Alexander
Oli und ich streifen durch das Dorf, auf der Suche nach verschlossenen Türen, dir sich möglicherweise mit GGs Schlüssel öffnen lassen.
Mo und Betty haben sich bereit erklärt, die Kameras abzudecken, und da wir nur eine Leiter haben, würde es keinen Sinn machen, dass wir alle dabei stehen.
Deshalb hat Oli vorgeschlagen, nach den Schlössern zu suchen. Eigentlich wollte ich mit Felix rum gehen, aber Elias hat darauf bestanden, dass wir "die Gruppen mal neu mischen, damit wir auch neue Leute kennen lernen. Und außerdem, du hängst immer mit Felix rum, das gibt mir keine Chance, mal mit ihm zu reden."
Elias ist anstrengend.
Wie auch immer, ich bin jetzt mit Oli unterwegs und wie sich rausstellt ist er auch ein relativ angenehmer Zeitgenosse.
Er erzählt mir, wie er als Kind immer wieder umgezogen ist, bis seine Eltern ihn dann aufs Internat geschickt haben, damit er die Möglichkeit hat, auf eine ordentliche, nicht ständig wechselnde Schule zu gehen.
Ich erzähle ihm, wie es war, als meine Brüder und so viele andere Leute aus meinem Jahrgang gleichzeitig verschwunden sind.
Ich erzähle ihm auch, dass ich glaube, die Stimme zu kennen, die die Ansagen macht.
"Vielleicht ist es einer der Leute, die zu kanntest", schlägt Oliver vor.
"Aber wenn sie auch an einem der Tests teilgenommen haben, sind sie Tod", sage ich.
"Nein", widerspricht er. "Einer überlebt."
"Das würde aber heißen, meine Brüder sind nicht mehr am Leben."
Oli beißt sich auf die Unterlippe und nickt dann. "Wie hießen deine Brüder?"
"Chris und Paul." Ich sehe zum wolkenverhangenen Himmel auf. Es sieht nach Regen aus. "Wer ist bei dir verschwunden?", frage ich.
"Mein bester Freund ist verschwunden, als wir acht waren. Meine Mutter hat mir zwar erzählt, er wäre weggezogen, aber zurückblickend macht das keinen Sinn."
Wir erreichen das Ende der Häuser.
"Lass uns noch ein bisschen weiter gehen", schlägt Oli vor.
Ich runzele die Stirn. "Ich denke nicht, dass da noch irgendwas ist."
"Aber weißt du es?", fragt er nach.
"Nein."
"Na dann."
Wir entfernen uns immer weiter von Dorf, nicht in die Richtung, in die der See liegt, sondern gehen auf einen Wald zu.
Oli fängt an, über die aktuelle politische Situation zu reden. Er ist wirklich gut informiert.
Der Zaun, den Felix und ich vor ein paar Tagen gefunden haben, kommt in Sicht.
Aber es ist nicht einfach nur der elektrifizierte Maschendrahtzaun, sondern auch etwas anderes.
"Das ist ein Tor", bemerke ich.
Oli und ich sehen uns an und beginnen zu grinsen. Gleichzeitig rennen wir los. Auf dem Weg nach unten stolpere ich einmal über meine eigenen Füße, fange mich aber wieder. Felix wäre jetzt ganz sicher hingefallen.
Außer Atem erreichen wir das Tor. Es ist genau so hoch wie der Zaun, etwa drei Meter, und ist oben mit spitzen Zacken versehen. Ein paar Schritte vor dem Tor steht ein Schaltpult.
"Zahlencode", sagt Oliver. "Ich weiß nicht, wie viele Ziffern."
Ich gehe zu ihm hinüber und werde einen Blick auf das Eingabefeld. "Sechs- oder achtstellig", sage ich.
"Wenn wir den geknackt bekommen..."
"...dann steht der Zaun immer noch unter Strom."
Das verwischt Olis Grinsen etwas. "Vielleicht schaltet der Code auch der Stromversorgung ab", mutmaßt er.
"Vielleicht", sage ich, um seine und auch meine Stimmung nicht komplett zu verderben.
"Wir könnten Betty fragen. Sie weiß sowas bestimmt."
"Betty ist wirklich die Antwort auf alles", lache ich.
***
"Sinas Mord", beginnt Oli, "Weißt du, wer das war?"
Wir sind zurück zu Dorf gelaufen, weil es doch wahrscheinlicher ist, dass wir dort die verschlossene Tür oder Betty finden.
"Noch nicht", antworte ich.
"Vielleicht kann ich helfen, den Mörder zu finden. Oder die Mörderin?"
Ich mustere den Jungen, der neben mir her geht. Er gefällt mir immer besser.
"Mörder. Was ist bis jetzt weiß deutet darauf hin, dass es keine Frau ist."
Oli nickt. "Du hast zwar gesagt, dass du nicht denkst, dass der Mörder einer von uns ist, aber ich glaub das irgendwie nicht."
"Ich auch nicht", sage ich.
Er sieht mich von der Seite her an. "Warum hast du's dann gesagt?"
"Felix macht sich schon um genug Dinge sorgen, ich will ihn nicht auch noch damit belasten."
"Macht es dann nicht mehr Sinn, die Wahrheit zu sagen?", hinterfragt Oliver. "Wenn du ihn beschützen willst, meine ich."
"Ich bekomm' das hin. Den Mörder finden, Felix beschützen, hier raus kommen, herausfinden, warum wir überhaupt hier sind, überleben."
Das ist wirklich viel, was ich da vorhabe. Zu viel? Ich spüre mein Herz schneller schlagen, die Straße verschwimmt leicht vor meinen Augen.
"Alles okay bei dir?", fragt Oli.
Ich blinzele ein paar mal, hole tief Luft und wiederhole, mehr zu mir selbst als zu Oli, "Ich schaff das."
Er legt eine Hand auf meine Schulter. "Ich denke, ich kann dir mit einigen deiner Punkte helfen, wenn du mit meinen hilfst. Ich glaube, es sind im wesentlichen sowieso die gleichen."
Ich lächele erleichtert und nicke dann. "Ja, das klingt gut."

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Test 14
Horror14 Jungs, 14 Mädchen, ein verlassenes Dorf und ein Haufen tödliche Aufgaben, die erledigt werden müssen, bevor sie frei kommen. Falls sie frei kommen. Schließt an "Test 13" und "Werwolf" an, ist aber auch verständlich, ohne dass man sie gelesen hat ...