4) write a letter to someone:

27 2 6
                                    

Trigger Warnung: Suizid

Liebe Isie,
wenn du das hier liest, bin ich tot.
Es ist nicht deine Schuld! Ich weiss, dass du das denken wirst, aber es ist nicht deine Schuld!
Du hast mich lange am Leben gehalten. Ich verdanke dir, sowie Lara, Ju-eun und Jojo mein Leben, doch jetzt kann ich einfach nicht mehr.
Ich bin müde, müde vom Leben! Ich möchte nicht mehr weiter kämpfen, ich möchte einfach aufgeben!

Bitte leb weiter! Das sollt ihr Alle! Ich wünsche mir nichts mehr, als das ihr weiterlebt. Ihr sollt das Leben genießen, denn es ist schön!

Ich danke dir. Ich danke dir für alles, dafür, dass ich dich auch mitten in der Nacht anschreiben konnte und du mich verstanden hast. Dafür, dass du mir so viel Kraft gegeben hast. Dafür, dass du mich zum Lachen gebracht hast. Dafür, dass du mich und meine komischen Ticks ertragen hast.
Dafür, dass du einfach da warst!

Du wirst in dem Umschlag noch einen weiteren finden. Er ist an meine Mutter adressiert, doch du darfst ihn lesen, du und die anderen. Ihr sollt entscheiden, ob ihr ihn meiner Mutter gebt. In dem Brief sage ich, was ich so lange sagen wollte, es aber nie getan habe weil es nie an die Oberfläche gekommen ist, was ich die ganze Zeit in mich hineingefressen habe. In dem Brief steht, wie sie mich getötet hat.

Irgendwie möchte ich, dass sie weiss, was sie getan hat, aber niemand verdient es, mit der Schuld jemanden getötet zu haben, zu leben!

Isie! Leb' deinen Traum! Höre niemals auf zu tanzen! Ich weiss, du würdest mir jetzt widersprechen, aber es ist tanzen. Bitte sei weiterhin so kreativ und bitte fotografiere weiter! Ich glaube sogar, dass das ein guter Beruf für dich wäre, aber es ist deine Entscheidung. Hör weiterhin Musik, denn du hast einen verdammt guten Musikgeschmack! Und bitte schreib. Schreib bis zum Ende deines Lebens, denn du kannst das echt gut!

Du musst nichts von dem machen, was ich geschrieben habe, aber ich würde es mir wünschen.

Wie schon gesagt, es ist nicht deinen Schuld! Und leb!

Es tut mir leid!
Viele Geüße: Klara.

Ich wischte mir die Tränen aus den Augen. Ich war fertig, ich hatte Alles gesagt, was ich noch sagen wollte. Ich faltet das Stück Papier und steckte es in den Umschlag, in dem sich schon der andere Umschlag, mit dem Namen meiner Mutter befand.

Ich wandte mich leicht nach rechts, wo der Stapel an Briefen stand. Ich ging sie durch.
Der an meine Mutter, in dem ich nichts erklärte, sondern einfach nur die Formalitäten klärte, dass es eine Verabschiedung geben sollte, dass ich in einem Sarg beerdigt werden wollte und sie bei dieser Entscheidung rein gar nichts mit zu reden hatte, welche Musik gespielt werden sollte und wie mein Grabstein aussehen sollte.

Ich las die Namen auf den Umschlägen:
Johanna, 9b
Sophia,
Wednesday-Afternoon,
BJSO(das Orchester, in dem ich spiele)
Jens,
Tim,
die Klasse 8b,
Jojo,
Madita,
Lara,
Ju-eun
und ganz oben, der letzte, der für Isie.

Ich schob die weißen Umschläge in die Mitte meines Schreibtische, wo sie gut sichtbar waren.

Ich guckte ein letztes Mal auf mein sorgfältig gemachtes Bett, auf dessen Kopfkissen mein Handy lag. Und verließ das Haus.

Ich zog mir die Kapuze meines Hoodys über meinen Kopf, dadurch fühlte ich mich immer geborgener.
Ich hatte absichtlich keine Jacke mitgenommen. Ich ging zum Hbf und wartete auf meinen Zug um nach Köln zu fahren.
Ungefähr auf der Hälfte des Weges fing es an zu regnen. Ich liebte Regen und es war schön, ihn ein letztes Mal auf mir, in meinen Haaren und an meinen Klamotten zu spüren.
Beim Bahnhof angekommen hätte ich mich unterstellen können, doch ich tat es nicht, sondern drehte mich langsam im Regen.
Ich erinnerte mich daran, wie Isie und ich zusammen über den Schulhof gesprungen waren, als es geregnet hatte. Ich hatte mich frei gefühlt, zum ersten und letzten Mal.

Einige Minuten später kam mein Zug nach Köln. Ich stieg ein und der Zug setzte sich in Bewegung.

Als ich angekommen war und auf dem Bahnhof stand drehte ich mich kurz um mich selbst, um Orientierung zu bekommen, hier waren wesentlich mehr Leute am Bahnsteig, als bei mir zu Hause.
Nach einiger Zeit ging ich in Richtung der Treppen und stieg sie hinab.

Ich war wie in Trance, als ich zur Hohenzollernbrücke ging.
Von dort wollte ich springen.

Nach einiger Zeit stand ich am Geländer und spürte das kalte Metall unter meinen Fingern. Ich blickte auf All die Liebesschlösser, die dort angebracht waren. Ich guckte ein letztes Mal gen Himmel und spürte die sanften Regentropfen in mein Gesicht fallen.

Ich kletterte langsam über das Geländer und blickte nach unten. Auf das Wasser des Rheins.
,,Danke für die Zeit! Bis bald!" flüsterte ich mit Tränen in den Augen, als ich das Geländer los ließ.
Ich kippte langsam nach vorne und viel.

Ich fühlte mich frei, gelöst von All meinen Problemen. Ein leichtes Lächeln lag auf meinen Lippen, bis ich im Wasser verschwand.

Oneshots/TexteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt