Kapitel 1

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Lächelnd saß ich gegenüber von Astrid auf der Lichtung. Ihr blondes, zu einem Zopf geflochtenes Haar schien im Licht der Sonne zu leuchten. Wie konnte jemand so schön sein? Früher hat sie sich nie für mich interessiert doch seit ich in der Akademie besser mit den Drachen klarkomme beachtet sie mich, wenn auch etwas misstrauisch, aber es war ein guter Anfang. Zum Glück weiß sie nicht, warum das so ist denn sonst würde sie sich von mir fernhalten, oder mich gar töten. „Danke für den schönen Ausflug, Hicks", sagte sie nach einer Weile. So hatte ich Astrid noch nie erlebt. Ohne meinen Blick von ihren wunderschönen, hellblauen Augen zu lösen räusperte ich mich berührt. Ich fühlte, wie meine Wangen warm wurden und erwiderte schnell: „Immer wieder gerne." Nervös kneteten wir unsere Finger. Anscheinend wusste sie auch nicht, was sie jetzt sagen sollte. Seltsamerweise hatte sie ihre Axt nicht dabei. Normalerweise hatte sie diese immer griffbereit bei sich. Um ihren Kopf befand sich ein Lederband, auf dem sich ein paar Nieten befanden, und über diesem lagen ein paar ihrer Stirnfransen. Auf ihren Schultern befanden sich wie immer metallene Schützer, die mit kleinen Totenköpfen an ihrem Oberteil befestigt waren, welches aus einem grünen Stoff bestand. Unter dem mit Dornen und Totenköpfen verziertem Lederrock trug sie eine blaue Hose die in Pelzschuhen steckte. „Soll ich dich nach Hause bringen?", brach ich schließlich die unangenehme Stille während ich langsam aufstand. Stumm nickte Astrid und erhob sich ebenfalls. Als wir uns beide aufgerichtet hatten kam sie auf einmal auf mich zu. Verunsichert verlagerte ich mein Gewicht. Was hatte sie vor? Ich sah, wie sich ihre Lippen bewegten als sie: „Ach, was soll's", murmelte. Mein Herz setzte einen Schlag lang aus bevor es in vielfacher Geschwindigkeit weiterschlug. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich sie an. Ein selbstsicherer aber auch leicht trotziger Ausdruck lag auf ihrem Gesicht. Mit ihrer Hand packte sie den Kragen meines Hemdes und zog diesen mit einem Ruck zu sich. Überrumpelt stolperte ich einen Schritt nach vorne. Plötzlich spürte ich etwas auf meinen Lippen. Küssten wir uns gerade? Vor mir sah ich nur ihre geschlossenen Augenlider. Bevor ich irgendwie hätte reagieren können löste sie sich von mir und trat einen Schritt zurück. Mit offenstehendem Mund blinzelte ich ein paar Mal hintereinander. Ich sah sicherlich wie ein Vollidiot aus, Mal wieder. Astrid stand mit verschränkten Armen unsicher vor mir, verlagerte ihr Gewicht von einen auf den anderen Fuß und wich meinem ungläubigem Blick aus. Sie erwartete bestimmt, dass ich irgendetwas sagte. Doch was konnte ich sagen? Plötzlich spürte ich wieder dieses Ziehen. Nein, Nein, Nein! Warum ausgerechnet jetzt?! Kann es nicht irgendwann anders kommen?! Ich musste hier weg! Sie durfte mich nicht sehen, wenn es passierte! Sicherlich wird sie sauer sein, wenn ich jetzt abhaue aber es wäre viel schlimmer, wenn sie es sieht. Ich werde mich bei ihr entschuldigen sobald es vorbei ist. Hoffentlich wird sie mir verzeihen, wenn nicht lasse ich mir eine Wiedergutmachung einfallen. Panisch drehte ich mich um. Ich musste im Wald verschwinden. Sofort lief ich auf den Rand der Lichtung zu. Ich musste so viel Abstand zwischen sie und mich bringen wie möglich. Wer weiß, was es ihr sonst antuen würde. Meine Füße flogen über den unebenen Waldboden. Oft drohte ich über eine Wurzel zu stolpern oder in einen tiefhängenden Ast zu laufen. Hoffentlich folgte sie mir nicht, um mich zur Rede zu stellen. Das Ziehen wurde stärker, schmerzvoller. Warum konnte ich nicht sportlicher sein? Meine Seite stach und ich konnte meinen Herzschlag in meinem Hals spürten. Ich atmete lautstark durch meinen Mund und ich spürte Schweiß auf meiner Stirn und unter meinen Achseln. Der Schmerz nahm zu. Ich verzog meine Gesichtszüge. Keuchend lief ich noch ein paar Schritte nach vorne. Wohin war ich gelaufen? Meine Knie gaben unter mir nach und ich fiel nach vorne. Kleine Steine bohrten sich in meine Knie und in meine Handflächen. Meine Haare klebten mir nass an meiner Stirn. Das Ziehen war nun unerträglich. Meine Muskeln spannten sich an und verkrampften sich. Schmerzerfüllt stöhnte ich auf und kniff meine Augen zusammen. Unbewusst hielt ich die Luft an. Es begann. Mein Atem wurde schneller und ging nun stoßweise. Meine Knochen knackten als ich anfing mich zu verändern. Mein Rücken wurde breiter und länger. Plötzlich knackte ein Ast hinter mir. Sofort fuhr ich zur Geräuschquelle herum. Meine Augen weiteten sich als ich Astrids Gesicht zwischen den Baumstämmen ausmachte. Nein, genau das wollte ich doch verhindern! Schmerz trübte meine Sicht. Noch nie hatte eine Verwandlung sich so sehr in die Länge gezogen aber bis jetzt hatte ich auch keinen Grund gehabt gegen sie anzukämpfen. Meine Haut wurde rau und schuppig. Oh nein, es war schon fast vorbei! „Lauf, bitte, ich will nicht, dass es dir weh tut!", keuchte ich flehend während ich ihr verzweifelt in die schockierten, weit aufgerissenen Augen schaute. Ihr Mund öffnete sich ungläubig doch sie rührte sich leider nicht vom Fleck. Meine Muskeln verkrampften sich noch mehr. Ich konnte nicht mehr erkennen, was mit meinem Körper geschah Mein Bewusstsein wurde langsam in die Dunkelheit gezogen und von dem des Drachen ersetzt. Mit aller Kraft kämpfte ich gegen den Wechsel an, um Astrid mehr Zeit zu verschaffen. Hoffentlich schaffte sie es zu fliehen. Ich werde mich nachdem es vorbei ist auf die Suche nach ihr machen und versuchen es ihr zu erklären. Um mich herum lagen Stofffetzen doch zum Glück hatte ich Gewand im Wald versteckt. Schließlich glitt mein Bewusstsein doch in die tröstende Schwärze und überließ dem Nachtschatten meinen Körper.

Mein Leben als HalbdrachinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt