Unsichtbar Teil16

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Schnaubend atmete der dämliche Gaul des alten Mannes Jarel in den Nacken. Dieses Vieh hatte irgendwie einen Narren an ihm gefressen. Seid dem Morgen, wo sie aufbrachen, klebte das Pferd an ihm.
Tiere und er waren noch nie eine gute Kombi gewesen. Egal was für ein Vieh, es wich ihm aus und bockte sobald Jarel auch nur versuchte seine Hand danach auszustrecken.
Ständig jagte dieses Pferd ihm eine fette Gänsehaut über den Nacken bis rauf zum Haaransatz.Der alte Knacker setzte stillschweigen einen Fuss vor den anderen neben ihm. Sein Blick starr nach vorne gerichtet.
Gut, mit Schweigen kam er klar. Das war nicht das Problem. Viel mehr eher diese Frage, die sich wie ein glühendes Messer in seinen Leib bohrte. Wo bei den Göttern liefen sie hin?
Aus dem Wald waren sie schon lange raus. Nicht, dass er diesen Ort des Grauens vermissen würde. Dafür erwartete sie eine ausgedörrte Landschaft, mit sanften Hügeln und vereinzelten vertrockneten Gestrüpp.
Von Wasser keine Spur. Nicht ein kleiner Bach oder Tümpel. Dafür konnte er sich an den heranrückenden Berg ergötzen, der vor ihnen sich in den Himmel erhob.
Ein Berg wie jeder andere. Ja, wenn man von diesen schwarzen Wolken absah, die die Spitze verbarg. Hin und wieder zeigten glühende Linien in den schwarzen Wolken, dass dort nicht gerade das beste Wetter für einen Aufstieg herrschte.
Und auf diesen verdammten Berg strebte Harim direkt zu. Sein Gaul machte zusätzlich Druck, in dem es ständig ihn zwischen die Schultern nach vorne schupste.
Knurrend umklammerte Jarel seine Hefte. Karah verschwand und seine zweite Klinge blieb zurück. Eigentlich sollte man sich darüber freuen, wenn man seine Waffen wieder vollständig bei sich tragen durfte. Dummerweise trieb es ihn eher in den Wahnsinn, dass sie ohne eine Waffe zu ihrem Schutz dort draußen war. Wo auch immer das sein mochte.
Harim blieb einfach so stehen und zeigte mit seinem dürren Arm nach vorne auf etwas, das anscheinend nur seine Augen sehen konnten. Auf nichts.
„Dort. Deine erste Prüfung wartet auf dich."
„Meine was?" Entweder hatte die Hitze Harims Verstand weggekocht oder der Wassermangel hatte ihm den letzten klaren Gedanken geraubt. Da war nichts. Nur vertrocknetes Gras und eine staubtrockene Landschaft. Was sollte das bitte für eine Prüfung sein?
Du Hund lernst es wohl nie. Nicht nur mit den Augen sehen!

Schmerzhaft krochen die Worte seines Ausbilders wieder in ihm hoch.
Und als Krönung stieß ihn der alte Gaul nochmal unsanft in die Richtung, in die Harim immer noch stur deutete.
Erst jagte dieser alte Zausel ihn mit einem selbstmörderischen Marsch durch eine tote Landschaft und dann erwartete dieser ernsthaft, dass er sich einfach so an eine Stelle begab wo angeblich seine Prüfung wartete?
„Allmählich hab ich die Schnauze voll! Was wird das? Von Prüfungen war keine Rede. Ich will nur Karah retten."
Breitlächelnd sah Harim ihn kühl an. „Zu Fuß? Findest du nicht, dass ein Pferd deine Reise erheblich beschleunigen würde?"
„Ein Pferd?" Jarel starrte zu der Stelle auf die Harim zeigte. Da war nichts. Lediglich Staubwolken, die von Wind aufgewirbelt worden. „Da ist kein verfluchter Gaul! Und selbst wenn, diese Viecher hassen mich."
Heißeres Lachen kam als Antwort. „Oh, du wirst es sehen. Doch dafür, musst du schon näher heran gehen. Er wartet auf dich mein junger Freund."
„Bist du jetzt völlig senil?" Blaffte Jarel Harim an. Eindeutig übergeschnappt. Ganz sicher.
Da war nichts. Es sei den dieser verfluchte Gaul war unsichtbar. In der alte Mann, hatte eindeutig nicht mehr alle Sinne beisammen.
Ein warmer Windhauch streifte über seinen Kopf und mit ihm glaubte Jarel etwas zu hören, dass sich komischerweise nach einem leisen Wiehern anhörte.
Nein, das musste Einbildung gewesen sein. Da draußen gab es nichts. Kein Fuchs, kein Nager oder sonstiges Vieh, dass ihnen ans Leder wollte oder als Nahrung für ihre leeren Mägen dienen konnte.
„Hörst du ihn?" Harim grinste ihn wissend an.
Wütend presste Jarel die Lippen aufeinander. Das war bescheuert. Hirnverbrannt. Närrisch!
Und was tat er? Er lief genau in die Richtung in die Harim immer noch zeigte. Was konnte schon großartig passieren?
Seine Stiefel wirbelten Staub auf. Zerbröselten das tote Gras unter seinen Sohlen. Je weiter er ging, um so stiller schien es zu werden. Kein Wind der eine kleine erlösende Kühle verschaffte. Stattdessen diese drückende Stille in der prallen Sonne. Nein, da war etwas. Ein leises Wiehern.
Konzentriert schloss Jarel die Augen. Versuchte zu erkennen, von wo es kam. Einmal schien es vor ihm zu sein, dann wieder wo anders. Ständig im Wandel kam es näher.
Hufen hämmerten hart auf den trockenen Boden.
Langsam öffnete Jarel die Augen. Immer noch war da nichts. Wenn man von der flirrenden Hitze am Horizont absah.
Aus der sich langsam etwas weißes hervorschälte und Gestalt annahm. Staub stieg ohne einen Grund auf. Der Boden vibrierte unter seinen Füßen.
Angestrengt kniff Jarel leicht die Augen zusammen. Der weiße Fleck verschwand nicht. Im Gegenteil, er wurde größer und kam direkt auf ihn zu. Seine Sinne warnten ihn vor einer Gefahr. Wieso fühlte er sich aber nicht in Gefahr? Dieser Wiederspruch ließ sein Inneres in Aufruhr geraten.
War er jetzt selbst schon verrückt geworden? Jeder der bei Sinnen war, suchte sein Heil in der Flucht oder wich dem anrückenden weißen Ungetüm aus.
Seine Füße klebten fest. Bewegten sich nicht ein Stück, obwohl sein Verstand ihn anschrie es endlich zu tun.
Gleichzeitig war da dieses komische Gefühl, wenn er jetzt auswich, hätte er diesen Kampf verloren.
Nach und nach nahm der Fleck die Form eines Pferdes an, dass in vollen Galopp auf ihn zusteuerte. Es sah nicht danach aus, als ob es seinen Weg an ihm vorbei suchen würde. Nein, direkt durch ihn hindurch.
Grimmig beugte Jarel sich vor und wartete. Wartete mit leeren Händen auf den Moment des Zusammenstoßes.
„Du bist eindeutig verrückt geworden Jarel. Du wartest darauf, dass ein Pferd dich über den Haufen rennt."
Seine eigene Stimme kratzte in den Ohren und ließ ihn erst recht an seinem Vorhaben zweifeln. Für einen winzigen Augenblick erwog er zur Seite zu springen. Aber das hieße, dass er den Gegner gewinnen ließ.
Das Donnern der Hufen auf den Boden wurde lauter. Ebenso das Wiehern, dass eher an ein Tier erinnerte, dass ihn lieber Tod als auf seinen Rücken sehen wollte.
Der Gedanke gefiel Jarel. Ja, es schaffte sogar ihm ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Das also war die Prüfung? Diesem stolzen Tier klar zu machen, dass sie ab sofort gemeinsam ihren Weg fortsetzen.
„Komm schon!" Es war unnötig den Gaul anzubrüllen. Dieser hatte sowieso nicht vor langsamer zu werden. Mit gesenkten Kopf stürmte es direkt auf ihn zu.

Die vier ReiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt