sagt irgendetwas. Nachdem Fiona sich kurz hastig umgeblickt hat, legt Marya noch eine weitere Schippe drauf. Daraufhin fängt Fiona erneut an zu zittern und wird total bleich. Sie versucht ihre Schmerzen zu verbergen, aber in meinen Augen gelingt es ihr nicht wirklich. Dann sinkt sie zu Boden und beugt sich nach vorne. Fängt leicht an zu schreien und das Zittern wird immer stärker. Plötzlich hört alles auf. Sie kippt nach vorne, den Kopf zur Seite geneigt und bleibt reglos liegen. Ihre Augen fallen wieder zu und es scheint als würde all ihre Energie aus ihr herausgesaugt werden.
Sofort stürze ich zu ihr und taste nach ihrem Puls. Allerdings kann ich keinen finden. Auch ihr Herzschlag ist nicht mehr zu spüren. Als er auch nicht mehr wiederkommt, verfalle ich in leichte Panik. Meine ganze Aufmerksamkeit ist nun auf Fiona gerichtet. In meinem Kopf hallt kommt wieder die Frage auf: Was würde sie jetzt an meiner Stelle tun? Das schlimme ist, ich finde keine Antwort darauf. Mit jeder Minute, die vergeht, ist es wahrscheinlicher dass ihr Herz nicht mehr anfängt zu schlagen. Damit wird mir klar, dass es jetzt zu spät ist. Zu spät... Ist sie jetzt wirklich tot? Den Gedanken, der diese Frage bejaht, möchte ich einfach nicht wahr haben. Ich werde immer verzweifelter. Das kann nicht wahr sein...

Mittlerweile sind mehrere Stunden vergangen und ihr Herzschlag ist immer noch nicht zurückgekehrt. Obwohl ich weiß, dass sie tot ist, will irgendein Teil meines Körpers das nicht glauben. Ich hocke immer noch neben ihr. Ihr... nicht neben ihrem Körper. Die Anderen haben sich um mich versammelt und gefragt was los ist. Als ich keine Antwort gegeben habe, ist Marya zu Fiona gegangen und hat ihren Puls gefühlt. Einen Puls, der nicht vorhanden ist. Nun hockt sie an meiner Seite, blickt selber auf den Körper von Fiona. In einem anderen Moment würde ich mich darüber wundern, da sie Fiona nicht leiden kann. Aber ich kann mich nur auf Fionas Augen und ihre weichen Gesichtskonturen konzentrieren. Es sieht aus, als würde sie nur schlafen. Vielleicht tut sie das auch und kann dabei zum ersten Mal wirklich ruhig schlafen.
Plötzlich fängt ihr Körper leicht an zu beben. Was passiert mit ihr?

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Hey Leute :)
Ich weiß, dass das ein mieser Cut ist, aber der zweite Teil ist schon fertig. Ich weiß jedoch nicht, ob ich ihn schon am Donnerstag oder erst nächste Woche Dienstag hochladen werde. Das kommt darauf an, ob ich es schaffe einen weiteren Teil fertig zu bekommen, da es die nächsten Wochen etwas stressiger wird.
Prüfungsphase beginnt :(

Annie :)

Das Mädchen mit den EngelsflügelnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt