Kapitel 6

5.5K 250 16
                                    

Am nächsten Tag fühlte ich mich in der Schule einfach nur unwohl, dabei wusste ich noch nicht einmal wieso.
Das einzige bisher waren wieder dumme Sprüche von Mark und den anderen beiden, aber sodass war ja nichts neues.
Ich konnte mich nicht richtig auf den Unterricht konzentrieren, da ich das Gefühl nicht los wurde von jedem penetrant angestarrt zu werden.

Die Schulglocke kündigte die Pause an, weswegen ich so schnell es ging auf den Pausenhof wollte.
Im Schulflur wurde ich jedoch stark von geschubst.
Ich fiel hin, von hinten erklang lautstarken Gelächter. Ich drehte mich auf den Rücken und erblickte Mark, Niek und Jack die mich angrinsten.
"Oh, ist der arme kleine Krüppel etwa hingefallen", meinte Mark: "Wir sollten ihm aufhelfen, findet ihr nicht jungs?"
"Was wären wir den für Menschen wenn wir es nicht täten?", antwortete Niek gespielt empört. Er kam einen Schritt auf mich zu, nur um 'versehentlich' eine meiner Krücken gegen die Wand zu treten.
"Ups, da ist mir wohl ein Missgeschick passiert", meinte er nur und fing darauf an zu lachen.
Mark, Niek und ein paar umstehenden Schüler fielen mit ein.
Ich hatte Tränen in den Augen, aber ich wollte keine Schwäche zeigen, nicht vor ihnen.
Mühsam schaffte ich es sie zurückzuhalten.
"Los kommt Jungs lasst uns unsere kostbare Zeit nicht länger mit so einem Krüppel verschwenden", sagte Mark bevor er mit seinem Trupp einfach weiterging als wäre nie etwas passiert.
Mir blieb nichts anderes übrig als am Boden zur Wand zu kriechen, um meine Krücke zu holen, damit ich überhaupt aufstehen konnte.
Nach einigen Versuchen stand ich wieder und ging, begleitet von miesen Kommentaren der Schüler, endlich auf den Pausenhof.

Ab da an waren es nicht nur Mark und seine zwei Kumpanen die mich runterzogen, sondern nach und nach auch immer mehr andere Schüler.

Ich beschloss nach der  Schule einen Umweg durch den Wald zu nehmen.
So wie ich es immer tat wenn ich etwas Zeit für mich brauchte.
Es tat gut allein zu sein, nur mit den Vögeln und den Bäumen.
Auf dem Weg nach hause kam ich an einer alten Bank vorbei.
Ich setzte mich und dachte an die letzten Wochen. Ich versuchte mir immer einzureden das es gut war was ich getan hatte. Ich hatte meinem Bruder schließlich das Leben gerettet, aber wieso werde ich dann von jedem verstoßen? Selbst meine Eltern machen den Eindruck als ob sie mich nicht mehr haben wollen.
Trauer überkam mich und ich fing an zu weinen.
Ein lautes Knacken in der nähe ließ mich jedoch aufhorchen.
Ich sah in die Richtung aus der ich vermutete, wo das Knacken herkam, erkannte jedoch nur Blätter und geäst.
Mit den Ärmel wischte ich mir über die Augen. "War wahrscheinlich nur ein Vogel."
Ich lief weiter, wurde jedoch das Gefühl nicht los beobachtet zu werden.
Selbst die Vögel waren auf einmal alle ruhig.
Ich sah öfters über meine Schulter nach hinten, erblickte jedoch nur den Weg.
Das Gefühl verschwand als ich den Wald verließ.

Zuhause angekommen wäre ich am liebsten direkt in mein Zimmer, wurde jedoch von Ben aufgehalten.
Er kam lachend auf mich zugerannt um mich zu umarmen.
Ich musste lächeln während ich mit meiner Hand durch seine Haare fuhr.
Mein Bruder war in dieser schweren Zeit zum wahrscheinlich einzigen Lichtblick in meinem Leben geworden.
"Können wir zusammen spielen?", fragte er mich zuckersüß.
Ich bejahte, also gingen wir also gingen wir in den kleinen Garten hinterm Haus.
Mein Bruder schoß mir fröhlich immer wieder seinen Ball entgegen, während ich als Torwart versuchte die Bälle zu halten. Dabei musste ich mich mit meinen Krücken allerdings nicht so viel Mühe geben.

Nach gut einer Stunde kam Ben wieder auf mich zu. "Kann ich was zu trinken haben, bitte?"
"Okay, komm wir gehen in die Küche"
Ben lief glücklich vor mir her und wir gingen rein in die Küche.
Die Zeit mit Ben war wirklich schön und all die Ängste konnte ich wenigstens für eine Weile vergessen.
Ich gab Ben ein Glas mit Apfelsaft.
"Aber Pass gut auf das du nichts verschüttest." "Ja mach ich."
Der kleine war wirklich goldig.
Doch dann fiel mir etwas auf, nämlich das es  auffällig ruhig war. Meine Eltern sollten eigentlich längst zuhause sein. "Ben, sag mal weißt du wo Mama und Papa sind?"
"Nein. Ich weiß nur das sie vorhin irgendwo hingefallen sind."
Komisch, normalerweise ließen meine Eltern Ben nie lange alleine, aber ich sollte mir darüber keine Gedanken machen, oder?

Gebrochen, Verachtet und Gerettet Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt