Jarel
Zeit wurde nebensächlich. Seine Vergangenheit, ein Relikt, das begraben wurde. Unnötiger Ballast. Selbst die Erinnerung an die eine Frau, nach der er suchte, verblasste. Dieses Gefühl, das durch seine Adern rauschte raubte alles. Prickelnd breitete es sich von seinen Zehen bis in seine Kopfhaut aus.
So lange er diese beiden Schwerter in seinen Händen hielt, konnte nichts und niemand ihm in den Weg stellen.
Seltsam. Selbst die Wut auf den alten Mann war verraucht. Auch die Tatsache, dass Ares in seinem Kopf war, störte ihn nicht länger. Nachdenklich betrachtete er die Hefte und das blanke schwarze Stahl.
Es besaß keinen Glanz. Stumpf sog es das Licht auf. Genauso auch seine Gedanken und Gefühle. Es ließ nur diese angenehme Leere in ihm zurück. Bis auf einen Gedanken. Er hatte eine Aufgabe.
Harim
Ob sein Vorgänger auch so ungeduldig auf seine Rückkehr gewartet hatte? Harim kaute aus Langeweile auf einem Stück Leder rum. Es langen so viele Jahrhunderte dazwischen, dass er es fast vergessen hatte. Schelmisch grinsend schloss er die Augen. Ja, das war nicht ohne damals. Man erwartet einen Kampf auf Leben und Tod und wird dann zu einer Vaterschaft gezwungen.
Das Schicksal zog es wohl vor, alles in einem Rad zu lassen. Einer Endlosschleife. Wie köstlich und gleichzeitig grausam diese Erinnerung war. Ja, auch er hatte das Vergnügen mit Spidechses Kind gehabt.
Ob sie es ihm gesagt hat? Der Bursche fiel garantiert aus allen Wolken.
Du solltest dir lieber darüber Sorgen machen ob er seinen Verstand behält. Zunei klang besorgt. Sein Reittier und treuer Gefährte stupste ihn mit dem Maule an. Anders als bei dir, steht dieses Mal mehr auf dem Spiel.
Sanft kraulte er Zunei unter dem Kinn. „Ich weiß, mein Freund, ich weiß. Wenn er sie vergisst, haben wir ein gewaltiges Problem. Es war auch nicht geplant, dass diese elenden Feiglinge, sie sich holen." Verärgert zog er seine Oberlippe hoch. „Da passt man einen Moment nicht auf." Natürlich. Was hatte er auch anderes erwartet. Fairness war ein Fremdwort für die Kinder der Finsternis. Seufzend, stieß er seine trübseligen Gedanken aus. „Ich hoffe nur, dass sein Wunsch sie zu retten stärker ist, als der Wille seiner Waffen." Schaudernd schloss er seine Augen. Immer noch spürte er den pulsierenden Drang seines Schwertes die Oberhand zu gewinnen. Alles auszulöschen was nur einen Hauch von Menschlichkeit entsprach. Knurrend zerrte es an dem Gitter des Käfigs, den sein Verstand dafür erschaffen hatte.
Bis zu seinem letzten Atemzug würde dieser Kampf dauern. Welch eine Erlösung es sein würde, wenn sein letzter Atemzug kam. Aber bis dahin war noch jede Menge zu tun. Müde schob Harim seine Mundwinkel nach oben. Ganz sicher ließ Jarel das nicht geschehen. Dafür war sein Starrsinn zu stark. Allein das machte ihn schon zu einem perfekten Nachfolger. Glucksend richtete er seinen Oberkörper auf. Der schwarze Reiter konnte noch so seinen Groll dagegen schmettern.
Aber warum tat der Gedanke so weh, zu gehen?
Träge hob er seinen Blick gegen den langsam ergrauenden Himmel. Nach und nach verblassten die Sterne. Noch konnte er so manche Stunde zu genießen. Also warum unnötig der Zukunft entgegen trauern?
Zunei rieb sein Maul an Harims Wange. Es wird Zeit. Wir sollten aufbrechen.
„Ja, das sollten wir. Es wäre nicht nett von mir, ihn weiter nackt durch die Gegend stolpern zu lassen."
Wie amüsant es doch war, dass Ares sofort die Ohren spitzen. Bisher hatte das Pferd so getan, als ob es Jarel nicht leiden konnte. Umso mehr vergnügte es ihn, wie mörderisch ihn Ares ansah. Die Nüstern blähend, scharrte er unruhig mit dem Vorderhuf im Sand. Zu Schade, dass nur Jarel seine Gedanken hören konnte.
Wir hatten anfänglich auch nicht gerade harmoniert. Schon vergessen, wie oft du von meinen Rücken gesegelt bist.
Trocken kam das Lachen aus seiner Kehle. Etwas umständlich erhob sich Harim. Die Bewegungen zwickten. Wie er doch die Zeiten vermisste, wo er einfach so auf die Füße springen konnte.
Sanft klopfte er Zunei auf den Hals. „Wie könnte ich das vergessen? Du hattest die Vorliebe mich ständig in Dornengestrüpp zu pfeffern."
Gemächlich stieg er in den Sattel. Es war noch Zeit. Der Höhlenausgang lang eine Stunde von seiner Position entfernt. Sofern Spidechse nicht eine zweite Runde verlangte. Bis dahin, sofern nicht was dazwischenkam, hatten sie die Stelle längst erreicht und konnten ihn gebührend im Empfang nehmen. Denn ab da, fing der eigentliche Auftrag für den jungen Burschen an.
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Die vier Reiter
FantasyJarel lebte für die und von der Schlacht. Wer zahlte, dem waren seine Dienste gewiss. Aber manchmal kann sich alles schlagartig ändern.