Felix
Der Weg zurück zum Marktplatz des Dorfes fühlt sich surreal an, fast wie ein verschwommener Traum, an den man sich später nur noch kaum erinnern kann.
Trotzdem kommt er mir länger vor, als er ist.
Meine Gedanken wollen abschweifen, zurück zu Sinas zerrissenen Shirt und ihrer durchlöcherten Jeans. Sina würde niemals zerrissene Jeans tragen. Sie läuft zwar immer im aktuellen Trend mit, aber Löcher in den Hosen hat sie schon immer verabscheut.
Krampfhaft versuche ich an etwas anderes zu denken.
Um mich irgendwie abzulenken, fange ich an ein Lied vor mich herzusummen.
"Felix?"
Betty kommt auf mich zu, neben ihr Moritz.
"Was tust du da?", fragt sie und zieht an meinem Arm.
Etwas verdutzt blicke ich an mir runter un bemerke, dass ich mir auf dem Weg hierher in meinen Arm gekniffen habe.
Der Arm schimmert leicht rot, aber Schmerz fühle ich nicht."Ward ihr dabei, als Alison begraben wurde?", frage ich und ziehe meinen Ärmel etwas nach unten, um den roten Abdruck zu verdecken.
Moritz nickt.
"Ich habe Elias, Aaron und Mirella geholfen, sie zu begraben", antwortet er, "Wieso fragst du?"Ich versuche mich kurz zu halten und antworte nur mit: "Wir brauchen noch ein Grab."
Ich bin froh, dass die beiden mich nicht weiter ausfragen und wir schweigend auf Elias und ein paar weiter zugehen.
Zwei Jungs Namens Nikita und Roman werden von Han zu Alex geschickt, um ihn mit Sinas Leiche zu helfen.
Damit ich nicht sinnlos rumstehe helfe ich Elias und einem Jungen Namens Christian ein Grab zu schaufeln.
"Wir haben drei Schaufeln am See gefunden", erklärt Elias, "Ich will gar nicht wissen wie viele Leichen damit schon begraben wurden."
"Und noch begraben werden", füge ich hinzu.
Christian zuckt mit der Schulter und sticht die Schaufel in die Erde.
"Wir sollten darüber nicht nachdenken. Was auch immer das hier ist, wir dürfen nie vergessen, dass wir zwei Sachen nicht beeinflussen können: Die Zukunft und die Vergangenheit."Mit der ganzen Kraft lehnt er sich auf die Schaufel und hebelt einen großen Haufen Erde zur Seite.
Seine Worte gehen mir durch den Kopf, während wir still weitergraben.
Nach kurzer Zeit unterbreche ich die Stille.
"Vielleicht sollten wir eine Umfrage machen, wer begraben und wer verbrannt werden möchte", schlage ich vor.Christian denkt kurz darüber nach, schüttelt dann jedoch den Kopf.
"Ein Funken zu viel und wir fackeln das ganze Dorf ab."
"Wir könnten das Feuer am See machen, das wäre weit genug vom Dorf entfernt", erwidere ich.
Mit dem Arm wischt sich Christian den Schweiß von der Stirn. Er weiß anscheinend nicht weiter, was er dazu sagen soll und schaufelt weiter.
"Willst du denn begraben werden?", fragt Elias und wirft seine Schaufel beiseite.
Das Grab ist fertig.
"Am liebsten würde ich gar nicht erst sterben", antworte ich. Elias lacht.
Denkt er, es war ein Witz?
Ich werfe meine Schaufel neben seine und setze mich vor das Loch. Der Gedanke, dass Sina da drinnen liegen wird und über Jahre von Maden und Würmern angebissen wird, ist fast schlimmer als das Bild von ihr auf dem Dachboden zu sehen.
Sie hat es nicht verdient zu sterben.
Sie hat es erst Recht nicht verdient so zu sterben.
Wer tut so etwas einem jungen, unschuldigen Mädchen an?
●
Ich war einmal auf einer Beerdigung, als mein Opa gestorben ist. Ich war ziemlich klein und kann mich nicht wirklich erinnern, aber ein Satz blieb immer in meiner Erinnerung.
"Asche zu Asche, Staub zu Staub, Erde zu Erde."
Mein Opa hat mir immer erzählt, dass Adam und Evas Körper von Gott aus der Erde geformt wurden. Wenn man stirbt, geht der Körper zurück und wird wieder eins mit der Erde, damit ein neuer Körper daraus erschaffen werden kann. Die Seele des verstorbenen geht dann in den Himmel.
Ich bin nicht wirklich gläubig, trotzdem ist es irgendwie motivierend sich vorzustellen friedlich zu sterben.
Alex hat Sina in einer Decke eingerollt und dafür bin ich ihm auch dankbar.
Vorsichtig gehe ich zwei Schritte vor und nehme eine Handvoll Erde
"Asche zu Asche", murmel ich und streue die Erde in das Grab,
"Staub zu Staub"
Jetzt nehme ich eine Blume und werfe sie zu ihr hinunter.
"Erde zu Erde."
Ich gehe wieder zurück und stelle mich neben Alex. Mit geneigten Kopf geht auch er vor und lässt eine Handvoll Erde und eine Blume in das Grab fallen. Er flüstert irgendetwas und kommt zurück.
"Danke", flüstere ich ihm ins Ohr, als er wieder neben mir steht.
Nachdem das Grab von Aaron, Oli und Betty zu gegraben wurde, lege ich einen kleinen Blumenstrauß darauf und knie mich davor.
"Es tut mir leid", murmele ich. Die Sonne verschwindet bereits langsam hinter den Bäumen vom Wald und wirft ein orangenes Licht auf das Dorf.
Ich greife nach meiner Kamera und schieße ein Foto von Sinas Grab.

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Test 14
Ужасы14 Jungs, 14 Mädchen, ein verlassenes Dorf und ein Haufen tödliche Aufgaben, die erledigt werden müssen, bevor sie frei kommen. Falls sie frei kommen. Schließt an "Test 13" und "Werwolf" an, ist aber auch verständlich, ohne dass man sie gelesen hat ...