Kapitel 12

35 7 4
                                    

Bryan wusste, dass sie auf dem Weg zurück ins Lager verfolgt wurden, doch er wusste nicht genau von wem. Er hoffte, dass Neyra und Atyria es auch bemerkt hatten. Sie kamen am Lager an und Atyria schaute ihn an. Du hast es auch bemerkt oder? Er nickte und setzte sich an das erloschene Lagerfeuer. "Also, wollt ihr noch irgendetwas machen?" fragte er in die Runde. Neyra schaute ihn an und antwortete: "Nicht wirklich. Bin so verdammt müde." Bryan bemerkte, wie Atyria näher an ihn rutschte. Sie legte ihren Kopf auf seine Schulter und sagte leise: "Ich denke es sind drei Leute. Sie schleichen um unser Lager herum. Irgendeinen Plan?" "Wir warten einfach und schauen, was unsere Verfolger vor haben." Er drehte seinen Kopf ein wenig und küsste sie. "Geht doch gleich in euer Zelt!" meinte Neyra lachend zu ihnen. Doch Bryan erwiderte nichts darauf, denn sein Fokus lag nun auf den drei Personen, die aus der Nacht in das Licht des Lagers traten. Er musterte sie und lachte. "Ernsthaft? Ihr verfolgt uns auch überall hin, oder?" Vor ihnen standen drei Soldaten aus Essary. Atyria stand als Erste auf und zog einen Dolch. "Was wollt ihr?" Bryan und Neyra standen ebenfalls auf und warteten auf eine Antwort der Soldaten. Vergebens. Schneller als Bryan reagieren konnte, schossen Schatten auf sie zu und umhüllten das Lager in Dunkelheit. Er hörte Neyra aufschreien, konnte sie aber nirgends sehen. "Neyra?!" Er konnte niemanden erkennen. Nicht einmal Atyria, die, wie er hoffte, noch immer neben ihm stand. Plötzlich bekam er einen heftigen Schlag in die Seite und taumelte zur Seite. Er konnte den Angreifer aber nicht erkennen. "Bryan? Wo bist du?" hörte er Atyria sagen. "Hier. Folge meiner Stimme!" Doch sie musste nicht einmal seiner Stimme folgen, denn das Amulett um ihren Hals leuchtete, genauso wie vor einer Woche im Kampf gegen Darren. Das Licht des Amuletts drängte die Dunkelheit hinfort und Bryan konnte endlich wieder Umrisse erkennen. Genau rechtzeitig. Vor ihm stand ein Soldat und wollte zuschlagen, doch Bryan war schneller und schlug dem Soldaten in den Bauch. Er ging zu Boden und stand nicht mehr auf. Er hielt nach den zwei Frauen Ausschau und sah sie, Rücken an Rücken stehend, am anderen Ende des Lagers. Atyria hatte ihre beiden Dolche in der Hand und Neyra ihren Bogen. Doch die Angreifer waren nirgends zu sehen. Auch der Soldat, der gerade eben noch auf dem Boden vor Bryan lag, war auf einmal verschwunden. Er rannte zu Neyra und Atyria. "Seid ihr in Ordnung?" "Ein paar Schläge in den Rücken, aber sonst geht's mir gut." meinte Neyra. "Mich haben sie irgendwie komplett in Ruhe gelassen. Als hätten sie Angst vor dem Licht gehabt. Das Amulett generell ist noch etwas, das wir unbedingt genauer untersuchen sollten." Bryan nickte. "Es ist doch ein Amulett von Lyara? Hat sie dir nichts dazu gesagt?" Atyria dachte nach. "Nein, sie hat mir nur die Aufgabe gegeben. Sonst nichts. Leute, ich glaub ich kann heute Nacht nicht mehr schlafen, habt ihr ein Problem damit, wenn wir weiter laufen?" "Ich bin auch dafür. Nach diesem komischen Angriff, kann ich ganz sicher kein Auge zudrücken." antwortete Neyra. Bryan stimmte ihr auch zu und fing an, ihr Lager ein weiteres Mal abzubauen.

Atyria half Bryan beim Abbauen und überlegte, wie das Amulett um ihren Hals wohl funktionierte. Doch sie kam auf keine gute Idee. Sie wusste nur, dass es sich zweimal aktiviert hatte, als sie von Schatten angegriffen wurde. Sie packte die letzten Gegenstände in ihren Rucksack und warf ihn sich um ihre Schulter. Er war leichter geworden, seitdem sie sich auf den Weg zum Moonside Lake machten. Neyra und Bryan warteten schon auf sie, als sie endlich mit allem fertig war und zu ihnen lief. "Können wir?" fragte Neyra. Die Anderen nickten und somit liefen sie in die Dunkelheit. Bryan hatte sich ein paar Fackeln gebastelt und eine davon angezündet. Diese trug er selbst, aber trotzdem gab er Neyra und Atyria auch jeweils eine, falls sie jemals getrennt werden würden. "Ich möchte nur auf Nummer sicher gehen." sagte er zu ihnen. Alle Drei liefen dicht aneinander und achteten auf alles, was sie hören oder sehen konnten. Atyria stolperte ein paar Mal, aber zu ihrem Glück, hielt Bryan sie immer sofort fest. Sie liefen die ganze Nacht durch und als die Sonne aufging, waren sie etwas südlich vom See an einem Fluss. Sie standen auf einer freien Fläche ohne Bäume, aber dafür mit sehr vielen verschieden und schönen Blumen. Es war einfach ein so wundervoller Anblick und hätten sie keinen anderen Plan gehabt, hätte sich Atyria einfach in die Wiese gelegt und geschlafen, denn sie war so verdammt müde. Doch nicht nur ihr ging es so, Bryan und Neyra waren auch am Ende ihrer Kräfte und konnten nicht mehr. Was hatten sie auch anderes erwartet, wenn sie die ganze Nacht durchlaufen ohne ein Auge zuzudrücken? Die Drei machten sich auf dem Weg zum Fluss, um ihre Feldflaschen nachzufüllen und eine kleine Pause zu machen. Am Ufer des Flusses angekommen, setzte sich Atyria an dieses, schloss die Augen und atmete einmal tief ein und aus. Sie öffnete ihre Augen wieder und schaute sich um. Die Gegend sah friedlich aus. Keine Anzeichen für Gefahr. Sie schaute in das Wasser und sie konnte sich darin spiegeln sehen und stellte fest, dass sie schrecklich aussah. Sie hatte dicke, schwarze Ringe unter den Augen und ihre Haare standen ab, als hätte sie ein Blitz getroffen. Sie trug ihre Haare zur Zeit wieder offen und machte sich nur selten einen Zopf, aber jetzt war wahrscheinlich ein guter Zeitpunkt für einen. Sie band also ihre Haare zu einem Zopf zusammen und betrachtete sich noch einmal im Wasser. Schon viel besser! Atyria schaute sich wieder in der Gegend um und genoss die Wärme der Sonne, die am Morgen noch sehr angenehm war. Plötzlich hörte sie Schritte hinter sich und Bryan und Neyra setzten sich neben sie. "Und? Noch nicht eingeschlafen?" fragte Neyra. "Ich schaffe es gerade so, wach zu bleiben." Atyria kicherte. Sie schaute ihre Freundin an und konnte in ihrem Gesicht auch die Müdigkeit erkennen. "Wie weit bis zu diesem Dorf ist es denn noch?" wollte Atyria wissen. Sie schaute nun zu Bryan, der die ganze Zeit in eine Richtung schaute, bevor er ihr antwortete: "Ich schätze vielleicht noch zwei Stunden, eine, wenn wir schnell laufen. Wir wissen aber dann immer noch nicht, ob wir von dort überhaupt auf die Insel kommen oder nicht." Atyria seufzte. "Hoffen wir es mal, wir können doch einmal Glück haben, oder?" Als Antwort bekam sie von den Beiden nur ein leichtes Nicken. "Leute, kann ich euch um was bitten?" "Klaro jeder Zeit, was ist denn Atyria?" sagte Neyra. "Wenn das alles hier vorbei ist und wir wieder Frieden haben und unsere Ruhe, würdet ihr mit mir das Grab von Collin besuchen gehen?" Neyra umarmte sie. "Aber klar doch! Wir wissen, wie viel er dir bedeutet hat." Atyria fing an zu lächeln. "Ihr seid die Besten, wisst ihr das?" Bryan und Neyra erwiderten gleichzeitig: "Ja!" Alle drei lachten. Sie blieben noch eine Weile zusammen am Ufer sitzen, bevor sie aufstanden und sich auf den Weg zu dem Dorf machten, von dem Bryan ihnen erzählt hatte. Auf dem Weg pflückte sie noch ein paar Blumen und schenkte sie Bryan, der sich darüber so sehr freute, dass er sie fast fallen ließ. "Pass doch auf. Ich werd' dir keinen neuen Strauß pflücken!" Atyria kicherte und schloss zu Neyra auf, die ein wenig vor ihnen lief.

Mhefran - Retterin des LichtsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt