9) Lost at sea:

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Ich war gefangen. Verloren.
Das einzige, was ich spürte war die Enge um mich herum.
Die Enge die von Allen Seiten auf mich einströmte, mich erdrückt, zu Boden zog und bewegungsunfähig machte.

Ich wollte mich wehren, schlug um mich, versuchte verzweifelt zu entrinnen, doch schaffte es nicht.
Ich wehrte mich mit aller Kraft, stemmte mich gegen diese erdrückende Masse, doch brach im Endeffekt nur zusammen.
Ich war gescheitert, wieder einmal.

Das Meer aus Wörtern, in denen ich mich verlor nahm einfach kein Ende.
Vorwürfe, Ängste, Erinnerungen, Alles strömte auf mich ein.

Ich konnte nicht entkommen, weil ich einfach nicht aus meinem Kopf fliehen konnte!

Ich dachte schon wieder an so viele Situationen, in denen ich Alles, einfach Alles kaputt gemacht hatte.
Ich hatte geredet, meine Meinung gesagt. In diesem einen Moment hatte ich all meinen Gefühlen Kraft verliehen, sie in Worte verpackt, damit mein Gegenüber sie verstehen konnte. Ich hatte meine Angst, meine Wut, meinen Selbsthass und meinen gesamten Hass auf sie und die ganze Welt heraus geschrien!

Ein Mal. Ein einziges Mal war ich laut gewesen, hatte nicht mehr zurückhaltend gelächelt und genickt.
Es hatte sich gut angefühlt, so verdammt gut, aber als ich aufgehört hatte, weil mir, wie früher so oft, die Worte gefehlt hatten war der Selbsthass zurück, so stark wie noch nie. Innerlich hatte ich weiter geschrien und getobt, aber nicht wegen des Systems der Gesellschaft, sondern wegen mir.

Es erfasste mich eine weitere Welle an Worten, an aneinandergereihten Buchstaben, die meinen Gedanken, meinen Gefühlen, mir als Person aber einfach keinen Ausdruck verleihen konnten.
Ich könnte sie niemals so hervorbringen, dass sie für andere einen Sinn ergeben würden. Nie.

Also blieb ich stumm, sagte gar nichts mehr. Die Worte, die mir früher so oft gefehlt hatten explodierten nun erneut in meinem Kopf.

Ich war gefangen. Verloren.
In die Enge gedrückt.
Ich war verloren in meinen eigenen Anschuldigungen und Vorwürfen.
Ich war gefangen in meinem Kopf.
Ich war verloren in einem Meer aus Wörtern.

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