Nur ein bisschen queer...

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Ich hasste meinen Job. Er war so unerträglich langweilig und so weit entfernt von meiner ursprünglichen Vorstellung davon, dass es mir peinlich war, einzugestehen, dass ich mir dringend einen anderen Beruf suchen sollte.

Doch ich war Grafikdesigner. DAS war doch etwas! Man kam viel rum, lernte viele tolle Menschen kennen, konnte Werbung machen und würde einen Haufen Kohle verdienen. Achso, das war Sarkasmus!

Die Realität sah leider anders aus. Ich saß in einen von diesen beschissenen Großraumbüros und durfte Fotos für unendlich dicke Kataloge vorbereiten. Es kann sich niemand vorstellen, wie viel Arbeit in so einem Katalog steckt, den wir ständig ohne nachzudenken direkt in den Papiermüll stecken.

Müsste ich noch einen Pfad ziehen, um eine blöde Tomate freizustellen, würde ich direkt einschlafen oder vielleicht Amok laufen. Nein, damit macht mach keine Witze. Aber vielleicht nur ein kleiner hysterischer Anfall? Ach, ich bin ja nicht so ein Weib.

Doch bevor ich mir noch mehr kreative Gedanken über spontane Statements in puncto Arbeits(un)zufriedenheit machen konnte, erschien er plötzlich in der Tür.

Diese fünf Minuten, in denen der Snack-Typ in unsere Etage kam, waren wie ein kleiner (ziemlich schmutziger) Urlaub. Da ich leider seinen Namen noch nicht in Erfahrung bringen konnte, nenne ich ihn liebevoll Sexy. Manchmal auch Mr. Very Sexy.

Ok, zugegeben, der Name ist wenig kreativ und ich sollte es besser können. Doch ihr müsst entschuldigen, mein Blut steckt meist in südlichen Gefilden, wenn ich ihn sehe.

Mein Sketchbuch war voll von erotischen Fantasien mit Mr. Very Very Sexy. Seine weichen Lippen. Seine Hände. Sein wunderbarer Hintern. Wie er unter mir liegt, sein Gesicht in süßen Qualen verzogen. Er vor mir auf allen Vieren...

„Hi, wie geht's dir?" Plötzlich war Mister Otchen Krasiwui (ja, russisch kann ich auch) direkt vor mir und lächelte mich mit seinen braunen Augen und diesem verdammt heißen Dreitagebart an. Fuck! Tief durchatmen! Keine Panik. Du schaffst das!

‚Wenn ich dich sehe, gleich viel besser, Süßer!' Das hätte ich wohl sagen sollen. Was jedoch tatsächlich aus meinem Mund kam, war etwas anderes: „Gut. Super. Nein, eigentlich schlaf ich gleich ein!" Er grinste und legte meine Bestellung auf meinen Tisch. Mit einer Hand tastete ich nach dem Scheck, dem ich ihm für seine Dienste schuldete. Doch meine Augen waren noch immer von seinem lächelnden Gesicht gebannt und so tastete ich ohne hinzusehen auf meinem Schreibtisch herum.

Er erzählte mir etwas, doch leider konnte ich nur auf seine wunderbaren Lippen schauen. Damit war mein Arbeitsspeicher vollständig ausgelastet. Immerhin lächelte er, also benahm ich mich gerade nicht peinlich oder gruselig, das war gut zu wissen.

Ich reichte ihm den Scheck und ich wette mit euch, dass er mit Absicht dabei meine Hand gestreift hatte. Das war nicht das Erste Mal, aber jedesmal durchfuhr es mich heiß und ich hoffte, dass mich mein Gesicht nicht verraten würde. Es war nämlich viel zu oft ein ziemlich mieser Verräter.

Dann musste mein zukünftiger Ehemann leider schon gehen und ich genoss noch ein wenig seine rückwärtige Ansicht. Meine Gedanken müsste ich für euch jetzt zensieren, denn sie sind überhaupt nicht mehr jugendfrei.

"Hey Sam, kannst du bitte mal deinen Sabber aufwischen!" riss mich eine mir leider zu bekannte Stimme aus meinen feuchten Träumen.

Ich warf mit einer Packung Taschentücher nach dem fiesen Sprecher, der leider - warum auch immer - mein Lieblingskollege war. Es konnte daran liegen, dass alle anderen eher suboptimal mit passenden charakterlichen Eigenschaften ausgestattet waren. Oder war ich hier der Arsch? Für diese Überlegung wollte ich mir immer mal Zeit nehmen.

Offensichtlich war Theo der Arsch, aber ich liebte ihn. Also wie einen Bruder. Aber ohne Inzest! Wir waren schließlich nicht in Game of Thrones.

Theo also, mein bester Freund, war durch ein bösartiges Schicksal ebenfalls an den schrecklichsten Job der Welt gebunden. Aber er war wohl der Grund, warum ich meine 'gewaltsamen Umgestaltungs'-Fantasien noch nicht in die Realität umgesetzt hatte.

Wir hatten den gleichen Humor und teilten einige Nerd-Hobbies.

"Erde an Sam! Er entspricht nicht deinem Beuteschema! Ich wette mit dir um deine Konsole. Hör endlich auf zu träumen. Das ist peinlich."

"Du bist so ein Arsch. Lass mich doch wenigstens träumen! Und überhaupt, wann wurdest du das letzte Mal flachgelegt, hm?"

"Nicht das Thema wechseln! Du bist doch hier notgeil und kannst dich den ganzen Tag jetzt nicht mehr konzentrieren."

Ich zeigte ihm meinen Lieblingsfinger, drehte mich wieder zu meinem Schreibtisch um und widmete mich meinem Essen und ein wenig hochgeistiger Fan-Fiction Literatur auf meinem Handy.

Der Rest des Tages reihte sich in die Tristesse des Vormittags ein und als ich schließlich zu Hause war, war ich vor lauter Langeweile so geschafft und müde, dass ich nur noch schlafen wollte.

Ich war gerade dabei mir Kerzen anzuzünden, damit die Stimmung für den abendlichen Pornos passte. Oh, wartet: Autokorrekt! Ich war natürlich gerade dabei meinen Dildo auszusuchen. Was soll ich mit Kerzen? Obwohl...

Das sollte also der zweite Höhepunkt meines Tages werden - erbärmlich, ich weiß.

Ich legte mich also auf's Bett und lud auf meinem Tablet meinen Lieblingsporno. Die beiden Typen waren so unglaublich heiß und leidenschaftlich. Ich würde jede Sekunde mit ihnen genießen. Also legte ich los. Heute war mein liebster Analdildo dran. Details kosten extra. Ich genoss die Vibrationen und das geile Liebesspiel der beiden Hunks. Was würde ich dafür tun, jetzt einer der beiden Kerle zu sein. Am besten oben...

Plötzlich piepte mein Handy und ich fiel vor Schreck fast vom Bett. WTF? Ein Anruf wäre noch besser gewesen, dachte ich voll triefendem Sarkasmus.

Da ich mich vorher eh nicht konzentrieren könnte, nahm ich fluchend mein Handy vom Nachttisch und schaute nach, wer auf meiner Killlist ganz nach oben gerutscht war.

Unbekannte Nummer! Wenn das jetzt auch noch Spam war... Ich wollte die Nachricht schon fast löschen, doch las ich sie zufällig doch und hielt spontan den Atem an.

"Ich hoffe, hier ist der Dauerabonnent von Käsebrötchen mit Remoulade und Ei und kein Fremder/Psycho...?"

Das war der Snack-Typ!!!
Woher hat er...?

"Falls hier Tisch 17 ist, du schuldest mir noch meinen wöchentlichen Scheck."

Fuck! Hab ich die Zettel vertauscht? Warum kann ich mir auch nicht meine eigene Telefonnummer merken!
Was soll ich schreiben?

Just A Little QueerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt