Kapitel 13

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„Kampf oder Flucht?", fragte ich ihn leise mit belegter Stimme. Ich sah, wie er die Möglichkeiten abwog. „Kampf", knurrte er leise. „Was redet ihr da?!", schrie Rotzbacke. „Du bleibst in Sicherheit und ich töte ihn", meinte ich bestimmt. „Warum sollst du allein den Spaß haben?", fragte er beleidigt. Bedeutungsvoll schaute ich ihm fest in die Augen. „Du hast mich überzeugt", murrte er unzufrieden und wandte den Blick ab. „Sagt uns jetzt sofort, was ihr meint!", rief Astrid. Ich warf ihr einen abschätzigen Blick zu und fauchte: „Ich schulde euch nichts mehr!", bevor ich mich wieder voll und ganz Ben widmete. „Was denkst du, hat er alles dabei?", fragte ich ihn. „Ich tippe auf seine zehn Spezialschiffe, jedes mit diesen neuen Pfeilen, drachensicheren Ketten und Netzen und fünfhundert Kriegern", meinte er gedankenverloren. „Das schaffe ich aber Heidrun könnte zu einem Problem werden", erwiderte ich: „Ich bin zwar stärker aber ihre Taktik und ihre Verbindung zu Windfang ist wirklich gut." Die Drachenreiter haben mittlerweile begriffen, dass wir ihnen nicht antworten werden, weshalb sie einfach nur schwiegen und lauschten. Ich entfernte mich ein paar Schritte von der Treppe und ging auf und ab. Ich vergrub meine Hände in meinen dichten Haaren. Wenn ich Garry wirklich besiegte könnten Ben und ich weiterziehen, ohne über unsere Schulter schauen zu müssen aber war es das Risiko wirklich wert? Fest kniff ich meine Augen aufeinander und presste meine Handballen auf meine Schläfen. Knurrend krümmte ich mich. Was war stärker, mein Wille mit Ben sicherlich weiterziehen zu können oder mein Rachedurst? Ich rang mit mir. „Wir könnten auch einfach von der Bildfläche verschwinden, ich kenne dort einen geheimen Ort, den er sicherlich nicht finden wird", schlug ich unsicher vor und schaute ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Er legte seinen Kopf schief und überlegte. „Das ist unsere Chance uns an ihm zu rächen", meinte Ben langezogen. „Ja, aber ich will nicht, dass er dich irgendwie in seine Fänge bekommt! Allein müsste ich nicht auf dich aufpassen aber mit dir muss ich immer auf dich achtgeben.", murrte ich mit gefletschten Zähnen. „Du musst dich nicht um mich kümmern, ich komme gut allein klar", erwiderte er bissig. Verärgert verschränkte ich meine Arme vor der Brust und verzog meine Lippen. „Tja, du würdest ohne mich wahrscheinlich gegen Garry verlieren!", knurrte ich. „Ich war in fast genauso vielen Kämpfen wie du!", behauptete er. Ein freudloses Lachen entwich meiner Kehle: „Woher willst du das wissen, du weißt nicht einmal, wie alt ich wirklich bin! Hast du dir schon einmal meinen Körper genau angesehen?! Ich habe schon mehr gekämpft als du es dir vorstellen kannst!" „Ja, gestern Nacht! Ich weiß, dass du sehr viel aushältst, du wurdest vor allen Kriegern mit der einen Peitsche von Henry ausgepeitscht! Jeder andere wäre nach dem ersten Hieb einfach umgefallen aber du hast nicht eine Träne vergossen obwohl es einen ganzen Tag und eine Nacht lang gedauert hat aber das heißt nicht, dass ich nicht gegen Garry ankomme!" Mit wütend funkelnden Augen schaute ich ihn an und er erwiderte meinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. Man konnte die Funken förmlich sehen. Wir beide waren stur, weshalb wahrscheinlich keiner von uns beiden jemals nachgeben wird. Wir starrten uns einfach nur an, ohne ein Wort zu sagen. Nach einer Weile räusperte sich einer der Reiter. Sofort zuckte sowohl mein als auch sein Blick zu Taffnuss, welcher: „Habe ich das jetzt richtig verstanden, die Schiffe in der Nähe unserer Insel gehören einem Feind von euch und ihr streitet euch gerade, ob Arya ihn vernichtet oder nicht? Der Streit ist ziemlich dumm", sagte. Langsam wandten wir uns wieder einander zu und schauten uns reuevoll an. „Weg hier?", fragte ich ihn. Ruhig nickte er. „Ihr geht nirgendwo hin!", behauptete Astrid selbstsicher: „Ihr habt eine Armee zu uns gelockt!" Mit verzogenen Gesichtszügen wandte ich mich ihr zu: „Garry weiß nicht, dass Hicks der Nachtschattenjunge ist oder dass ihr mir Unterschlupf gewährt habt. Heidrun wird nichts verraten, weil er sie sonst bis zum Tod auspeitschen wird und ich werde an ihnen vorbeifliegen, damit sie mir folgen und euch vergessen. Wenn ihr nicht auf die idiotische Idee kommt und ihm euch als Drachenreiter vorstellt werdet ihr ihn nie wiedersehen, außer Heidrun hält doch nicht dicht." Schnaubend schüttelte ich meinen Kopf und trat ein paar Schritte auf die Tür zu. „Warte!", hörte ich auf einmal in der Drachenzunge. Mit zusammengekniffenen Augenbrauen drehte ich mich wieder um. Ich sah, dass Hicks Augen zu strahlend grünen Nachtschattenaugen geworden waren. „Lass mich nicht allein!", flehte Nightmare: „Du bist der Einzige andere Nachtschatten hier." Mitleidig schaute ich ihn an. Astrid war zu geschockt, um ihn durch ihre und Hicks Bindung wieder unter die Oberfläche zu befehligen. „Ich weiß, dass es schwer ist aber du weißt, wie stark die Bindung ist", erwiderte ich bedauernd: „Nicht einmal ich kann etwas gegen diese tun." „Böser Drache", brachte die Wikingerin schließlich keuchend hervor. Nights Augen glänzten traurig bevor sie sich wieder verfärbten. Seufzend wandte ich mich von ihm ab, ich musste mit Ben hier weg. Erschöpft packte ich ihn im vorbeigehen am Arm und zog ihn mit zur Haustür. „Auf nimmer wiedersehen!", knurrte ich über meine Schulter bevor ich die Tür schwungvoll aufriss. Kühle Morgenluft erwartete mich draußen. Ohne noch ein letztes Mal nach hinten zu schauen stellte ich mir meine Drachenform vor. Ein angenehmes Kribbeln fuhr durch meinen Körper bevor. Kurz darauf hatte ich mich vollständig verwandelt und befand mich auf vier statt zwei Füßen. Meine kalten Schuppen schützten meine ledrige Haut. Mit meinem Kopf deutete ich auf meinen Rücken. Zögernd hielt Ben einen Moment lang Inne bevor er sich zu meinem Vorderbein stellte und damit aus meinem Sichtfeld verschwand. Ich spürte sein Gewicht in meinem Nacken. Er machte es sich bequem und schlang seine Arme um meinen Hals. Er presste seine Beine an meine Flanke, um noch mehr Halt zu haben. Nach einer Weile rührte er sich nicht mehr. „Ich bin bereit", hauchte er mir leise ins Ohr. Knapp nickte ich.

Mein Leben als HalbdrachinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt