Scheiße. Das ist wahrscheinlich das Wort das ihr Leben damals am Besten beschrieb. Ihr Leben bevor sie diese eine Sache über sich heraus fand. Diese eine Sache, bei der ihr damals nicht bewusst war, was sie für alle Menschen in Ashwyn bedeutete. Aber diese ganze Geschichte begann in der kleinen aber dennoch schönen Stadt Claywood. In dieser Stadt, die eher einem Dorf glich, war es immer recht friedlich, alle kamen miteinander aus und die Wachen wurden nur sehr selten gerufen. Claywood lag im Westen von Ashwyn und am Fluss Elway. Dazu kam noch, dass das Gebirge auch nur ein Katzensprung entfernt lag. Aber dennoch hatte das Städtchen auch seine Schattenseite, in der sie, Atyria, leider aufwachsen musste. Sie war eine schöne, junge Frau, zumindest sagten das die meisten Leute mit denen sie einmal ein längeres Gespräch geführt hatte, was wirklich selten vorkam. Sie liebte ihre schulterlangen, roten Haare, die sie anscheinend von ihrer Mutter geerbt hatte, genau so wie sie die leuchtend grüne Augen von ihr hatte. Aber sonst fand sie sich eigentlich selbst nicht wirklich hübsch, sie fand, dass sie für ihre Körperverhältnisse eindeutig zu viel Muskeln hatte und dann kam dazu auch noch ihre eingedrückte Nase. Sie hasste ihre Nase so sehr, dass sie als kleines Kind sogar versucht hatte, sie irgendwie zu ändern, was aber nur zur Folge hatte, dass sie jetzt eine Narbe quer über ihre Nase hatte. Atyria konnte sich gerade so eine Wohnung im Armenviertel von Claywood leisten. Diese bestand eigentlich nur aus 2 Räumen. Der eine war das Bad, das so spärlich eingerichtet war, dass sie selbst manchmal überlegte, warum sie diesen Raum überhaupt als "Bad" bezeichnete. Dafür war aber der andere Raum umso schöner. Sie hatte sich damals vor zwei Jahren so viel Mühe gegeben den Raum so zu gestalten, dass nicht gleich jeder, der sie besuchte sah, dass sie oft nicht mal genug Geld hatte um sich etwas Essbares zu kaufen. Aber dennoch machte sie das Beste aus ihrer Situation und als sie jetzt endlich nach einem langen Tag zu ihrem Bett unter dem Fenster ging, bemerkte sie gar nicht, dass die Tür zum Bad offen stand, die sie, bevor sie am Morgen aus der Wohnung gegangen war, eindeutig abgeschlossen hatte.Zumindest bemerkte sie es so lange nicht bis der gutaussehende, muskulöse Mann aus dem Bad kam und sich lächelnd an Atyria wandte: "Auch endlich Zuhause, Zückerchen?" Sie hasste diesen Namen, aber immer wenn Collin ihn aussprach konnte sie einfach nichts dagegen sagen. Collin war in Atyrias Augen einfach so perfekt. Er hatte kurze, schwarze Haare und so ein schönes Gesicht, dass sie jedes mal dachte, sie würde gleich sterben, wenn sie ihn anschaute. Sie waren jetzt schon eine ganze Weile zusammen und ohne ihn hätte sie schon viel zu oft einfach aufgegeben. So oft, dass sie aufgehört hat zu zählen. "Du weißt, dass ich den Spitznamen hasse?" antwortete sie ihm dann endlich nach einer langen Zeit. "Ach komm schon, so schlimm ist er doch gar nicht, ich finde dich doch einfach so zuckersüß." Er legte sich neben sie ins Bett. Sie lehnte sich zu ihm herüber und schaute ihm in die Augen. "Wie kann ein Mann nur so unglaublich toll sein?" "Indem man eine umso tollere Freundin hat?" erwiderte er lachend. Er küsste sie und es waren diese Momente in denen sie sich immer so frei fühlte, so unverwundbar. Alles was in ihrem Leben falsch gelaufen war, verschwand wenn Collin sie küsste. Sie erwiderte seinen Kuss und entspannte ihren Körper, während sie immer mehr in den Küssen versank. Verdammt, sie hatten das jetzt schon so oft gemacht, aber trotzdem zuckte sie jedes mal zusammen, wenn Collin anfing sanft über ihre Haut zu streicheln. Doch sie war viel zu müde um das heute Abend noch weiter zu führen. "Collin können wirs für heute beim Küssen belassen? Ich bin viel zu müde um noch weiter zu gehen." Er löste sich von ihr. "Natürlich, wenn du keinen Spaß daran hast, weil du zu müde bist, stört es mich nicht." sagte er leise zu ihr. "Du bist der Beste, Collin" "Ich weiß, ich weiß, dass ich der Beste bin." Arrogant, ja so nannten ihn die meisten Leute und in gewisser Weise stimmte das auch. Sie kuschelte sich an ihn und er löschte die Kerze auf dem Nachttisch. Sie wusste in diesem Augenblick nicht, dass das ihre letzte normale Nacht zusammen war.
Atyria erwachte mitten in der Nacht und suchte nach dem warmen Körper neben ihr, konnte ihn aber nicht finden. Sie dachte sich zuerst nichts dabei, vielleicht war er sich einfach kurz etwas zu Trinken holen gegangen, aber als sie dann den kalten Luftzug spürte und sich nach der Ursache umsah, wusste sie, dass irgendetwas nicht stimmte. Die Haustür stand offen. Einfach so, mitten in der Nacht. Sie stieg aus dem Bett und zündete die Kerze auf ihrem Nachttisch an, um etwas Licht in den dunklen Raum zu bekommen. Sie ging langsam zu ihrem Schrank an der Wand und nahm sich ihr Schwert heraus. Man kann ja nie wissen, dachte sie sich dabei. Zuerst überlegte sie sich ob sie vielleicht ihren Bogen mitnehmen sollte, schob diesen Gedanken aber sofort wieder beiseite, denn wenn sie überrascht wird, hätte sie niemals die Zeit, einen Pfeil einzulegen, den Bogen zu spannen und dann auch noch zu schießen. Dann also ihr Schwert. Atyria war eine wirklich gute Kämpferin, sie hatte schon oft gekämpft und auch gegen alle möglichen Kreaturen, bei denen einige dabei waren, an die sie sich nie wieder erinnern möchte. Sie hatte damals den Umgang mit Schwert und Bogen und noch etlichen weiteren Waffen von einem älteren Mann gelernt. Er hieß Greviel, wenn sie es noch richtig im Sinn hatte. Aber diese Zeit, war wahrscheinlich eine ihrer Besten in ihrem Leben. Greviel hatte ihr immer Geschichten von alten Königreichen und Königen erzählt und sie selbst hatte immer so aufmerksam zugehört, dass sie heutzutage noch ein paar Geschichten komplett auswendig kannte. Er verschwand aber eines Tages einfach so und seit dem hatte sie ihn nie wieder gesehen und nurnoch sehr wenig über ihn gesprochen.
Sie schwang ihr Schwert ein paar Mal und als sie sich wieder relativ sicher damit fühlte, bewegte sie sich Richtung Haustür und lauschte, ob sie irgendwelche Geräusche aufschnappen könnte. Außer den Streunern und ein paar betrunkenen Leuten, die sich ihren Weg nach Hause bahnten, konnte sie nichts anderes bemerken. Sie stieß mit einem Ruck die Haustür auf und trat auf die Straße, immer noch mit ihrem Schwert vor ihr. Sie schaute sich um und als sie an der Hauswand neben ihr ankam, erschreckte sie sich fast zu Tode. Zwei knallgelbe Augen schauten Atyria an, aber nicht die Augen von einem Mensch, sondern von einer Katze. Sie gab Laute von sich, die sie noch nie davor von einer Katze gehört hatte. "Brauchst du Hilfe, Kätzchen?" Die Katze gab als Antwort ein leises Schnurren von sich, so als hätte sie Atyria verstanden. Sie kam der Katze näher und betrachtete sie ganz genau, sie hatte dunkelbraunes Fell mit ein paar helleren Stellen. Als sie nah genug bei ihr war, suchte Atyria nach dem Problem, das die Katze hatte und wurde auch sehr schnell fündig. Ihr Schwanz hing in einer Lücke in der Wand fest. Nach etlichen Versuchen, ihn aus der Wand zu bekommen, kam ihr eine Idee. Sie könnte doch mit ihrem Schwert das Loch doch einfach größer machen. Das tat sie dann auch und als die Katze endlich frei war, schaute sie Atyria dankbar an und verschwand in der Nacht. Sogar diese Katze zeigt mehr Dankbarkeit als die meisten Menschen die ich kenne. Ich hab auf jeden Fall viel in meinem Leben erreicht. Sie wollte so schnell wieder in ihre Wohnung, dass sie gar nicht merkte, dass die Haustür, die sie eigentlich offen gelassen hatte, jetzt angelehnt war. Sie betrat wieder ihre Wohnung und konnte nicht fassen was sie dort sah. Ihr Blick schweifte über alles im Raum. Über die Wand, ihren Schrank. Sie zitterte, alles war voller Blut. Als ihr Blick sich dann auf ihr Bett fokussierte, hörte sich die Welt um sie herum auf zu drehen. Im Bett lag Collin, blutüberströmt und mit weit aufgerissenen Augen. Sie fing an zu weinen und rannte zu ihm. Sie überprüfte seine Atmung, doch er atmete nicht mehr. "Nein, ne....i.i..nn. Tu mir das nicht an, bitte!" wimmerte sie. Atyria bemerkte nun auch endlich die mit Collins Blut geschriebene Botschaft an der Wand:
Möge die vergessene Mhefran auch vergessen bleiben!
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Mhefran - Retterin des Lichts
FantasiEin Krieg. Ein Kampf zwischen Licht und Dunkelheit. Und zwischendrin ist Atyria. Sie wird von der Göttin Lyara selbst auserwählt, die Welt zu retten und das Licht zurückzubringen. "Wenn die Welt droht in der Dunkelheit zu versinken, wird irgendwo in...