Kapitel 48

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Pov. Toby

Seit gut einer Stunde liefen wir nun durch den Wald. Ich konnte es nicht verhindern das mir hin und wieder die verschiedensten Szenarien durch den Kopf schossen, eine schlimmer als die andere. Einmal ein Damien der mich anschrie das ich ihn endlich in Ruhe lassen soll und er mich hassen würde oder ein Damien der zerfetzt und blutend auf dem kalten Boden lag. 
Ich versuchte so gut es ging diese Gedanken zu ignorieren, aber es gelang mir nicht wirklich.

Der Geruch seiner Fährte wurde allmählich stärker, was mich und die anderen dazu veranlasste das Tempo noch etwas zu erhöhen. 
Wenig später blieben wir am Waldrand stehen und blickten hinab auf eine alte Industrieanlage. 
Sie hatte etwas gespenstisches an sich, jedoch konnte ich nicht genau sagen was es war. Im inneren des Gebäudes brannte Licht, welches manchmal anfing zu flackern, und ausnahmslos alle Fenster waren zerbrochen oder eingeschlagen worden. 
Auf dem großen Vorplatz sah man ein paar Autos und einige Raben. Außer unserem Hecheln erfüllte kein einziges Geräusch die dunkle, sternlose Nacht. Keine Grille zirpte, kein raschelndes Unterholz das durch Mäuse aufgewühlt wurde, noch nicht einmal der Ruf einer Eule oder der Wind war zu hören. 
Die Luft schien, trotz dessen das wir bereits Anfang Mai hatten, deutlich kälter geworden zu sein.
Angespannt sahen wir hinunter zu der Anlage von der eine düstere Aura ausging.
~Damiens Fährte führt direkt zu diesem Gebäude. Er kann also nicht weit sein~, teilte ich den anderen per Telekinese mit. 
~Ich hab da ein ganz schlechtes Gefühl bei der Sache. Wir sollten lieber nicht da runter~, warf mein Beta ein.   ~Kommt nicht in Frage. Damien ist Teil unseres Rudels. Aber ich gebe dir Recht, irgendwas ist seltsam an diesem Ort~, gab ich zurück. 

Ich sah ein paar Minuten hinunter in die Talsenke und dachte nach. Dann wandte ich mich wieder meinen Kameraden zu. ~Vielleicht ist das ein Platz an dem sich Jugendliche heimlich treffen wenn sie illegale Sachen machen wollen. Es wäre wohl besser wenn wir zusammen bleiben würden. Wir wissen nicht was da unten auf uns lauert. Und seit wachsam~, erklärte ich ernst. 
Wir folgten der Fährte weiter einen kleinen Trampelpfad entlang hinab ins Tal, bis wir schließlich vor dem alten Zaun standen der das Gebäude und den Vorplatz abzäunte. 
Allerdings hatte der Zaun mehr Löcher als ein Schweizer Käse und es war nicht gerade schwierig einen Eingang zu finden. Kurz bevor wir das Gelände betraten kam uns jedoch ein nur allzu bekannter Geruch in die Nase. Der Geruch von Blut. 

Mein Puls wurde schneller und ich bekam Angst. Waren wir zu spät? Das durfte nicht wahr sein. Ich wollte ihn doch beschützen. Ein eisiger Wind kam auf und ließ mir einen kalten Schauer über den Rücken jagen. Hier unten schien die Luft noch kälter zu sein als oben.
Leise und Aufmerksam schlichen wir über den Hof und versteckten uns im Schatten. Niemand war zu sehen und der Geruch verstärkte sich mit jedem Schritt den wir auf das scheinbare Hauptgebäude zumachten mehr. Unsere Nerven waren alle bis zum zerreißen gespannt und wir waren nervös. Was zum Teufel war hier passiert? 
Die Raben auf dem Platz beobachteten uns leise krächzend und  ich war mir sicher das es diesmal keine Einbildung war. 

Wir schlichen uns an den letzten Autos vorbei, um schließlich vor dem Eingang der großen Halle anzukommen. Wir standen noch im dunkeln und anscheinend wurde der Eingang nicht bewacht, aber das was uns alle schockte war in dem Gebäude. 
Der Boden war Blutgetränkt, überall lagen zahllose Leichen umher, die teilweise gar nicht mehr als solche zu erkennen waren. Die Wände waren mit Blut bespritzt und auf und zwischen den Leichen saßen unzählig viele Raben, die uns gierig anstarrten. 
In der Mitte des Raumes stand jemand, oder etwas das in unsere Richtung sah. 
Mir lief erneut ein kalter Schauer über den Rücken und bei dem Anblick der Leichen drehte sich mir der Magen um und ich musste mich zusammenreißen nicht die Reste meines Mittagessens wieder hoch zu würgen. 
Ein paar meiner Wölfe hatten angefangen zu zittern. Verständlich, von diesem Ding ging eine so starke dunkle Aura aus wie ich sie noch nie zuvor gespürt hatte. Irgendwas sagte mir das ich weglaufen sollte, aber ich konnte nicht.

Die Person fing an auf uns zu zulaufen. Ich knurrte sie an und lief ihr entgegen. Als wir uns jedoch nur noch ein paar Meter voneinander entfernt waren blieb ich abrupt stehen und sah verwirrt auf. Die Person kam mir von Anfang an komisch vor da sie irgend etwas vertrautes an sich hatte, jetzt wusste ich auch wieso. 
~Damien? Bist du das?~, fragte ich verwirrt. Ein tiefes lachen ertönte von ihm und er sah mich seltsam grinsend an.  
"Er gehört jetzt nicht mehr dir", antwortete er mir mit einer Stimme die definitiv nicht seine war. 
Mein Beta und die anderen stellten sich neben ich.  ~Wer bist du? Und was hast du mit Damien gemacht?~, fragte ich ihn nun ernst. 
"Ach wir zwei hatten, eine Art übereinkommen", meinte er gespielt gelangweilt. Mein Beta fing an zu knurren. ~Was ist hier passiert? Warum sind die ganzen Leute hier tot?~, knurrte er ihn an.
"Nanana, wir wollen doch wohl nicht etwa unhöflich werden. Ich habe eurem kleinen, zerbrechlichen Freund nur bei der Sache geholfen für die ihr zu schwach und feige wart", meinte dieses Ding wieder mit einem lächeln.
~Soll das heißen du hast die ganzen Leute hier umgebracht?~, fragte ich weiter. Er fing an zu kichern und dabei leicht den Kopf zu schütteln.  "Nicht umgebracht, geopfert. Und ihr könnt gerne die nächsten sein", meinte er mit einem teuflischen grinsen im Gesicht, während er seine Hände hoch hob, die er die ganze Zeit über hinter seinen Rücken verschränkt hatte.
Doch man konnte nur noch erahnen das es einmal Hände gewesen waren. Sie waren seltsam verformt und anstatt Finger ragten gebogene, spitze Krallen aus dem Fleisch heraus.
Wir fingen alle an zu knurren und fletschten unsere Zähne. 

Plötzlich fing einer unserer Jäger an zu jaulen und als ich zu ihm rüber sah erkannte ich das die Raben, die gerade noch verteilt im Hof gesessen waren, sich alle auf den Wolf gestürzt hatten. Geschockt musste ich mit ansehen wie dem Wolf die Augen aus dem Schädel gepickt wurden und die Raben seine Haut mit ihren Krallen aufrissen. 

Das Gelächter riss mich wieder aus meiner Starre und Wut breitete sich in mir aus als ich wieder zu diesem Ding sah. Selbst die restlichen Raben in der Halle hatten angefangen lauthals zu krächzen, so als ob sie mit lachen würden.
Ich sprang wütend auf ihn zu um ihm den Bauch aufzureißen, aber er wich meinem Angriff im letzten Moment aus und rammte mir seine Klauen in die Flanke. Ich jaulte schmerzerfüllt auf. Die anderen wollten mir helfen, jedoch flogen die Raben die in der Halle saßen nach draußen und stürzten sich auf sie. 
"Hab dich", flüsterte dieses Ding belustigt in mein Ohr, um kurz darauf meine komplette Flanke mit seinen Krallen aufzureißen.  
Ich jaulte wieder auf und taumelte ein paar Schritte zur Seite. Dieser Teufel fing an hysterisch zu lachen und ließ wieder und wieder seine Krallen durch mein Fleisch fahren, bis ich schließlich schwer atmend am Boden lag. Mit einer stetig größer werdenden Blutlache um mich herum. 
Verschwommen sah ich die verstümmelten Leichen meiner Freunde am Boden. Ein letztes mal hörte ich das kichern von diesem Teufel, bevor er mir zuflüsterte: "Schlaf gut."
Das letzte was ich spürte waren die kalten Tropfen die den Regen ankündigten.



Gebrochen, Verachtet und Gerettet Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt