Kapitel 8

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Langsam machte sich der Schmerz bemerkbar. Ein Knoten bildete sich in meinem Hals. Ich schlug langsam mit meinen Flügeln, sodass wir uns etwas von der Wasseroberfläche entfernten. Die Wunden sollten sich schon regenerieren. „Lande auf der nächsten Insel!", sagte Ben. Ich gab ein einverstandenes Glucksen von mir. Was konnte er wollen? Wir glitten über den Himmel. Meine Augenlider wurden wieder schwer. In welche Richtung flog ich eigentlich? Nach einer Weile erspähte ich eine kahle Felsinsel vor uns. Augenblicklich erhöhte ich meine Geschwindigkeit wieder. Die Insel wurde größer. Langsam flog ich auf das Ufer zu. Vorsichtig legte ich Ben auf diesem ab bevor ich mich ebenfalls niederließ. Die kantigen Steine waren rau unter meinen Füßen. Erschöpft schaute ich ihn an doch sein Blick war auf meinen Körper gerichtet. Er ging um mich herum und kurz darauf spürte ich ein kleines Pieken in meine Seite. Erschrocken fuhr ich zu ihm herum. In seiner Hand lag ein Pfeil mit roter Metallspitze. Ich kannte diese Pfeile! Ein Fauchen drang aus meiner Kehle und ich trat ein paar Schritte zurück während ich meinen Kopf schüttelte. Sofort warf er den Pfeil weg und kam auf mich zu. Vor mir ging er in die Hocke und strich vorsichtig über meinen Kopf. „Was ist los?", fragte er besorgt. Konzentriert antwortete ich in der Menschensprache: „Das sind besondere Pfeile. Meine Verletzungen verheilen nicht, wenn sich nicht mit der Spucke eines anderen meiner Art gesäubert werden." Seine Augen weiteten sich und er zog verzweifelt an seinen Haaren. „Wo sollen wir jetzt einen Nachtschatten herbekommen?!", fragte er verzweifelt. Ein Geistesblitz durchzuckte mich. Sanft stupste ich ihn an und deutete mit meinem Kopf auf meinen Rücken. „Du überrascht mich immer wieder", sagte er leise bevor er wieder aus meinem Sichtfeld verschwand. Kurz darauf spürte ich sein Gewicht auf meinem Rücken. Angespannt begann ich wieder mit meinen Flügeln zu schlagen. Hoffentlich schaffte ich es bis nach Berg. Schwerfällig erhob ich mich in die Luft. Der Rat konnte mich nicht einfach in Ruhe lassen. Immer musste er seine Finger im Spiel haben. Wann hatte er Garry die Pfeile zukommen lassen? Es fühlte sich komisch an jemanden in meinem Nacken sitzen zu lassen. Ich erhöhte wieder meine Geschwindigkeit. Der metallische Geruch von meinem Blut stieg in meine Nase. Gedankenverloren flog ich weiter über den Himmel. Der Wind steifte über meine Haut. Meine Kraft ließ langsam nach. Es war ruhig. Unter uns plätscherte das Meer leise, über uns zogen die Wolken vorbei und hinter uns verblasste die Insel. Ich konnte nur hoffen, dass ich es trotz meiner vielen Verletzungen bis nach Berg schaffte. Meine löchrige Flügelhaut schmerzte bei jedem Luftzug. Mein Blut quoll aus den einzelnen Wunden und tropfte daraufhin in das salzige Meerwasser. Ben wurde nervöser. Müde schloss ich meine Augen und ließ mich vom Wind treiben. Ich hasste es immer wieder aufs Neue verletzt zu werden. Blinzelnd öffnete ich meine schweren Augenlider wieder. Immer noch waren wir nur vom Ozean umgeben. Ich ließ mich vom Wind tragen. Plötzlich sah ich weit vor uns die verschwommenen Umrisse einer Insel. Alles im mir betete dafür, dass diese Berg war. Meine Kraft ließ noch mehr nach. Einen kurzen Moment lang schwankte ich in der Luft. Warum war ich auch genau in die Pfeile hineingeflogen? Ich hätte die Falle umfliegen können doch dafür war es jetzt zu spät. Mit angespannten Muskeln flog ich weiter. Was auch immer das für eine Insel war, ich musste auf ihr landen sonst würden wir ins Meer stürzen. Sie kam näher. Ich konnte Häuser auf ihr erkennen. Freude durchströmte mich. Ich schlug ein paar Mal mit meinen Flügeln, um noch mehr an Höhe zu gewinnen. Es war die Richtige. Ich hörte das Klirren von Metall hinter mir. Verwirrt versuchte ich einen Blick auf Ben zu erhaschen. „Keine Sorge, es ist das Schwert von Garry, ich habe es mitgehen lassen, um dich besser beschützen zu können denn du sahst schon auf dem Boot sehr schwer verletzt aus", sagte er sanft. Beruhigt nickte ich und wandte mich wieder nach vorne. Mit ausgebreiteten Flügeln ließ ich mich einfach von der Luft auf einen gepflasterten Platz in der Mitte des Dorfes zutragen. Ich konnte Wikinger hastig nach Schutz suchen sehen. Trotz der Schmerzen landete ich elegant auf dem Marktplatz.

Mein Leben als HalbdrachinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt