12. Kapitel Sternpfote

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Mondpfote wälzte sich unruhig in ihrem Nest umher. Sie konnte den Anblick ihres Vaters nicht aus dem Kopf bekommen. Vorsichtig erhob sich die schwarze Kätzin und schlich nach draußen. Auf der Lichtung wehte eine leichte Brise und Mondpfote glaubte für einen Herzschlag, den Duft von Schneesprung zu erkennen. Das ist lächerlich, Mondpfote. Er ist seit fast einem Mond tot. Sie schüttelte den Kopf und erneut traf sie eine Welle der Traurigkeit. Ohne zu überlegen, wohin sie eigentlich wollte, stolperte sie aus dem Lager, Richtung See. Dornen und Zweige stachen in ihren Pelz und die Schülerin spürte, wie kleine Blutrinnsale über ihr Fell krochen. Als sie am See ankam, blendete sie ein heller Mondstrahl, der auf den See traf. Mondpfote setzte sich ans Ufer und kleine Wellen schwappten über ihre Pfoten. Sie hob die Augen und betrachtete die Sterne. Ob Schneesprung mich wohl sehen kann? Als ihr dieser Gedanke durch den Kopf glitt, kam es ihr so vor, als würde einer der Sterne mit einem Mal heller strahlen, als die restlichen. Da streifte plötzlich warmes Fell die Flanke der Schülerin und sie drehte den Kopf. Goldene Augen strahlten sie aus dem hübschen weißen Gesicht an, dass ihr seit dem letzten Mond so vertraut geworden war. Vorsichtig setzte sich Sternpfote neben sie und hob den Kopf. Warm blickte er ihr in die Augen. „Du denkst wieder an deinen Vater, richtig." Als Mondpfote nickte, fuhr er fort: „Du musst die Vergangenheit hinter dir lassen, Mondpfote. Ich weiß, ich werde den Schmerz nie nach fühlen können, doch ich kann dir eines sagen. Ich war zwar klein , gerade auf der Welt, als Tüpfeljunges starb, doch ich trauere um meine Schwester jeden Tag. Meine Mutter war traurig und müde. Sie wollte niemanden sehen und sich von keinem helfen lassen. Die Trauer hatte sie verschluckt. Sie hängt teilweise jetzt noch an der Vergangenheit, denn sie hat sich von ihr einschließen lassen. Bitte, lass die Vergangenheit dich nicht auch so verschlingen, wie sie meine Mutter verschlungen hat." Mondpfote senkte den Kopf. Sie hatte Tüpfeljunges, die Schwester von Sternpfote und Amseljunges nie kennen gelernt, doch sie wusste, wie verschlossen und müde Taubenflug nach ihrem Tod war. Sie wollte nicht so werden. Deshalb nickte sie und blickte Sternpfote an. In seinen Augen schimmerte und leuchtete das Licht des Himmels. Mondpfote blickte sich um. Warmes Sternenlicht strich um die beiden Katzen herum und Sternpfote blickte sich erstaunt um. Der See glänzte und funkelte im Mondschein und sein sanftes Glühen zog die schwarze Kätzin und den golden-weißen Kater in seinen Bann. Sie blickten sich an. Mondpfotes dunkelblau-türkisfarbene Augen trafen auf die goldenen Augen von Sternpfote und Mondpfote ließ sich in ihr Licht gleiten. Sie vergaß alles um sich herum und sie spürte, dass es auch Sternpfote so erging. Sie schienen mit dem Himmel zu verschmelzen und selber Sterne zu werden. Ohne zu überlegen, wie Sternpfote wohl darauf reagieren würde, sprach sie die Worte aus, die sie schon so lange zu erdrücken schienen. „Ich habe dich sehr gern, Sternpfote. Und damit meine ich, irgendwie mehr als nur gern. Ich habe das Gefühl, wir gehören zusammen." Sternpfote lächelte sie sanft an und seine Worte berührten Mondpfote so sehr, dass sie ein Feuer entfachten, dass begann in ihrem Herzen zu brennen. „Ich hab dich auch sehr gerne, Mondpfote. Und wir gehören wahrhaftig zusammen. Stern und Mond, vereint. Wir sind die hellsten Flammen unter den Sternen, die um den Mond tanzen. Sieh nur!" Er deutete in die klare Nacht und Mondpfote stockte der Atem. Der Mond schien und glühte heller als sie es je erlebt hatte. Er schien zum greifen nah. Und die Sterne schimmerten warm und golden. Sie schienen zu lachen und zu tanzen, ja sie tanzten um den Mond, lachten, sprangen und funkelten schöner als alles auf der Welt. Dann trennte sich einer der Sterne von den anderen und auch vom Mond splitterte ein Teilchen ab und gemeinsam schwebten sie zu dem Schülern. Sie wirbelten um sie herum und trugen die Katzen hinauf zu den Sternen. Mondpfote und Sternpfote waren mitten in den Lichtern und Klängen des Himmels. „Stern und Mond. Vereint für immer", flüsterte Sternpfote. Der Wirbel setzte sie wieder ab und mit verschlungenen Schwänzen trabten die Katzen zurück zum Lager.

Eine schwarze Kätzin mit weißen Sprenkeln und schimmernden weißen Augen beobachtete die beiden Schüler. Sie stand am Rande einer Schlucht und neben ihr rauschte ein Wasserfall und die Tiefe. Ihr Blick war nach unten gerichtet, denn dort, wo dass Wasser schäumend auf dem Grund der Schlucht auftraf, formte das Wasser das Geschehen am See. Hinter der Kätzin erhob sich ein finsterer Wald. „Wahrlich. Stern und Mond sind vereint." Die Augen der Kätzin glommen zufrieden. Da trat ein weißer Kater mit roten Streifen neben sie. „Und, Spiegelstern? Hat es begonnen?" Spiegelstern wandte sich um. „Ja, Blutstreif, das hat es. Stern und Mond sind vereint." Der Kater nickte zufrieden. Ein zweiter Kater gesellte sich zu den Beiden. Sein Fell war schwarz und auf seiner Flanke prangte ein keilförmiges Muster, das aussah wie tausend Splitter. Blutstreif blinzelte ihm grüßend zu. „Stern und Mond sind vereint, Bruder. Jetzt wird Todesglanz' Prophezeiung sich erfüllen. Dann wird die Welt der Clans bald uns gehören. Und wir werden herrschen, jede Wald der Finsternis-Katze Seite an Seite." Der schwarze Kater sprang vor und bohrte ihm die Krallen in die Kehle. Blutstreif sackte zusammen und Spiegelstern nickte anerkennend, während der weiß-rote Kater verblasste. „Gut gemacht, Splitterstern. Er war dein Bruder, doch er war weich. Es war gut ihn zu töten." Splitterstern nickte. „Er war im Wald der Finsternis, und doch glaubte er an Gleichberechtigung. Wir werden nicht Seite an Seite herrschen. Die Clans gehören allein Ahornstern." Spiegelstern nickte erneut und wandte sich von Splitterstern ab. „Ich werde zum Felsen der Gefallenen gehen, und Ahornstern berichten, dass es nun begonnen hat." Spiegelstern verschwand in den Schatten und Splitterstern wollte ihr folgen, doch bevor ebenfalls von der Dunkelheit verschluckt wurde, drehte er sich noch einmal um. Und dann sah er sie. Zwei Katzen standen auf der anderen Seite der Schlucht und starrten ihn an. Eine blaugraue Kätzin und eine Kätzin, deren blütenweißes Fell fast vollkommen durchsichtig war. Splitterstern fauchte: „Die Clans gehören Ahornstern!" Dann verschwand auch er in den Schatten. Die weiße Kätzin blickte die blaugraue beunruhigt an. „Es hat begonnen, Blaustern. Was sollen wir nun tun?" Blaustern wiegte den Kopf von einer Seite zur anderen. „Die anderen glauben, dass das Schicksal der Beiden besiegelt ist, das von Sternpfote und Mondpfotes ebenfalls." Die Augen der weißen Kätzin begannen plötzlich zu leuchten. „Ja, aber dazu müssten sie mit dem Wald der Finsternis in Kontakt stehen, und momentan tun sie das nicht. Was wäre, wenn die Beiden vom SternenClan eine Art Schutzpatron bekommen. Eine Katze, die verhindert, dass sie dem finsteren Wald auch nur zu nahe kommen." Ihre Augen glühten. Blaustern sprang auf. „Seelenklang, das ist eine tolle Idee. Ich weiß aber, dass uns der restliche SternenClan das nicht machen lassen würde." Seelenklang wollte etwas sagen, doch bevor sie dazu kam wurde sie von einer weiteren Stimme unterbrochen. „Dann sollen es die Anderen eben nicht erfahren." Blaustern drehte sich um und betrachtete die weiße Kätzin, die Seelenklang aufs Haar glich. Seelenklang schnurrte erfreut. „Hallo, Wolkenrose. Ja du hast recht. Blaustern, wir müssen den anderen nichts erzählen." Blaustern nickte. „Gut", sagte sie. „Wolkenrose, du wirst Sternpfotes Schutzpatron. Und du, Seelenklang, bekommst Mondpfote." Sie seufzte und drehte sich ein letztes Mal zum finsteren Wald um. „Du wirst schon sehen, Spiegelstern. Wir haben noch nicht verloren." Dann wandten sich Seelenklang, Blaustern und Wolkenrose ab und trabten über die Hügel davon.

MondfinsternisWhere stories live. Discover now