Kapitel 16

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Sie saß unruhig in dem Sprechzimmer und starrte bestimmt zum zwanzigsten Mal auf die Uhr. Wie lange musste man auf einen verdammten Heiler warten, der einen schon untersucht hatte? Wie lange konnten so dumme Laborergebnisse dauern? Zum Teufel nochmal. Sie kam sich ruhelos vor und unter Stress und das, obwohl sie sogar so fleißig war, dass sie einen Tag früher aus New York zurückgekehrt war. Nur um sofort ins Mungo so laufen und beim Heiler der Frauenheilkunde aufzuschlagen. Einen gewissen Professor Dalton, der gut zwanzig Jahre älter als Astoria selbst war. Niemand wusste dass sie schon in England war. Nun fast niemand, bis auf ihre Assistentin -die sich über den zusätzlichen freien Tag gefreut hatte- dem Heiler und deren Sprechstundenhilfe. Der Kerl hatte ihr Blut abgenommen, hatte sie untersucht und jetzt ließ er sie warten in dem verdammten Zimmer. In dem Zimmer, dass ihr deutlich vor Augen hielt, warum sie hier war.

Sie sah eine Tafel mit den diversen Stadien einer Schwangerschaft und dem Wachsen eines Babys. Ein anatomisch genaues Abbild eines Babys in einer Gebärmutter stand auf einem Sideboard und diverse Flyer lagen aus, die unterschiedliche Dinge anpriesen oder darüber informierten. Flyer wie: Magische Bestimmung des Geschlechts vor der zwölften Woche. – Warum Ärzte davon abraten. Oder Vorsorgeuntersuchung in der Schwangerschaft – Ist mein Baby gesund? Ein Flyer ignorierte Astoria energisch und doch hatten sich die Worte darauf in ihr Hirn eingebrannt. Unfruchtbar – Adoption, eine Option? Für sie war das keine Option. Überhaupt nicht. Unfruchtbar zu sein in ihren Kreisen, in einer Ehe, die eigentlich deshalb arrangiert worden war, um den Namen weiterzugeben, war vermutlich genauso schlimm, als mit einem Haufen Schulden und einen zerstörten Ruf dazustehen. Was wen sie unfruchtbar war? Was dann? Würde Draco dann die Scheidung wollen? Die Familie Malfoy die Scheidung wollen, weil Astoria ihre Aufgabe nicht erfüllen konnte? Ihr wurde schlecht bei dem Gedanken.

Sie sah auf, als die Tür aufging und Dalton trat ein. Sein blond-braunes Haar wirkte korrekt gekämmt. Seine ockerfarbenen Augen aufmerksam hinter seiner eckigen Brille. Er wirkte ein wenig beleibt, aber das ließ ihn ehrlich gesagt etwas freundlicher wirken.
„Es tut mir leid, Mrs. Malfoy, dass sie warten mussten.", erklärte er und setzte sich hinter seinen Schreibtisch. „Aber ich wollte mir die Akte ansehen von ihrem Mann." Sie runzelte die Stirn. Von Draco? Wozu? Und hatte er dazu Zugriff? Er sah sie freundlich an und seine Stimme war ruhig, als er sagte. „Ich kann Sie wirklich beruhigen. Mit Ihnen ist alles in bester in Ordnung."
Sie atmete stockend aus. Das waren gute Nachrichten. Aber sie zweifelte sofort daran.
„Aber wieso will es dann nicht klappen?"
Bei Merlin, sie hörte sich wie ein verzogenes Kind an, dass ihren Willen nicht bekam. Vielleicht wurde sie irre?

„Nun, Mrs. Malfoy.", fing Professor Dalton an. „Das kann verschiedene Gründe haben. Sie haben den Verhütungstrank bis jetzt immer regelmäßig genommen und konsumieren ihn erst seit einigen Wochen nicht mehr. Der Schutz könnte immer noch ein wenig aktiv sein."
„Aber andere vergessen ihn einmal und werden gleich schwanger.", widersprach sie und der Mann vor ihr gluckste.
„Das kann vorkommen. Aber glauben Sie mir einfach, es ist mit ihnen alles in Ordnung. Sie sind vollkommen gesund und es spricht nichts dagegen, warum sie nicht schwanger werden sollten." Das war gut, oder nicht? Ja war es. „Sehen Sie, ich kenne Paare, die versuchen es Jahrelang bevor es klappt." Sie hatte keine Jahre Zeit. „Aber Ihre Blutwerte, der Diagnosezauber und die Untersuchung haben nur das gezeigt, was ich schon erwartet habe, dass sie vollkommen gesund sind und fruchtbar." Er öffnete eine Akte. „Und ihr Mann, war vor etwa fünf Jahren auch im Mungo und wurde damals Routinemäßig untersucht und dabei wurde nichts festgestellt beim Diagnosezauber. Sie sind beide gesund und können damit Kinder zeugen."
Ihr wurde etwas leichter um die Brust. Aber nur etwas.

Er zückte seine Feder. „Warum ist es jetzt so wichtig? Bei der letzten Kontrolluntersuchung war Verhütung das wichtigste für Sie."
Sie zuckte die Schultern und blieb von außen gelassen. „Nun, wir denken eben über Nachwuchs nach. Immerhin sind wir jetzt schon fast zwei Jahre verheiratet und... wir wünschen uns ein Baby."
„Verstehe.", sagte er knapp und schien sich etwas zu notieren.
„Wie wäre es mit Aufbauendtränken? Denken Sie ich sollte so etwas nehmen?", hakte sie nach und er schüttelte den Kopf.
„Nein, auf gar keinen Fall."
„Wieso nicht?"
„Mrs. Malfoy, mit solchen Tränken ist nicht zu spaßen, außerdem erhöht sich bei gesunden Frauen die Rate an Fehlgeburten. Lassen Sie bitte die Finger davon." Dann eben nicht. Es war nur... so eine Idee gewesen. „Hören Sie, wichtig ist, dass sie sich beide nicht selbst unter Druck setzen. Gerade dieser Druck verhindert oft die gewünschten Ergebnisse." Das Ergebnis sollte Schwanger heißen. „Ihr Mann und Sie sollten sich wirklich keinen Stress deshalb machen." War das ein Witz? Sie hatte das Gefühl unter Strom zu stehen. „Glauben sie mir, ich bin mir sicher, dass Ihr Mann und sie Kinder haben werden."

Das hoffte sie auch. Sie merkte, dass sie viel ruhiger war wie zu Beginn. Es war alles in Ordnung. Sie war gesund. Es lag also nicht daran, dass sie nicht schwanger war. Sie konnte Kinder kriegen. Das waren doch gute Neuigkeiten. Sie trat ins Haus und es war seltsam leise. Was hatte sie erwartet? Es war Vormittag. Vermutlich wuselte die Köchin in irgendeinen Laden umher und kaufte ein, während die anderen entweder freihatten oder gerade Pause machten. Sie ging nach oben und blieb in ihrer Zimmertür stehen, nur um zu schmunzeln. Die Vorhänge waren noch zugezogen und Draco lag in ihrem Bett. Hatte er sie vermisst? War er deshalb hier und nicht in seinem Zimmer? Sie stellte ihren kleingehexten Koffer, der wie eine Aktentasche wirkte auf den Boden ab, nachdem sie lautlos die Tür geschlossen hatte. Hatte er sich freigenommen? Normalerweise war er um diese Zeit schon längst im Büro.

Sie schlüpfte aus ihren Schuhen und setzte sich vorsichtig auf den Rand des Bettes, nur um sich vorzubeugen und ihn zu küssen. Er blinzelte und sie grinste.
„Guten Morgen, Schlafmütze."
Er rieb sich über seine grauen Augen. „Du bist schon hier? Ich dachte du kommst erst Morgen."
Sie zog eines ihrer Beine aufs Bett. „Ich habe meine Termine abgearbeitet und dachte mir, ich komme früher zurück. Ich habe dich vermisst."
Er grinste. „Ich dich auch." Er griff nach ihrer Hand und verschränkte seine Finger mit ihren. „Was für eine gute Idee."
„Tja, das dachte ich mir auch.", schmunzelte sie und legte den Kopf schief. „Du hast frei?" Er nickte stumm. „Dann lass uns heute etwas Tolles machen, ja?"
Sie schnappte überrascht nach Luft, als er sie ins Bett zog und musste Lachen, als er sich über sie beugte. Er küsste sie auf ihren Hals.
„Wir können machen, was du willst.", säuselte er. „Aber zuerst will ich das hier genießen."









Sie war wieder hier und Draco genoss es momentan, dass sie zusammen an gekuschelt im Bett lagen. Er fühlte sich zufrieden und glücklich.
„Ich bin froh, dass du wieder hier bist.", sagte er ruhig und küsste sie auf die Stirn.
Sie schmunzelte, er spürte es genau.
„Ich auch."
„War es schön in New York?"
„Ja.", antwortete sie und sah zu ihm hoch. „Ambers Tochter ist wirklich niedlich." Er schmunzelte. „Sie ist so winzig und doch so aufgeweckt.", fügte sie hinzu.
„Ich dachte eigentlich, du würdest mir etwas über Designer erzählen und nicht über das Kind von deiner Freundin."
„Ich habe ein schönes Kleid gesehen für den Ball.", fügte sie hinzu und sah zu ihm auf. „Soll ich dir davon erzählen?" Er zwickte sie leicht in die Seite und er atmete geräuschvoll aus, als sie sich auf ihn legte. Haut an Haut. Er spürte, wie ihre Brust gegen seine drückte, als sie atmete. Ihre Augen wirkten dunkel und klar. „Lass uns wegfahren.", schlug sie vor und er zog seine Brauen nach oben.
„Jetzt?"

Sie nickte. „Ja. Warum denn nicht?" Ja warum nicht? „Morgen ist doch schon Freitag. Wir könnten ein langes Wochenende machen. Wir könnten ans Meer fahren. Ins Cottage.", schlug sie vor und er dachte darüber nach.
Drei Tage Cottage, alleine mit ihr? Der Gedanke gefiel ihm unheimlich gut.
„Kannst du dir den freinehmen?"
Sie grinste breit. „Ich war fleißig in New York, Mr. Malfoy. Ich denke, ich kann mir ein paar Tage freinehmen. Wie sieht es mir dir aus?"
„Da ich der Juniorchef bin, denke ich, dass das kein Problem sein wird."
„Wunderbar.", sagte sie knapp und beugte sich vor und küsste ihn sanft auf den Mund.
Ja das war fantastisch.
„Ich muss dir etwas sagen.", fing er an und sie musterte ihn verwirrt.
„Hast du etwas angestellt?"
Er atmete schwer aus. „So könnte man das auch nennen." Sie würde vermutlich ausflippen. „Du wirst vermutlich sauer auf mich sein."

Sie setzte sich auf und er hatte Probleme sich zu konzentrieren, während sie nackt auf ihm saß. Wusste sie eigentlich, wie umwerfend sie war? Natürlich wusste sie das.
„Was ist passiert?"
Er musste es ihr sagen, bevor dieses Arschloch sie darauf ansprach.
„Maxwell versucht mit dir in Kontakt zu treten.", fing er an und sie runzelte die Stirn.
„Wann?"
„Schon seit einigen Wochen. Er... schickt Briefe."
Sie legte den Kopf schief. Schien darüber nachzudenken. „Ich habe keine Briefe bekommen."
Ja das wusste er auch. Das war ja das Problem. Aber er musste es ihr jetzt sagen. Er fürchtete das Maxwell sie spätestens auf den Ball ansprechen würde.
„Das ist der Grund warum ich mit dir reden muss." In ihren Augen regte sich etwas, aber sie sagte nichts. „Ich... habe die Briefe vernichtet.", gestand er leise.
„Draco.", wisperte sie und er legte seine Hände Besitzergreifend auf ihre Hüfte, damit sie nicht ging.

„Ich war wütend auf den Kerl. Wieso schreibt er dir überhaupt?"
„Was schreibt er denn?", wollte sie wissen und er dachte darüber nach.
„Nicht viel. Dass er mit dir reden muss und dich sehen will."
„Oh Draco.", seufzte sie und er sah sie entschuldigend an.
„Es tut mir ja leid. Ich weiß, dass es nicht richtig war. Aber ich kann diesen Schleimbeutel nicht ausstehen." Sie schmunzelte. „Und ich will nicht, dass du dich mit ihm alleine triffst. Mir gefällt das nicht."
Sie legte ihre Hände auf seiner Brust ab. „Ich werde mich mit ihm nicht treffen.", sagte sie leise. „Ich kann ihn auch nicht ausstehen."
„Bist du böse?", fragte er vorsichtig und sie schüttelte den Kopf.
„Nein. Nein aber du musst mir so etwas sagen." Er nickte stumm. Ja, das wusste er. Aber er war nicht gut darin, zu gestehen, dass er einen Fehler gemacht hatte. „Du vertraust mir, oder?", fragte sie vorsichtig und wirkte dabei unsicher.
„Natürlich tu ich das.", versicherte er ihr. „Aber... ich habe einfach Angst, dass dich mir jemand wegnimmt."
Sie war schön und begehrenswert. Er war nicht blind und die anderen Männer waren das auch nicht.

Ihr Blick wurde sanft.
„Keiner nimmt mich dir weg.", sprach sie leise. „Solange du mich nicht wegschickst.", fügte sie leiser hinzu und er setzte sich auf, um sie zu küssen.
Niemals. Er würde sie niemals wegschicken, geschweige hergeben. Sie war seine Frau und das würde sie bleiben. Sie keuchte auf und ihre Finger gruben sich in seine Haare, als er sie fester an sich zog und seine Hände hinabglitten über ihren perfekten Körper. Er war süchtig nach ihr. Begehrte sie. Betete sie an. Liebte sie. Sie küssten sich leidenschaftlich wieder, als er in sie erneut eindrang. Vermutlich würde es erst Nachmittag werden bis sie aufbrachen zum Cottage. Wen sie es überhaupt aus dem Bett schafften.

Hass und Liebe nähren sich von LeidenschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt