Kapitel 18

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Der Weg war nicht ganz so anstrengend wie Atyria es zuvor dachte. Aber sie behielt trotzdem im Hinterkopf, dass sie noch das Gebirge, die natürliche Grenze von Cenwa, überqueren mussten. Die Stimmung in der Gruppe war noch immer angespannt. Die ganze Geschichte rund um Bryan war immer noch frisch und dies war sicherlich nicht hilfreich. Die letzten Wochen bestanden hauptsächlich daraus, Pläne zu schmieden und zu schauen, was sie alles machen würde, wenn sie einmal Königin wäre. Neyra tat ihr Bestes sie zu unterstützen, aber auch sie war eben keine Adelige und Max konnte dabei auch nicht sehr helfen. Alle vier hatten also so gut wie keine Ahnung, was wirklich in Ordwin auf sie zukommen würde. Atyria war so in ihren Gedanken verschollen, dass sie es gar nicht bemerkte, dass Bryan neben ihr her ritt. "Atyria?" Dies riss sie aus ihren Gedanken und sie seufzte. "Was ist los?" Sie drehte ihren Kopf zu Bryan. Er hatte sich seine Haare abgeschnitten und hatte jetzt anstatt seinem Zopf, nur noch Haare, die ihm zur Nase gingen. Dazu besaß er auch einen leichten Bart, der ihn, in Atyrias Augen, noch besser aussehen ließ. "Ich wollte dir eigentlich nur sagen, dass wir in etwa zwei Stunden am Gebirge ankommen werden. Wir sollten davor echt noch unsere Vorräte aufstocken, denn der Weg durch die Berge ist nicht etwas, dass man so eben mit Links macht. Es wird sehr anstrengend werden. Für uns alle." Auf jeden Fall sehr motivierend. "Alles klar. Dann rasten wir noch einmal und suchen noch nach Nahrung. Du reitest vor und schaust, ob es irgendwo eine gute Stelle dafür geben würde und du schaust, ob es irgendwelche Reisenden hier in der Gegend gibt." Er lächelte sie an. "Wir ihr wünscht, meine Königin." Atyria rollte mit den Augen und drehte sich weg. "Du sollst mich nicht so nennen!" Bryan lachte nur und trieb sein Pferd schneller an und ritt voraus. Die Zeit verging und so langsam langweilte sich Atyria. Es gab nicht viel zu tun, wenn man seit ein paar Wochen nur ritt. Deshalb war reden eigentlich die einzige Zeitvertreibung. "Max? Lust zu reden?" Max Pferd wurde langsamer und somit ritt sie neben Atyria. "Immer. Um was geht's?" Atyria dachte nach. Das war die beste Möglichkeit, noch mehr über ihre Freundin zu erfahren. "Du bist ja auch in Damoris aufgewachsen. Wartet dort jemand besonderes auf dich? Gibt es einen besonderen Mann in deinem Leben?" Max wurde rot und wurde sichtlich nervös. "Ehm, also, nein, es wartet niemand auf mich. Und auch wenn jemand auf mich warten würde, wäre es dennoch kein Mann." Atyria brauchte einen Moment bis sie begriff, was Max ihr versuchte zu erklären. "Oh, du meinst, dass dich eher das weibliche Geschlecht anzieht?" "Ja, genau, ich meine damit, dass ich auf Frauen stehe." Eine Beziehung zwischen dem gleichen Geschlecht war in fast allen Teilen von Ashwyn verboten. Es gab schon öfters die Todesstrafe für das Verlangen nach dem gleichen Geschlecht. Doch zu Max Glück, wenn man es so nenne kann, ist sie Teil des einzigen Königreichs, in dem Partnerschaften zwischen dem gleichen Geschlecht, völlig erlaubt sind und genau so viele Rechte haben wie 'normale' Beziehungen. Es war für Max sicherlich nicht einfach, so in Damoris aufzuwachsen. Atyria lächelte Max an. "Macht dich das einen anderen oder schlechteren Menschen? Nein. Du bist perfekt so wie du bist. Egal, welche Hautfarbe du hast..." Atyria schaute zu Neyra. "Egal, woher du kommst oder zu wem du dich hingezogen fühlst. Ich hoffe du weißt das." Max lachte leise los. "Weißt du was, Atyria? Das waren mal echte Worte von einer Königin!" "Ernsthaft?" Atyria lachte laut los. "Und danke, es ist nicht selbstverständlich, so akzeptiert zu werden wie man ist." In meinem Königreich schon. "Was geht da eigentlich hinter mir so ab? Hab' ich was verpasst?" Neyra hatte wohl das Gelächter mitbekommen. "Ach, alles in Ordnung.", meinte Max und lachte weiter. "Ja, ja, schon klar." Neyra kicherte leise.

Es war Nachmittag, als sie die Stelle erreichten, die Bryan für die Gruppe gefunden hatte. Bryan hatte schon ein Feuer gemacht und sein Zelt aufgestellt. "Du hattest ja anscheinend genug Zeit." "Wenn ihr so lahm seid, kann auch nichts dafür, Neyra." Sie schüttelte nur mit dem Kopf. Atyria machte sich daran, nach Nahrung oder etwas Ähnlichem zu suchen. Sie fand ein paar Blaubeeren, doch mehr war auch nicht drinnen. Es war sicherlich keine gute Idee, alleine auf die Suche zu gehen, doch sie hatten nicht viel Zeit, bis die Sonne komplett unterging. Sie war geduckt und suchte nach weiteren Beeren, als sie Gesang hörte, sehr schlechten Gesang. Was geht denn jetzt ab? "Wenn die Nacht vorbeizieht, wird das Licht hell scheinen..." Mehr konnte Atyria nicht verstehen. Es ging wahrscheinlich keine Gefahr von der Person aus, die wahrscheinlich ein Mädchen war. Atyria stand langsam auf und schaute in die Richtung, aus der das Lied kam. Sie konnte tatsächlich ein Mädchen erkennen. Sie hatte goldblonde Locken und einen Beerenkorb in der Hand. Sie stand mit dem Rücken zu Atyria und schien immer noch zu singen. Atyria ging mit kleinen Schritten auf sie zu und versuchte, das Mädchen nicht zu sehr zu verschrecken. Sie räusperte sich und begrüßte das Mädchen. "Entschuldigung..." Das Mädchen schrie auf und drehte sich um. "Bitte töten sie mich nicht! Ich bin nur eine einfache Bäuerin aus Cenwa!" Atyria hielt ihre Hände nach oben, damit sie sehen konnte, dass sie keine Waffen in der Hand hielt. "Beruhigen sie sich. Ich möchte ihnen nichts antun!" Atyria ging noch ein paar mehr Schritte auf sie zu und streckte ihre Hand nach ihr aus. "Ich bin Atyria und wie heißt du?" Das Mädchen schaute zuerst auf ihre Hand, dann in ihr Gesicht und dann wieder auf ihre Hand, bevor sie sie ergriff. "Mein Name ist Efania. Schön sie kennenzulernen, denke ich?" Atyria lachte. "Ja, schön sie kennenzulernen. Was machen sie denn ganz alleine hier draußen?" "Naja, also das Gleiche könnte ich auch sie fragen. Ich hab' nach Beeren gesucht. Meine Eltern und ich besitzen einen kleinen Hof hier in der Nähe und ich wollte einen Blaubeerkuchen backen, doch aus irgendeinem Grund, gibt es hier gerade keine Blaubeeren mehr." Atyria schaute an ihre Hose, an der ein kleines Säckchen voll mit Blaubeeren hing. "Ich glaube, ich weiß, wo die ganzes Blaubeeren sind." Sie nahm das Säckchen und gab es Efania. "Für sie. Sie brauchen es wahrscheinlich mehr als wir." Efania nahm das Säckchen. "Das ist sehr großzügig von ihnen. Danke." Efania schaute in den Himmel. "Es wird dunkel, ich sollte wieder nach Hause gehen. Wollen sie eventuell mitkommen? Als Entschädigung für die Blaubeeren, wenn man es so sagen will." Ein Dach über dem Kopf wäre schon eine schöne Abwechslung, doch Efania wusste noch nicht, dass Atyria nicht alleine unterwegs war. "Ich würde ihre Einladung wirklich gerne annehmen, doch, sie müssen wissen, dass ich nicht alleine unterwegs bin. Ich bin noch mit drei anderen Leuten unterwegs und ich möchte ihnen nicht eine zu schwere Last aufbürden." "Ach, das ist doch kein Problem. Unser Hof ist groß genug!" Atyria überlegte einen Augenblick bevor sie antwortete. "Na gut, aber nur wenn es für sie wirklich in Ordnung ist." Efania grinste. "Wir haben gerne Gäste. Es ist einfach mal eine Ablenkung." Zu Zweit gingen sie zurück zu den Anderen. "Leute?! Das hier ist Efania. Sie und ihre Eltern haben hier ganz in der Nähe einen Hof und sie hat uns eingeladen dort zu rasten. Also heißt das, dass wir die ganzen Sachen wieder einpacken dürfen." Neyra seufzte, doch lächelte Efania an. "Schön sie kennenzulernen. Ich heiße Neyra." Auch Bryan und Max stellten sich vor. Als Max sich vorstelle, fiel Atyria sofort der Blick, den Max auf Efania wurf. Auch Efania konnte den Blick nicht von Max lassen, als diese sich wieder an die Arbeit machte. Schon bald war alles wieder zusammengepackt und Atyria löschte noch das Feuer mit ein wenig Wasser. "Bei Lyara... sie können Wasser erschaffen!" Efania hatte ein breites Grinsen aufgesetzt. "Dann solltest du eventuell noch etwas sehen." Sie räusperte sich. "Bryan?" Er lachte und verwandelte sich in eine Katze. Efania schrie auf. "Ohh, ist die süß." Bryan schnurrte und ließ sich von ihr streicheln, bevor er sich zurückverwandelte. Darauf liefen sie los und Efania zeigte ihnen den Weg. "Wir brauchen vielleicht eine halbe Stunde, der Hof ist echt nicht so weit entfernt." Max gesellte sich sehr schnell zu Efania und sie unterhielten sich über alle möglichen Dinge. Es war sehr offensichtlich, dass die Beiden etwas von einander wollten. Doch Atyria schwor sich, sie einfach in Ruhe zu lassen. Sie selbst vertiefte sich in ein Gespräch mit Neyra über Blumenarten. Auf jeden Fall sehr interessant, wie die Beiden nach einer Weile feststellten. Bryan lief nebenher und schüttelte die ganze Zeit nur den Kopf.

Mhefran - Retterin des LichtsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt