14) Öffentliches Bekenntnis

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Enttäuscht über die Unterbrechung stiess Bellamy die Luft aus und vergrub sein Gesicht an Clarkes Schulter.
Ihre Hand fuhr ein letztes Mal durch seine dunklen Locken und sie gab ihm einen Kuss auf die Stirn, bevor sie mit bedauernder Miene von ihm herunter krabbelte.

Madi hielt den Blick stur geradeaus und ging zum Feuer, um dort die Fische zuzubereiten.
"Da lässt man sie einmal kurz alleine ..."
Auch wenn ihre Worte nur gemurmelt waren, konnte man sie gut genug verstehen.

Clarke rieb sich den Ellbogen und sah so aus, als wüsste sie nicht, ob sie lachen oder beschämt sein sollte.

Bellamy hatte unterdessen ein ganz anderes Problem; ein auf die männliche Anatomie bezogenes, steinhartes Problem, von dem er auf keinen Fall wollte, dass Madi es mitkriegte.
Er schnappte sich seine Hose und bedeckte damit die verräterische Beule in seinen Shorts, bevor er sich eilig aufrichtete, Clarke und Madi den Rücken zuwandte und die Hose anzog. Zum Glück war sie nicht allzu eng.
Verdammt, er musste dringend wieder runterkommen. Bellamy atmete tief durch und zwang sich, an eklige Sachen zu denken.
Käsefüsse. Schimmelpilz. Verfaulte Lebensmittel. Würmer. Filzläuse ...

Oh bitte, hör auf damit,
flehte seine innere Stimme inbrünstig.
Aber es hatte gewirkt: Der Druck zwischen seinen Beinen war bereits merklich abgeklungen.

Erleichtert gesellte er sich zu den anderen ans Feuer, um ihnen beim Ausnehmen der Fische zu helfen.

Madi ging nicht weiter auf die Szene ein, in die sie gerade reingeplatzt war und berichtete stattdessen stolz von ihrem Fang und auch, dass sie unterwegs andere Kids in ihrem Alter getroffen und sich mit ihnen unterhalten hatte.

Bellamy hörte nur mit einem halben Ohr zu, während er mechanisch und mit geübten Bewegungen seinen Fisch filetierte.
Zum Glück funktionierten die Handgriffe, ohne dass er sich gross anstrengen oder konzentrieren musste, denn er war immer noch total aufgewühlt.
Er konnte kaum fassen, was vorhin geschehen war. Er und Clarke hatten sich endlich geküsst! Sogar mehr als das.
Noch immer konnte er den Nachhall ihrer Berührungen auf seiner Haut spüren. Der Druck ihrer Lippen auf seinen, ihr Gewicht auf seinem Schoss, ihr geschmeidiger Köper an seinen gepresst ... Selbst ihr Geruch haftete noch an ihm.

Er beobachtete, wie Clarke eine Schale voll Pruna-Früchte (eine Art steinlose Kirsche) aus dem Picknickkorb hervorholte und sich eine davon in den Mund steckte. Genau in dem Moment trafen sich ihre Blicke. Langsam und genüsslich - und ganz bestimmt mit purer Absicht - leckte Clarke den Fruchtsaft von der Spitze ihres Zeigefingers. Ein Anblick, der Bellamy direkt in die Lenden schoss.
Oh. Nein.
Käsefüsse. Fischgedärme ...


***


Gegen Abend schlenderten sie ins Dorf zurück.
Clarke wich Bellamy nicht von der Seite. Hin und wieder streiften sie sich beim Gehen an der Schulter und am Arm.
Sollte er ihre Hand nehmen? Oder wäre das unpassend?
Er hatte ehrlich gesagt keine Ahnung, wie Clarke in dieser Sache tickte. Sie war ihm eigentlich nie besonders verschmust oder romantisch erschienen. Er wusste nicht, wie sie zu öffentlichen Liebesbekundungen stand und er hatte auch nie mitgekriegt, wie sie sich verhielt, wenn sie in einer festen Beziehung war - wie auch. Den grössten Teil der Zeit waren Clarke und er voneinander getrennt gewesen. Ausserdem waren sie damals viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, nicht draufzugehen.
Vielleicht war Clarke von Grund auf nicht der Typ, der gern Händchen hielt.

Schon den ganzen Rückweg über verspürte Bellamy ein Gefühl, mit dem er erst sehr wenige Male in seinem Leben konfrontiert gewesen war: Schüchternheit. Und er mochte es ganz und gar nicht. Sicher rührte es daher, dass er schlichtweg nicht wusste, was Clarke nun von ihm erwartete, nachdem sie sich zuvor so nahe gekommen waren. Waren sie jetzt ein Paar? Oder war eine heisse Knutscherei noch lange kein Indiz dafür?
Alter, du machst dir viel zu viele Gedanken! Geniess einfach den Moment.

Es kostete Bellamy einiges an Überwindung, doch schliesslich nahm er Clarkes Hand.
Sie sah ihn flüchtig von der Seite her an, ein leises Lächeln auf den Lippen, und verschränkte ihre Finger mit seinen.
Augenblicklich fiel Bellamy ein Stein vom Herzen.

Als Madi das Händchenhalten bemerkte, reckte sie das Kinn in die Luft und sah so zufrieden aus, als kehrte sie gerade von einer erfolgreichen Mission zurück.

Das Trio erreichte die ersten Häuser, bog auf die dazwischenliegende, mit Pflastersteinen versehene Hauptgasse ab und überquerte den grossen Marktplatz. Dabei traf es auf eine Gruppe Leute, die hier offenbar gemütlich zusammen abhing. Die Anwesenden hatten zum Teil einfache Hocker oder Schemel mitgebracht und sich im Kreis um ein Feuer platziert, das in der Dämmerung helle Muster auf ihre Gesichter warf.

Bellamy erkannte Murphy und Emori, die dicht aneinander gekuschelt auf dem Boden sassen. Raven und Octavia teilten sich als Sitzgelegenheit einen Baumstamm. Miller, Echo und Jordan waren ebenfalls anwesend, ausserdem vier weitere junge Leute, die Bellamy aber nicht kannte.

"Na sieh mal einer an!", rief Murphy, kaum hatte er die drei Spaziergänger erblickt. Er pfiff durch die Zähne und tauschte mit Emori einen vielsagenden Blick. "Wenn das nicht das Dream-Team ist." In seiner Stimme lag wieder der gewisse Spott, der typisch für ihn war.

Sofort standen sie im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit.
Bellamy konnte spüren, wie Clarke sich neben ihm versteifte, doch sie liess seine Hand nicht los - im Gegenteil; sie verstärkte den Druck - was ihn gleichzeitig freute und stolz machte.

Natürlich blieb ihr Körperkontakt nicht unkommentiert.
"Na endlich, Leute! Ich hatte schon ernsthafte Bedenken, ob das jemals etwas wird mit euch zwei", rief Miller herüber, während Raven einen Jubellaut ausstiess.

"Das wurde auch verdammt nochmal Zeit!", kam es von Octavia und sie reckte beide Daumen in die Höhe.  Wie Emori und Jordan hatte auch sie ein fettes Grinsen im Gesicht.

Murphy grölte nun kindisch: "Bellamy und Cla-arke, Bellamy und Cla-arke ...", worauf die Gruppe in gutmütiges Gelächter ausbrach.

Es war ihm unangenehm, dass ihretwegen ein solches Trara veranstaltet wurde, auch wenn Bellamy sich sicher war, dass alle es gut meinten und sich ehrlich für ihn und Clarke freuten.

Selbst Echo rang sich ein Lächeln ab, das allerdings ein bisschen traurig ausfiel. Dann nickten sie und Clarke sich in gegenseitigem Respekt zu.
Bellamy war heilfroh, dass auch Echo in den letzten Jahren eine unglaubliche Entwicklung durchgemacht hatte und nicht länger die rachsüchtige, streitlustige und hinterhältige Person war, die sie damals auf der Erde gewesen war.
So gesehen waren all die schlimmen und traumatischen Erfahrungen, die sie seither gemacht hatten, enorm wichtig für ihre Persönlichkeitsfindung gewesen. Dadurch war jeder von ihnen zu dem Menschen geworden, der er heute war. Und Bellamy würde jedem einzelnen seiner Freunde ohne zu zögern sein Leben anvertrauen. Ganz besonders der blonden Prinzessin an seiner Seite. Er musste sie nur ansehen und ihm ging das Herz auf.
Nicht zum ersten Mal fragte er sich, wie er nur so lange ohne sie hatte sein können.

"Aber eigentlich", rief Murphy wie aufs Stichwort, "bedeutet das noch gar nichts. Bei euch beiden weiss man nie, also verzeiht mir, wenn ich immer noch skeptisch bin."

Emoris Ellbogen traf seinen Brustkorb und sie funkelte ihn bitterböse an.

"Ich mein ja nur", fügte er scheinheilig hinzu, wobei er ergeben die Hände in die Luft hielt. "Die beiden haben so oft Mist gebaut, sich gegenseitig verraten und zurückgelassen, dass man fast den Überblick verliert. Und am Anfang konnten sie sich nicht ausstehen, dann hiess es irgendwann, ihre Beziehung wäre rein platonisch, obwohl jeder sehen konnte, dass sie einander viel mehr bedeuten. Sie haben ihre Gefühle füreinander immer geleugnet, also warum sollte es dieses Mal anders sein?"

Bellamy schluckte betreten. Dieser Idiot Murphy brachte ihn in eine vertrackte und peinliche Situation. Was sollte er denn jetzt nur antworten? Er wusste ja selbst nicht, wo Clarke und er momentan standen.
Er hoffte auf Rückendeckung von ihr und sah sie hilflos von der Seite her an.

Mit schmalen Augen fixierte Clarke Murphy, der ihr provokant zuzwinkerte.
Ihr Mund verzog sich zu einem gewinnenden Lächeln und auf einmal drehte sie sich Bellamy zu, nahm sein Gesicht in beide Hände und küsste ihn vor aller Augen. Und zwar tief und lange.

Madis "Urgh, wie gesagt; voll creepy" ging im lauten Gejohle und dem begeisterten Applaus der Gruppe komplett unter.

Eine zweite Chance (Bellarke FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt