Am nächsten Morgen wurde er aus der Arrestzelle entlassen. Vorher wurde ihm mitgeteilt, dass Cillian ihn wegen des Angriffs angezeigt hatte (was niemanden überraschte) und der Grosse Rat in einigen Tagen über den Fall debattieren würde. Die 32 Mitglieder würden über Bellamys weiteres Schicksal entscheiden.
Er verabschiedete sich von Octavia mit einer Umarmung und ging auf dem kürzesten Weg zu seiner Wohnung. Bellamy fühlte sich schmutzig - und das nicht nur äusserlich, konnte jedoch nicht mehr tun, als sich die Zähne zu putzen und eine lange Dusche zu nehmen.
Gerade als er beschloss, sich hinzulegen und zu versuchen, den versäumten Schlaf nachzuholen (er hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan), klopfte es an der Tür.
Instinktiv spürte er, dass sie es war. Sie musste es sein. Weshalb sonst hatte sich seine Pulsfrequenz gerade verdoppelt? Mit zögerlichen Schritten ging er zum Eingang, wartete einige Sekunden, um sich zu sammeln, tief durchzuatmen und zog dann mit fahrigen Fingern die Tür auf.
Clarke sah so übernächtig aus, wie er sich fühlte. Sie hatte Schatten unter den Augen und ihre Haare sahen aus, als hätte sie sehr oft mit den Finger darin herumgewühlt. Sie stand einfach nur still da und starrte ihn mit unergründlicher Miene an.
Bellamy tat es ihr gleich. Er würde sich weder entschuldigen, noch rechtfertigen. Octavia hatte Recht; er hatte eine Entscheidung getroffen und musste nun mit den Konsequenzen leben. Er würde für seine Taten geradestehen. Was passiert war, konnte er nicht mehr ändern. Also wartete er darauf, dass sie das Wort ergriff. Ihn anschrie, zur Schnecke machte, ihm die Leviten las. Ihn zum Teufel jagte.
All das wäre ihm jedenfalls lieber als ihre momentane passive Haltung. Mit Clarkes Wut konnte er umgehen, aber nicht mit diesem kühlen Schweigen. Geschickt verbarg sie sämtliche Emotionen, er hatte keine Ahnung, was gerade in ihrem Kopf vorging. Er wünschte sich fast, sie würde vortreten und ihn ohrfeigen.
Wäre ja nicht das erste Mal. Geh besser in Deckung.
Langsam hob Clarke das Kinn, die Lippen zu einer festen Linie zusammengekniffen. Das Heben und Senken ihres Brustkorbes beschleunigte sich plötzlich. Dann öffnete sie den Mund, kippte den Kopf minim zu Seite ... und Bellamy kapierte. Er konnte gerade noch die Tür loslassen und die Arme ausbreiten, als Clarke auch schon auf ihn zustürzte und sich an ihn klammerte. Er presste sie ebenfalls an sich, vergrub das Gesicht an ihrer Halsbeuge und atmete ihren vertrauten Duft ein.
Sie verharrten einige Herzschläge lang in dieser innigen Umarmung, waren beide nicht bereit, den anderen wieder loszulassen. Schliesslich zogen sie sich ein wenig zurück, jedoch nur, um einander einen langen Kuss zu geben.
Bellamy spürte wie das tonnenschwere Gewicht, das ihn seit seiner Verhaftung niedergedrückt hatte, endlich wieder von ihm abfiel. Clarke hasste ihn nicht. Sie hatte sich nicht von ihm abgewandt. Er dankte dem Himmel, dem Schicksal und allen Göttern, die ihm einfielen, dass er sie nicht verloren hatte.
"Es tut mir leid, ich konnte nicht verhindern, dass du die Nacht über eingesperrt wurdest. Ich hab's versucht, aber ...", begann Clarke, doch Bellamy schüttelte den Kopf.
"Ist schon in Ordnung. Ich hatte es verdient, eine Weile dort drin zu sitzen. "Er schloss die Eingangstür und bedeutete Clarke, auf dem Sofa Platz zu nehmen. Er setzte sich neben sie und musterte ihr Gesicht. "Wie kommt es, dass du hier bist?"
"Ich hab mir Sorgen um dich gemacht und wollte nach dir sehen", antwortete sie, offensichtlich überrascht von seiner Frage.
"Du bist nicht sauer auf mich? Nicht mal ein kleines Bisschen?", wollte Bellamy fast schon trotzig wissen.
Es schien, als zupfte ein sachtes Lächeln an Clarkes Mundwinkeln.
"Nein, bin ich nicht. Was du getan hast, war natürlich nicht besonders clever, aber ich bin nicht wütend auf dich. Nicht mehr."
Bellamy merkte erst jetzt, dass er unbewusst die Luft angehalten hatte und stiess nun erleichtert den Atem aus.
"Ich weiss, warum du's getan hast", fuhr Clarke fort. "Murphy hat mir alles erzählt."
"Murphy? Aber wie hat er ..."
"Als ich angefangen habe, Emori zu verarzten, ist er abgezogen, um sich was zu Essen holen. Er erzählte mir, er habe dann gesehen, wie du und Cillian in eine hitzige Diskussion vertieft wart. Weil er dir Rückendeckung geben wollte, ging er auf euch zu und war daher nah genug, um zu hören, was Cillian zu dir gesagt hat." Clarkes Miene nahm einen finsteren Zug an. "Es ist unverzeihlich, dass er Madi ins Spiel gebracht hat. Dass er diese furchtbaren Sachen gesagt hat. Ich weiss nicht, wie ich reagiert hätte, wenn ich an deiner Stelle gewesen wäre. Vermutlich hätte ich Cillian für diese Frechheit auch eine verpasst!" Sie kniff die Augen ein wenig zusammen. "Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich mich nicht so breitwillig um seine Verletzungen gekümmert. Im Gegenteil; ich hätte keinen Finger gerührt - soll er doch zusehen, wo er bleibt."
Ein Gefühl der Genugtuung stieg in Bellamy auf, dennoch sah er Clarke zerknirscht an.
"Heisst das, du verzeihst mir meinen Ausraster?"
Sie griff nach seinen Händen. "Ach Bell, wie könnte ich dir jemals übelnehmen, dass du Madi beschützt?! Auch wenn du dieses Mal vielleicht ein wenig übers Ziel hinausgeschossen bist. Aber so bist du nun mal; impulsiv, loyal und du hast einen ausgeprägten Beschützerinstinkt. Ich ..." Auf einmal stockte sie und biss sich auf die Unterlippe, ehe sie weitersprach. "Ich würde dich nicht lieben, wenn du anders wärst", schloss sie mit weicher Miene und wiederholte damit die Worte, die Bellamy vor knapp einer Woche zu ihr gesagt hatte.
Ich glaub's ja nicht!
Bellamy blinzelte. "Sag das nochmal", bat er mit rauer Stimme.
Clarke lächelte und umfasste zärtlich sein Gesicht. "Ich liebe dich, Bellamy Blake. Von ganzem Herzen. Weisst du das denn immer noch nicht?"
Ihre letzten zwei Worte wurden von Bellamys Lippen verschluckt, die sich voller Leidenschaft auf ihre pressten.
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Eine zweite Chance (Bellarke FF)
FanficDa die Erde unbewohnbar geworden ist, sind Bellamy, Clarke und die anderen Überlebenden gezwungen, 125 Jahre an Bord eines Raumschiffs im Kälteschlaf zu verbringen. Doch endlich erreichen sie einen geeigneten Planeten, auf dem sie Zuflucht finden. I...