Ich schloss die Tür meiner Wohnung, die ich mir mit meiner Schwester teile auf und lief verwundert hinein. Es war still, zu still. Normalerweise hörte man Sofie schon vor der Wohnung, denn sie konnte nicht still sitzen und musste sich irgendwie beschäftigen. Somit sang sie, telefonierte sie oder hörte Musik und das den ganzen Tag. Manchmal war das echt nervig, aber ich hatte mich daran gewöhnt und so war es sehr seltsam, wenn es in der Wohnung ruhig war. Nachdem ich die Tür geschlossen und meine Schuhe und Jacke ausgezogen hatte, rief ich nach Sofie, doch niemand antwortete mir. Wo war sie? Sie hatte mir nicht gesagt, dass sie irgendwo hingeht. Ich sah auf mein Handy, um zu schauen, ob sie mir geschrieben hatte, aber auch das war eine Fehlanzeige. Normalerweise erzählten wir uns immer, wenn wir irgendwo hingehen und daher nicht zur normalen Zeit nach Hause kommen. Die einzige Situation in der es vorkam, dass sie mir nicht sagt, wo sie hingeht, war, wenn sie ein Date hat. Sie ging zwar fast jedes Wochenende in irgendwelche Clubs, aber es kam nicht oft vor, dass sie ein Date hatte, denn normalerweise war sie nicht so der Beziehungsmensch. Ich mochte es zwar nicht, nicht zu wissen, wo sie war, aber sie kann mit ihren zig Kampfsportarten ziemlich gut auf sich selbst aufpassen.
Ich ging in die Küche und fing an irgendwas zu essen zu kochen, bevor ich mich an den Tisch setzte und während dem Essen den Mathetest korrigierte, den ich heute mit einer meiner Klassen geschrieben hatte. Manchmal frage ich mich echt, ob es auf die gleiche Leistung hinauslaufen würde, wenn ich nicht Stunde für Stunde da vorne stehen und versuchen würde, den unglaublich lernbegierigen Schülern die Themen nahezubringen. Einige von den Tests waren nämlich so schlecht, dass ich mich fragte, ob die jeweiligen Personen überhaupt anwesend waren, als ich das Thema erklärt hatte.
Nachdem ich mich mit Mühe und Not durch die Korrektur der Tests gequält hatte, hörte ich die Tür aufgehen und kurz darauf Sofie, die rief: „Hallo, ich bin wieder zuhause." „Und, wie war dein Date?", fragte ich sie mit den Augenbrauen wackelnd, als sie in die Küche lief. Sie wurde etwas rot, sah mich aber nicht an und fragte: „Warum sollte ich auf einem Date gewesen sein?" Ich sah sie grinsend an und erwiderte: „Ach komm, Sofie. Immer wenn du mir nicht sagst, dass du weg gehst, gehst du auf ein Date." Sie schmunzelte und antwortete: „Ja, da ist was dran." „Wie ist er? Oder sie?", fragte ich immer noch grinsend. „Er heißt Jonas und ist der liebenswürdigste Mensch, den ich je kennenlernen durfte. Wir kennen uns vom Dreh. Er spielt dort sozusagen den Bösen.", erzählte sie. "Wie läuft es eigentlich zwischen dir und deinem Schüler?", fragte sie mich dann, um vom Thema abzulenken. Ich strich mir mit den Händen übers Gesicht und antwortete: "Erinnre mich bloß nicht daran.", nuschelte ich. Sofie sah mich verwirrt an und fragte: "Wieso? Ist etwas passiert?" "Nein, also ja, aber nicht in dem Sinne. Es ist einfach nur so kompliziert. Ich meine, er ist mein Schüler und auch wenn er schon 18 ist, habe ich einen Amtseid abgelegt, der es nicht erlaubt eine Beziehung zu einem Schüler, der gleichen Schule, zu haben.", antwortete ich ihr verzweifelt. "Das heißt, ihr führt eine Beziehung?", fragte sie. Ich nickte und sagte: "Ja, also auf jeden Fall glaube ich das. Ich konnte mal wieder nicht auf meine Vernunft hören. Ich bin jetzt schon viel zu abhängig von ihm." "Ach komm Stefan, ihr seid unglaublich süß zusammen, ihr bekommt das schon hin. Amtseid hin oder her.", erwiderte sie grinsend. Ich lächelte ihr zu. Vielleicht hatte sie ja recht und es würde wirklich irgendwie gut ausgehen.

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Lukan
RomansaNach dem Studium begann Stefan seine Lehrerkarriere an einem Gymnasium. Doch dort traf er jemanden, der sein Leben veränderte und ihn zu einer schweren Entscheidung zwang. Wie wird er sich entscheiden? (Das Shipping ist sonst nicht im Internet zu f...