Kapitel 19

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Gelangweilt spielte ich mit den Saum meines Pullis. Der Stoff war wundervoll weich und das Kleidungsstück unglaublich bequem. Meine Schulterblätter taten mir wegen des schiefen Sitzens etwas weh. Die Musiklehrerin erzählte etwas doch ich hörte nicht wirklich zu. Meine Gedanken schweiften wie so oft in letzter Zeit ab. Körperlich war ich noch anwesend doch geistig war ich weit weg. Vor meinem inneren Auge sah ich das lächelnde Gesicht von Ben. Seine wunderschönen Augen funkelnden zufrieden und sein schiefes Grinsen entblößte seine Zähne. Es gab keinen Tag, an dem ich ihn nicht vermisste. Leider habe ich nicht mit ihm gemeinsam Garry entkommen können aber wenigstens hatte er ein angenehmes restliches Leben gehabt, dafür habe ich meines geopfert. Ich hatte mit Garry einen Vertrag ausgehandelt, bei dem Ben normal weiterleben durfte und ich mich von meiner Verwandlungsfähigkeit habe trennen müssen. Ein Tattoo auf meinem rechten Oberarm sorgte dafür, dass ich das Leben einer normalen Schülerin annehmen konnte und eines auf meinem linken sorgte dafür, dass ich mich nicht verwandeln konnte. Plötzlich wurde die Klassenzimmertür aufgerissen. Gelangweilt wandte ich mich der Person im Türrahmen zu. Sie kam mir irgendwie bekannt vor. Die Person war ein Zwanzigjähriger Junge mit knallroten Haaren. Seine Gesichtszüge waren wutverzerrt und in seinen Augen lag ein irres Funkeln. War es möglich, dass er ein Nachfahre von Garry war? Er kam zielstrebig auf mich zu. Misstrauen kroch in mir hoch. Plötzlich packte er mich am Hals und drückte fest zu. Erschrocken kniff ich meine Augen etwas zusammen. Ich wurde von meinem Sessel hochgehoben und an die Wand gepresst. „Warum hast du ihn umgebracht?!", schrie er mich an. Im nächsten Moment spürte ich eine Faust in meiner Magengrube. Keuchend schnappte ich nach Luft. „Lass sie los!", brüllte Alex. Im nächsten Moment schlug er meinem Angreifer ins Gesicht. Dieser ließ mich erschrocken los und entfernte sich ein paar Schritte von mir. Etwas kroch meinen Hals nach oben. Ich hielt mir meinen Bauch und ging hastig zum Waschbecken. Hustend beugte ich mich über dieses. Ein Schwall Blut schoss aus meinem Mund und landete im Waschbecken. Röchelnd schnappte ich nach Luft. „Es tut mir leid, ich habe noch nie jemanden geschlagen", stotterte der Junge geschockt. „Lutsch dir deinen Schwanz nicht, dass warst nicht du!", knurrte ich. Langsam wischte ich mit meinem Handrücken über meinen Mund und wusch mir das Blut unter dem Wasserhahn wieder ab. Unzufrieden wischte ich mir das Wasser an meiner Hose ab. Meine Seele wehrte sich gegen diesen Körper mehr als es gut für mich war. „Fangen wir doch noch einmal von vorne an, ich bin Roxy und wer bist du?", erwiderte ich. „Ich bin Casper Garry", antwortete er mir geschockt. Meine Augen verengten sich zu Schlitzen. „Vor die Tür!", befahl ich leise. Unsicher setzte er sich in Bewegung. Langsam folgte ich ihm in den Gang. Alex warf mir einen unsicheren Blick zu während ich die Tür hinter mir schloss. „Was willst du hier?!", fuhr ich den Nachfahren an. „Du hast meinen Vater umgebracht!", erholte er sich langsam wieder von seinem Schock. „Einen Scheiß habe ich!", erwiderte ich wütend. „Du bist der einzige Drache, der noch lebt!", schnauzte er: „Und er wurde eindeutig von Krallen zerfetzt." Hastig krempelte ich meinen linken Ärmel nach oben und zeigte ihm das Tattoo. „Es ist noch da!", brüllte ich: „Außerdem würde ich den Vertrag wegen Ben niemals brechen!" Überrascht schaute er mich an. „Ben?", fragte er: „Ein Typ mit dem Namen ist in unserem Kerker. Seit ich ein kleiner Junge bin, er hat sich nicht verändert" Alles in mir schaltete um. Blitzschnell packte ich ihm am Hals und drückte ihn gegen die Tür. Als er schluckte bewegte sich seine Kehle unter meiner Handfläche. „Wo ist er?!", schrie ich ihn an. Ich lehnte etwas gegen ihn. Plötzlich öffnete sich die Tür. Ich sah, dass seine Hand auf der Türklinke ruhte und stolperte ein paar Schritte nach vorne. Nun konnte meine gesamte Klasse sehen, wie ich den Jungen in der Luft hielt. „Ich frage dich nicht noch einmal", raunte ich ihm leise zu: „Ich habe schon mehr Leute wegen unwichtigeren Sachen vor mehr Zeugen umgebracht." Seine Pupillen weiteten sich unsicher. Keuchend gab er eine Adresse von sich. „Wenn ich herausfinde, dass du mich angelogen hast bringe ich dich um!", schwor ich ihm ernst bevor ich ihn auf den Boden fallen ließ. Röchelnd schnappte er nach Luft, um seine Lungen wieder mit solcher zu füllen. Rasend wandte ich mich von ihm ab. Selbstsicher schnappte ich mir meine Schere und legte sie geöffnet an das Tattoo meines Oberarms. Schnell zog ich sie durch meine Haut. Mit einem widerlichen Klatschen fiel das Stück Haut auf den Fußboden. Hastig krempelte ich den anderen Ärmel nach oben und legte die geöffnete Schere an das andere Tattoo. Schnell zog ich diese durch meine Haut. Mein Körper begann zu kribbeln und sich wieder zurück zu verwandeln. Schließlich hatte ich wieder mein altes Aussehen. Stöhnend streckte ich mich. Meine Gelenke knackten laut. „Deine Familie hat den Vertrag gebrochen", sagte ich leise: „Ich hoffe du weißt, was das bedeutet."

Mein Leben als HalbdrachinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt