6) 7 Minuten im Himmel

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Es lief immer noch laute Musik im Saal des Gemeinschaftszentrums, auch wenn sich mittlerweile die meisten Leute von der Party verabschiedet hatten. Doch diejenigen, die für Bellamy zählten, waren noch da: Raven, Octavia, Marcus und Abby, Jackson und Miller sowie die ursprünglichen Grounder Emory, Echo und zu guter Letzt Indra mit ihrer Tochter Gaia.
Selbst Madi war zu dieser späten Stunde noch auf den Beinen und sie schien kein Bisschen müde. Bellamy hatte das Mädchen noch nie so gelöst und vor sich hin kichernd gesehen. Endlich durfte sie ein ganz normaler Teenager sein. Emory tanzte mit ihr; sie hielten einander bei den Händen und drehten sich mit ausgestreckten Armen wild im Kreis herum. Das Lachen der beiden hallte durch den Raum und Bellamy ging das Herz auf. Ja, die Überlebenden von Praimfaya hatten wirklich viel nachzuholen, was das normale Leben anging.

Murphy und Jordan begaben sich zur Bar, an der es sich bereits Indra, Octavia und Raven gemütlich gemacht hatten, während die anderen sich auf der Tanzfläche befanden.
Clarke gab ein Räuspern von sich, ehe sie Bellamy mit einer auffordernden Bewegung ihres Kopfes bedeutete, bei dem Gehüpfe mitzumachen.

Jetzt bist du aber arg aufgeschmissen, Kumpel.
Bellamy hatte das Tanzen noch nie gemocht. Seine Bewegungen bei Musik beschränkten sich meist auf ein Wippen des Kopfes oder ein leichtes hin und her Schaukeln des Oberkörpers. Alles andere würde bei ihm – und da war er sich absolut sicher – total bescheuert aussehen. Er wollte nicht riskieren, dass jemand dachte, er hätte Krampfanfälle. Nein, Tanzen war echt nicht sein Ding! Blöderweise sah Clarke ihn so bittend an, dass er es nicht übers Herz brachte, abzulehnen. Vielleicht könnte er ja einfach im Takt auf und ab hüpfen, wie Emory und Madi es taten.
Bellamy verzog das Gesicht. Oh Mann. Das wird peinlich.

Der DJ meinte es jedoch gut mit ihm, denn in diesem Moment wechselte das zuvor rhythmische Lied in ein langsames. Das war perfekt, denn auf die Art würden Bellamys nicht vorhandenen Tanzkünste sicher nicht auffallen.

Auf der Tanzfläche bildeten sich immer mehr Paare. Sogar Murphy liess seinen Becher auf dem Bartresen stehen und schnappte sich stattdessen Emory, die sich lachend an ihn schmiegte.

Bellamy schielte zu Clarke hinüber. Er war sich wegen der farbigen Partylichter nicht sicher, aber wenn er sich nicht täuschte, waren ihre Wangen rot geworden.
Er selbst fühlte sich, als hätte er gerade eine Handvoll lebendiger Schmetterlinge verschluckt, die nun in seinem Magen Amok liefen.
Im selben Moment wandten sie sich einander zu und fingen gleichzeitig an zu reden.
„Möchtest du ..."
„Wir könnten ..."
Lachend stiessen beide die Luft aus.
Bellamy nahm Clarkes Hand, die so viel kleiner und zierlicher war als seine, und führte sie einige Schritte weiter nach vorne, wo sie besser Platz hatten.

Ihr Gesicht schien zu leuchten, während sie lächelnd an ihn herantrat. Bellamy umfasste ihre Hüften und zog Clarke ganz nah an sich. Sie überraschte ihn, indem sie ihre Hände hinter seinem Nacken verschränkte. Ein verträumter Ausdruck trat in ihre Augen, während sie anfing, mit seinen lockigen Haaren zu spielen. Ab und zu glitten ihre Finger langsam über die empfindliche Haut seines Nackens. Bellamy fühlte ihre Berührung in sämtlichen Nervenenden. Er stand unter Strom, seine Haut kribbelte überall, selbst sein Blut schien plötzlich wie elektrisch geladen in den Adern zu knistern.
Ohne dass er die Bewegung bewusst ausgeführt hatte, lag seine Stirn plötzlich an der von Clarke.
Sie hatte die Augen geschlossen, wiegte sich langsam zu der Musik und schien vollkommen im Moment gefangen zu sein.
Bellamys Hand wanderte über ihren Rücken, der dank des grosszügig ausgeschnittenen Kleides praktisch unverhüllt war. Ihre Haut fühlte sich so warm und makellos glatt an. Erfreut registrierte er, wie die wunderschöne Frau in seinen Armen erschauerte. Ausserdem stiess sie einen wohligen Seufzer aus, während sich ihr Griff um seinen Nacken verstärkte. Ihr Atem ging schneller, ebenso ihr Herzschlag, den er gedämpft an seiner Brust spüren konnte.

Das musste ein Traum sein. Oder pure Einbildung. Doch Bellamy gab sich gedanklich eine Ohrfeige, damit er die Dinge wieder klar sah. Es war real: Clarke war hier, bei ihm! Nicht bei dem Schönling von Arzt und auch nicht bei einer anderen Person. Nein, heute – hier und jetzt – war sie bei ihm. Und das Beste daran war, dass sie seine Berührung offenbar genauso genoss wie er ihre.
„Bellamy, ich ...", raunte sie und ihre Lippen streiften dabei sein Ohr.

Ihre Worte blieben unausgesprochen, da in diesem Augenblick eine andere Stimme dazwischenfunkte.
„He ihr zwei – ihr solltet euch jetzt verdrücken! Am besten irgendwohin, wo ich euch nicht unfreiwillig dabei zugucken muss, wie ihr übereinander herfallt", klagte Murphy, und zwar laut genug, dass sich die meisten Köpfe im Raum nach ihnen umdrehten.

Emory boxte ihren Freund empört in den Oberarm.
„John, du Blödmann!"

Spürbar verlegen löste sich Clarke von Bellamy.
„Ich, ähm ... Ich bin durstig, also werde ich jetzt, äh ...", stammelte sie und zeigte mit dem Finger Richtung Bar.

Ehe Bellamy etwas erwidern konnte, ging sie auch schon davon.
Jetzt war es amtlich. Er würde nicht nur ein ernstes Wort mit Murphy reden; er würde ihn umbringen.

Eine zweite Chance (Bellarke FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt