Kapitel 18

295 9 0
                                    

Ich packte langsam meine Sachen zusammen und lief als alle Schüler aus dem Klassenraum gegangen waren, nach vorne an den Plut, wo Stefan gerade seine Unterlagen einsteckte. Ohne mich anzusehen, klatschte er ein Blatt auf den Tisch und wollte dann einfach gehen. Ich zog ihm am Arm zurück und fragte eindringlich: "Was ist heute mit dir los? Ich mache mir Sorgen um dich." Schnaubend riss er sich los und antwortete wütend: "Denk mal scharf nach, vielleicht bekommst du ein besseres Ergebnis als im Test vorhin. Oder überhaupt eins." Unfähig noch irgendwas zu erwidern, sah ich Stefan, der aus dem Raum gestapft war, hinterher. Als die Tür ins Schloss fiel, löste ich mich aus meiner Starre, ging auf direktem Wege aus dem Schulhaus hinaus und wollte über den Schulhof das Schulgelände verlassen, als Nadja mich abfing und fragte: "Wo willst du hin, Lukas? Du hast doch noch BK und Deutsch." Ohne stehen zu bleiben, antwortete ich ihr: " Mir ist gerade nicht so nach Schule. Ich gehe nach Hause." "Ich dachte wirklich, seit du das zweite Mal sitzen geblieben bist, hast du wenigstens etwas dazu gelernt.", rief sie mir hinterher. "Dieses Jahr ist es bisher nur zwei oder drei Mal vorgekommen. Ich hab gelernt!", erwiderte ich schnippisch und setzte meinen Weg fort.

Nachdem ich den ganzen Tag darüber nachgedacht hatte, warum sich Stefan so verhielt, stand ich um kurz vor 20 Uhr vor seiner Wohnungstür. Ich hatte mir vorgenommen mit ihm zu reden, denn so konnte das definitiv nicht weitergehen.
Ich klingelte und kurz darauf wurde die Tür von Stefan's Schwester geöffnet. "Ähm, ist Stefan da?", fragte ich unsicher. "Nein, ich weiß auch nicht wo er ist. Aber ich bin so wie so viel cooler als er, also komm ruhig rein.", antwortete sie und zog die Tür weiter auf, damit ich eintreten konnte. Zögernd lief ich hinein und folgte ihr ins Wohnzimmer. "Setz dich doch. Willst du einen Kaffee?", fragte sie auf halbem Wege in die Küche. "Gerne.", antwortete ich immer noch verwirrt und ließ mich auf der Couch nieder.
Nach kurzer Zeit kam Sofie mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen wieder und gab mir eine der dampfenden Tassen. Als sie sich ebenfalls hingesetzt hatte, fragte sie: "Als, jetzt erzähl mal. Was ist zwischen euch los?" Ich zog verwirrt eine Augenbraue hoch. Woher wusste sie davon? Ich dachte er wäre nicht da. "Stefan kam heute Mittag gereizt nach Hause und ist dann direkt wieder abgehauen. Auf die Frage, was mit ihm los ist, hat er mich nur wütend angeschrien, dass ich ihn in Ruhe lassen soll und jetzt bist du hier. So schwer ist es nicht, darin einen Zusammenhang zu finden.", erklärte sie zu meinem Verständnis. Seufzend lehnte ich mich an die Lehne der Couch und sagte: "Ich weiß selber nicht genau, was mit ihm los ist, da ich bis heute Morgen der Meinung war, dass zwischen uns alles in Ordnung ist. Er war total wütend, hat meine Klasse einen unangekündigten Test schreiben lassen, wobei er am Anfang des Schuljahres meinte, dass er sowas lächerlich finden würde und das nicht auch nur in Erwägung ziehen würde. Außerdem hat er mir, nur weil ich fünf Minuten zu spät gekommen bin und mich verschluckt habe und husten musste, eine Strafarbeit aufgedrückt. Als ich nach der Stunde die Strafarbeit hohlen wollte und ihn gefragt habe, was mit ihm los ist, hat er total eingeschnappt reagiert und gesagt, dass ich selber auf die Antwort kommen soll, wenn das, nach dem schlechten Test, überhaupt im Rahmen des Möglichen läge." "Wow, ich hab noch nie erlebt, dass er sich so scheiße verhalten hat.", erwiderte sie auf meine Erzählung und starrte gedankenverloren in ihre Tasse. "Aber wenn ich mich richtig erinnere, hat er schon am Samstag angefangen sich seltsam zu verhalten. Als ich am Abend vom Dreh zurück gekommen bin, hat er einfach in seinem Bett gelegen und vor sich hingestarrt. Er war gar nicht ansprechbar und auch am Sonntag ist er fast nicht aus seinem Zimmer gekommen. Er meinte er müsste den Unterricht für die nächste Woche vorbereiten. Aber am Mittwoch davor hatte er gesagt, dass er den Unterricht bis einschließlich Freitag schon vorbereitet hätte.", erzählte sie mir. Also hat es, wie ich vermutet hatte, mit dem Kommentar von Nadja zu tun. Dachte er wirklich, dass er für mich nur ein One-Night-Stand war? Das würde zumindest den Kommentar, während des Tests, erklären. Der war wohl zum größten Teil auf meine ungemachten Haare bezogen. "Es könnte sein, dass er sich so verhält, weil er denkt, dass er nur ein One-Night-Stand für mich ist.", murmelte ich leise. Sofie sah mich verwirrt an und fragte: "Warum sollte er das denken?" "Als ich am Samstag hier war, hat meine beste Freundin angerufen und mich an ein Treffen mit ihr erinnert. Sie war wütend und hat gesagt, dass es ihr egal sei, ob ich eins meiner zahlreichen One-Night-Stands hatte. Das hat Stefan, dank ihrer lauten Stimme, mitbekommen.", antwortet ich. "Ist es denn wahr?", fragte sich. "Was?" "Ist Stefan nur ein One-Night-Stands für dich?" "Nein, natürlich nicht. Glaubst du, ich wäre sonst hier?", fragte ich entgeistert. Sie zuckte lediglich mit ihren Schultern und fragte, ob ich ihm das auch gesagt hatte. Ich nickte daraufhin nur. Nach einer kurzen Stille sagte Sofie: "Die Stimmung ist für meinen Geschmack viel zu bedrückt. Lass uns über etwas anderes reden. Wie kommt es, dass du so einen guten Sinn für Mode hast, während mein Bruder, auf gut Deutsch, darauf scheißt." Ein Grinsen bildete sich auf meinem Gesicht. Sie wusste wirklich, wie man schlechte Stimmungen auflockerte.

LukanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt