Kapitel 17

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Panisch schreckte ich auf und setzte mich aufrecht hin. Meine Atmung ging nur noch stoßweise. Meine Augen waren feucht und schockgeweitet. Meine Kehle war zugeschnürt. Geschockt winkelte ich meine Beine an und presste meine Handballen auf meine Augen. Wie hatte ich es nur zulassen können, dass Garry Ben auspeitscht. Plötzlich spürte ich eine warme Hand auf meiner Schulter. Sofort fuhr ich herum. Ich blickte in das besorgte Gesicht von Ben. Sofort entspannte ich mich wieder etwas. „Hattest du einen Albtraum?", fragte er fürsorglich. Nachdem ich schwer geschluckt hatte nickte ich langsam. „Ich hätte nicht zulassen dürfen, dass Garry dich auspeitscht", teilte ich ihm mit erstickter Stimme meine Bedenken mit. Erschöpft lehnte ich mich weiter nach vorne, sodass meine Stirn nun an seiner Schulter ruhte. Meine Arme hatte ich um meinen Bauch geschlungen. Ich bebte am gesamten Körper. „Ich habe dir auch nicht geholfen", flüsterte er beruhigend: „Du hast mir gar nicht helfen können. Garry und seine Krieger waren überall gewesen, das wäre reiner Selbstmord gewesen. Außerdem ist das schon ewig her." Sanft drückte er mir einen Kuss auf den Scheitel und legte seine Arme um meine Schultern. Seit wir hier angekommen waren ist fast ein Jahr vergangen. Ich bin nicht wieder Alpha der geheimen Welt geworden doch ich hatte Light versprochen, ihr bei ihren Pflichten etwas unter die Arme zu greifen. Behutsam streichelte er meinen Rücken. Nach einer Weile hatte ich mich wieder etwas beruhigt. Langsam hob ich meinen Kopf und schaute ihm tief in die Augen. Vorsichtig legte ich meine Lippen auf die seinen. Ich schloss meine schweren Augenlider. Sofort erwiderte er den Kuss. Ich löste meine Arme von meinem Bauch und verschränkte diese hinter seinem Nacken. Bestimmt schob ich mich auf seinen Schoß. Seine Hände ruhten auf meiner Taille und umschlossen diese fest. „Menschen sind hier!", brüllte Light panisch in die Höhle hinein. Genervt löste ich mich von ihm. „Ich muss mich darum kümmern", knurrte ich mit belegter, rauer Stimme. Sehnsüchtig schaute er mich an und ließ mich bedauernd los. Mit einem letzten Blick auf ihn lief ich auf die kleine Öffnung zu. Geschmeidig sprang ich aus dieser hinaus und breitete im Fall meine Flügel aus. Elegant sauste ich durch die Luft. „Wie viele?", wollte ich von Light wissen. „Zwei, ein Mädchen und ein Junge auf einem tödlichen Nadder", keuchte sie. „Sind sie bewaffnet?", fragte ich den Licht-Nachtschatten, der neben mir herflog. „Ja aber nicht außergewöhnlich sehr", erwiderte sie langgezogen. „Ich fliege allein weiter", sagte ich im Befehlston zu ihr. Knapp nickte sie und drehte ab. Ich sah den stacheligen Schwanz eines tödlichen Nadder hinter einer Säule verschwinden. Knurrend folgte ich diesem. Ein bekannter Geruch stieg mir in die Nase. War das Nights Duft? Schnell sauste ich um die Säule herum und heftete meinen Blick auf den Drachen vor mir. Hinten saß der Junge, er hatte braune, längere Haare und trug eine mit Nachtschattenschuppen besetzte Rüstung, manche seiner Strähnen waren zu kleinen Zöpfen geflochten. Vor ihm konnte man die blonden Haare des Mädchens sehen. Die Schuppen des tödlichen Nadder leuchteten bläulich. Was taten die den hier?! „Was wollt ihr hier?!", fauchte ich. Sofort drehte der tödliche Nadder sich in der Luft um. „Arya?!", rief Hicks geschockt. „Ich habe euch zuerst gefragt", erwiderte ich kalt und verschränkte meine Arme vor der Brust. Ich hob mein Kinn in die Höhe und funkelte die drei wütend an. Hicks, war der erste, der den Schock überwand und vorwurfsvoll erwiderte: „Dieser Garry, vor dem ihr geflüchtet seid ist zurückgekommen und hat unser schönes Berg angegriffen. Wir mussten uns eine neue Insel zum Leben suchen, weil er unser Dorf zerstört hat." Ein Fluch rollte über meine Lippen. Wenn die beiden schon hier waren war auch Garry nicht mehr weit entfernt. „Wie habt ihr hierhergefunden?", fragte ich knurrend mit rauer, belegter Stimme. „Sturmpfeil hat die Witterung von Nightmare aufgenommen und uns hierhergeflogen", antwortete Hicks: „Was ist das hier?" Mit zusammengekniffenen Augen warf ich Astrid einen misstrauischen Blick zu bevor ich mit scharfer Stimme: „Ein Ort für Drachen", erwiderte, wobei ich das Wort Drachen besonders betonte. Das Night schon einmal hier gewesen war interessierte mich im Moment nicht sonderlich. Meine Gedanken waren schon ganz woanders. Wie konnte ich Garry am Besten von hier weglocken oder gar töten. Mir musste doch irgendetwas einfallen! Rechts von mir sah ich Black. Er war Lights Bruder und fast komplett schwarz, nur an seiner Schwanzflosse, seinen Ohren und an seinen Füßen hatte er weiße Schuppen. „Übernimm für mich und sag Light, wenn du sie siehst, dass sie zu mir kommen soll!", befahl ich ihm: „Sie dürfen nicht wegfliegen bevor ich es sage also pass gut auf sie auf! Der Junge ist ein Halbdrache, wenn er sich verwandelt schick Night zu mir." Wortlos drehte ich mich um und flog wieder davon. Fast automatisch flog ich zu der kleinen Öffnung in der Felswand. Geschmeidig landete ich in der Höhle und faltete meine Flügel auf dem Rücken zusammen. Erwartungsvoll schaute Ben mich an. „Garry ist zurück", sagte ich mit monotoner Stimme zu ihm. Sofort war er hellwach. Geschockt richtete er sich gerade auf. „Was machen wir?", fragte er mit belegter Stimme. „Ich weiß es nicht!", erwiderte ich verzweifelt. Seufzend vergrub ich meine Hände in meinen dichten Haare und ging frustriert auf und ab. „Das ist unsere Chance ihn zu töten", meinte er nach einer Weile zögernd. „Dieses Mal hätten wir den Überraschungsmoment auf unserer Seite", fügte ich langsam hinzu: „Sollen wir es wagen oder lieber lassen?" „Selbst hier sind wir ihn nicht losgeworden also sollten wir ihn lieber im Schutze der Nacht angreifen und ein für alle Mal vernichten", antwortete er mir. Mit einem Kloß im Hals nickte ich bedächtig. Das konnte doch nicht wahr sein! Warum musste uns das Schicksaal immer wieder in den Rücken fallen?! Auf einmal hörte ich Flügelschläge, die sich unserer Höhle näherten. Gemächlich wandte ich mich der Öffnung zu. Dort konnte ich Light sehen. „Wer sind diese zwei Menschen?", fragte sie unumwunden. „Hicks und Astrid von Berg. Garry hat ihre Insel angegriffen und ihr Dorf zerstört. Er ist irgendwo hier in der Nähe und Ben und ich wollen im Schutze der Dunkelheit der Nacht ihn vernichten", antwortete ich knapp. „Braucht ihr Hilfe oder Verstärkung?", fragte der Alpha uns. „Nein, wir ziehen das allein durch, das ist unsere Sache und falls wir mit Verstärkung auftauchen und er überlebt wird er keine Ruhe geben bis er die geheime Welt gefunden hat, das ist also viel zu riskant", antwortete ich bestimmt: „Pass du auf die Wikinger auf, du musst ihnen einbläuen, dass sie niemanden von der geheimen Welt erzählen dürfen! Sobald sie das verstanden haben dürfen sie wieder gehen." Mit eiligen Schritten marschierte ich zu der Ecke der Höhle, in der wir unsere Waffen aufbewahrten und schnappte mir eines der Schwerter. Dieses befestigte ich an meiner Hose bevor ich mich wieder umdrehte. Ben bewaffnete sich ebenfalls und Light war bereits weg. Geübt wechselte ich in meine Drachengestalt. Schnell schlenderte er auf mich zu und ließ sich in meinem Nacken nieder. „Bereit?", fragte ich ihn konzentriert in der Menschensprache. „Bereit", antwortete er selbstsicher. Nun konnte es losgehen.

Mein Leben als HalbdrachinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt