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Luna POV

Nun ist es also endlich soweit, ich darf nach über zwei Wochen Krankenhausaufenthalt nach Hause! Seitdem ich Matteo kennengelernt habe sind einige Tage vergangen. Er war jeden Tag für ein paar Stunden hier und wir beide haben uns besser kennengelernt. 

Weil Mamá und Papá, wie immer, so viel Arbeit haben, holt er mich heute aus dem Krankenhaus ab und unser Chauffeur fährt uns dann zu mir nach Hause. 

Es klopft an meiner Zimmertür. "Ja!", rufe ich. Ich höre, wie die Tür geöffnet wird. "Guten Morgen, Senorita Valente. Ich bringe Ihnen nur noch die Entlassungspapiere, die Abschlussuntersuchung hat ja bereits gestern stattgefunden.", sagt Schwester Maria. Ihre Stimme unterscheidet sich deutlich von den Stimmen der anderen Krankenschwestern. Ihre Stimme ist hell und hoch, sie klingt fröhlich, während die Stimmen der anderen alle düster und unfreundlich klingen. Deshalb hatte ich es gerne, wenn Schwester Maria kam. "Kommen Ihre Eltern Sie gar nicht abholen?", fragt sie mich. "Nein, die müssen arbeiten. Aber mein Pfleger müsste jeden Moment kommen." Da klopft es auch schon an der Tür und Matteo kommt heran. "Sie müssen dann also der Pfleger von Senorita Valente sein, richtig?", fragt die Schwester. "Genau, der bin.", sagt Matteo. "Die Entlassungspapiere habe ich hier. Soll ich sie Ihnen geben oder ihrem Pfleger?" "Geben Sie die Papiere Matteo.", antworte ich. "Gut, dann können Sie jetzt nach Hause gehen. Alles Gute für Sie!" Die Schwester schüttelt mir noch kurz die Hand, bevor sie geht.

"Bereit, nach Hause zu gehen?", fragt Matteo. Ich nicke. "Meine ganzen Sachen hat meine Mutter bereits eingepackt.", sage ich. "Ich glaube, die Tasche mit den Sachen steht im Schrank." "Ja, hier ist sie." "Ich nehme deine Hand und führe dich dann, okay?" "Okay." Matteos Hand greift nach meiner und ich richte mich auf. Matteo öffnet die Tür und wir gehen aus meinem Krankenzimmer raus, er schließt die Tür wieder. "Lass' mich aber nicht los, sonst bin ich verloren.", sage ich zu Matteo. "Keine Sorge, ich werde dich nicht loslassen." Langsam laufen wir einige Schritte, bis Matteo stehen bleibt. "Wir stehen jetzt vor dem Fahrstuhl.", sagt er. Ich höre die Fahrstuhltür aufgehen. "Wir sind jetzt im Fahrstuhl.", teilt er mir mit. Nach einigen Sekunden höre ich die Tür wieder aufgehen. "Wir gehen jetzt aus dem Fahrstuhl raus." Es ist gut, dass Matteo mir immer sagt, wohin wir gehen. Nach einigen Schritten macht er wieder Halt. "So, wir verlassen jetzt das Krankenhaus." Diesmal höre ich keine Tür aufgehen. "Ist die Tür auch auf oder laufe ich gleich gegen sie?" "Keine Sorge, die Tür ist auf, sie war bereits offen.", sagt er und geht weiter, ich trotte hinter ihm her. Meine Hand hat er wirklich nicht los gelassen. "Der Chauffeur steht schon da." "Hallo Luna, wie geht's?", fragt mich Tino, unser Chauffeur. "Den Umständen entsprechend.", antworte ich. "Laden Sie die Tasche bitte in den Kofferraum.", bittet Matteo ihn. "Na klar.", antwortet Tino. "So, ich öffne jetzt die Autotür und helfe dir beim Einsteigen." Als ich im Auto sitze, hilft Matteo mir noch beim Anschnallen und schließt dann die Autotür, was man deutlich hört. Wenn ich höre, wie eine Tür geöffnet oder geschlossen wird, fühle ich mich deutlich wohler, da ich sonst denke, dass die Tür zu ist und ich gegen sie laufe, beziehungsweise dass die Tür auf ist und jeder, zum Beispiel, ins Auto gucken und mich sehen kann. Es klingt vielleicht komisch, ist es wahrscheinlich auch. 

"Matteo?" "Ja, ich bin hier." Ich höre, wie er die Autotür auf seiner Seite schließt. "Gut." "Können wir los?", fragt Tino. "Ja.", antworte ich. Jetzt geht's nach Hause!

Die Fahrt verläuft ziemlich still. Es ist so komisch für mich, dass ich meine gewohnte Umgebung nicht sehen kann. "Wir sind da.", teilt Tino dann mit. "Tino, sag bitte Amanda Bescheid, dass die meine Tasche in mein Zimmer bringen soll." "Na klar, mache ich." Matteo hilft mir wieder beim Einsteigen. "Kannst du mir sagen, wo wir gerade sind?", frage ich ihn, als wir einige Schritte gelaufen sind. "Wir stehen wenige Schritte vom Nebeneingang entfernt. Soll ich durch den Haupteingang ins Haus gehen?" "Nein, lass uns hier rein gehen.", antworte ich. Wir gehen weiter und ich höre dann die Tür aufgehen. "Wir sind jetzt im Haus, ich glaube, dass wir in der Küche sind.", sagt Matteo. "Ja, hier ist die Küche.", sage ich und probiere, mir unsere Küche vorzustellen. Nachdem wir von Mexiko wieder hierher gezogen sind, war ich nicht einmal in ihr, weshalb ich mich nicht wirklich an sie erinnere. "Willst du in dein Zimmer?", fragt Matteo mich. "Ja." "Wo geht's denn zu deinem Zimmer?" "Neben dem Diensteingang ist eine Treppe, die gehen wir hoch und dann das erste Zimmer rechts." "Okay. Achtung, dann kommt gleich die Treppe." Ich lege meine Hand, die Matteo nicht festhält, auf das Treppengeländer. "So, die erste Stufe." Langsam, fast schon im Schneckentempo, gehen wir die Treppe hoch. "Du wohnst im Bereich der Bediensteten?", fragt Matteo. Er klingt verwundert. Ich nicke. "Warum das?" "Das ist eine lange Geschichte.", antworte ich. "Willst du sie hören?" "Lass und erstmal in den Zimmer gehen, dann kannst du sie mir erzählen.", sagt er. "Okay." "Gut, wir sind jetzt in deinem Zimmer." "Führ' mich bitte zum Bett." "Okay." Wir gehen einige Schritte. "Das Bett ist jetzt genau vor dir, streck die Hände aus, dann spürst du es." Matteo lässt meine Hand los und strecke meine Hände aus. Als ich das Bett spüre, setze ich mich drauf. "Du kannst dich einfach irgendwo hinsetzen.", sage ich zu Matteo. "Ich setze mich zu dir aufs Bett.", sagt er . "Also... Das Haus gehörte nicht immer meinen Eltern. Sie haben für eine Frau gearbeitet, Sharon Benson hieß sie. Sie hatte eine Adoptivtochter. Irgendwann kamen die leiblichen Eltern von dem Mädchen und haben sie mitgenommen. Eigentlich war Sharon immer eine kalte und gefühlslose Frau, aber dass das Mädchen weg war setze ihr tief zu. Sie nahm sich das Leben. In einem Abschiedsbrief schrieb sie, dass das gesamte Haus nun meinen Eltern gehört, da meine Eltern immer gute Arbeit geleistet haben. Meine Eltern sind aus dem Bereich hier ausgezogen, ich wollte aber bleiben. Deshalb wohne ich hier. Die Angestellten haben wir damals alle behalten: Amanda, das Hausmädchen, Tino der Chauffeur und Cato der Hausmeister. Als dann meine Eltern eine neue Arbeit in Mexiko gefunden hatten, sind wir in die Sommerresidenz von Sharon gezogen, die sie uns auch vermacht hatte. Jetzt, nach vier Jahren, sind wir wieder hierher gezogen." "Du bist weggezogen?", fragt Matteo. "Ja." Es bleibt eine Zeit lang still. "Ist etwas, Matteo?" "Nein, alles gut. Kann ich dich kurz alleine lassen? Ich muss zuhause noch einige Sachen packen und außerdem habe ich eigentlich noch Training..." "Klar, geh' nur. Ich kann ja Amanda rufen, wenn ich etwas brauche." "Sehr gut, ich bin bald zurück!" 

(überarbeitet)


Blindes VertrauenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt