Kapitel 14

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Mein Blick glitt aufs Meer hinaus. Mit meinen geschulten Augen suchte ich den Horizont nach Schiffen von Garry ab doch ich konnte kein einziges erblicken. Dies bedeutete, dass er sich auf der anderen Seite der Insel befand. Ich setzte mich wieder in Bewegung. Hastig lief ich direkt ins Dorf hinein. Wir mussten hier weg bevor die Reiter auf die Idee kamen uns zu verfolgen. Wikinger sprangen mir aus dem Weg als sie mich sahen. Night musste hier einen starken, bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Die Häuser zogen an mir vorbei. Mein Instinkt übernahm die Kontrolle über meine Muskeln. Blitzschnell preschte ich voran. Meine Flügel befanden sich zusammengefaltet auf meinem Rücken. Stur lief ich einfach geradeaus. Schließlich hatte ich das andere Ende des Dorfes erreicht. Langsam breitete ich meine Schwingen aus. Diese streiften zu beiden Seiten Häuserwände. Als ich das letzte Haus hinter mir ließ begann ich mit diesen zu schlagen. Kraftvoll stieß ich mich vom Boden ab. Knapp über dem Gras der Wiese glitt ich durch die Luft. Am Horizont konnte ich die schemenhaften Umrisse von verschiedenen Schiffen erspähen. Mein Brustkorb begann wegen eines tiefen Knurrens zu vibrieren. Wütend fletschte ich meine Zähne. Etwas weiter vor mir befand sich ein Abgrund. Schnell stieg ich immer weiter in den Himmel hinauf. Die Wolken kamen mir näher. Mit einem kräftigen Flügelschlag tauchte ich in diesen unter. Eine leichte Feuchte legte sich auf meinen Leib. Unter mir konnte ich nur noch die weißen Wolken sehen was bedeutete, dass Garry und seine Krieger mich auch nicht mehr sehen konnten. Ich flog nicht in meiner Höchstgeschwindigkeit, sodass ich keinerlei Bedenken wegen ihm haben musste. Mein Gefühl sagte mir nach einer Weile, dass ich in der Nähe von seinen Schiffen war. Langsam ging ich in den Sinkflug und brach durch die Wolkenwand. Unter mir erstreckte sich der blaue Ozean und etwas weiter von mir entfernt auf diesem seine Schiffsflotte. Meine Pupillen verengten sich zu dünnen Schlitzen. Ich öffnete meinen Mund und stieß ein tiefes, dröhnendes, markerschütterndes, Nackenhaar aufstellendes, einschüchterndes, machtvolles, kriegerisches, wütendes Brüllen aus, dass als Racheschwur zu deuten war, der definitiv an Garry gerichtet war. Sofort kam Bewegung in Garrys Leute. Armbrüste und Fangnetze wurden ausgerichtet. Einer meiner Gesichtsmuskel zuckte und ich bemerkte auch, dass Ben sich anspannte doch wir waren nicht hier, um zu kämpfen. Langsam wandte ich mich von den Booten ab. Hastig schlug ich ein paar Mal mit meinen Flügeln und stieg wieder über die Wolkendecke. Sie hatten mich gesehen, das reichte. Ich schluckte schwer und erhöhte meine Geschwindigkeit. Ben krallte sich fester an mich und seine Muskeln verkrampften sich etwas. Ein beruhigendes Gurren drang aus meiner Kehle. Hoffentlich gab es an unserem Ziel keine Komplikationen. Wir beide versanken in unseren Gedanken. Das Rauschen des Meeres drang nur gedämpft zu uns. Ich betete, dass Heidrun sich an das unausgesprochene Gesetz hielt und sich bei meinem Racheschwur an Garry nicht einmischte.

Mein Leben als HalbdrachinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt