Kapitel 20

2 0 0
                                    

"Ich will es aber", antwortete ich nur. Er sagte mir, ich sollte mich entspannen, was in meinem aufgedrehten Zustand nicht gerade einfach war. Aber schließlich klappte es doch und dann fühlte sich alles nur noch an wie in einem Traum. Ich hatte mein erstes Mal mit meinem ersten Freund. Und das während ich auf Drogen war.


Ich lag auf der Couch in Finns Arm und er streichelte meine Haare. Ich hatte keine Worte für das, was gerade passiert ist, außer dass es perfekt war. Und das obwohl wir nicht nüchtern waren, nicht in seinem Bett lagen und draußen Lea, Elias, Alex und Liam auf uns warteten. "Sollten wir vielleicht wieder zu den anderen gehen?", fragte ich Finn und gab ihm einen Kuss. Er schüttelte nur verneinend den Kopf und ich musste schmunzeln. Doch nach einigen Minuten standen wir dann trotzdem auf, da wir schon ungefähr eine Stunde weg waren. Wir holten noch wie eigentlich geplant neue Getränke und machten uns dann wieder auf den Weg zur Garage. Ich war sehr wackelig auf den Beinen, das Kokain wirkte immer noch recht stark.

Als wir eintraten, sahen uns die anderen sehr komisch an. Ich glaube, ich wurde total rot im Gesicht. Es roch echt intensiv hier. Eine Mischung aus Wein, Bier, Gras und Keller. "Wo kommt ihr denn her?", fragte Elias und alle fingen an zu Lachen. Mir stieg das Blut in den Kopf und mir wurde warm, da ich mich schämte aber auch, weil ich an gerade eben denken musste. Wir setzten uns schweigend hin und Lea kam sofort zu mir. Oh nein, bitte kein 'Was ist passiert'- Gespräch. Doch genau diese Frage stellte sie mir natürlich, ich jedoch versuchte abzulenken. "Habt ihr wirklich nichts von dem Koks gespürt?", wollte ich von Lea und Alex wissen. "Doch, es hat nur einige Minuten gedauert, aber da wart ihr ja schon weg", kicherte Alex. So gut klappte mein Ablenken wohl doch nicht. Mein Kopf schwirrte so sehr, dass ich Lea nichtmal antworten hätte können, auch wenn ich es wollte. Ich fasste mir an die Schläfen und massierte sie einige Zeit bis es wieder besser wurde. Es war erst 21 Uhr und ich habe heute schon fast drei Flaschen Wein zu mir genommen. Und gekokst. Das ich noch nicht ohnmächtig war, wunderte mich stark. Ich fühlte mich nichtmal wirklich schlecht, eigentlich ging es mir bis auf die Kopfschmerzen total gut. Und genauso sollte es auch sein. Wenn ich glücklich bin, muss ich weniger zur Therapie. Da fiel mir ein, dass ich morgen nach der Schule dort hin müsste. Allerdings redete ich mir ein, dass mir diese Art von Schmerzbefreiung reichen würde. Vermutlich nur, damit ich mehr Zeit mit den anderen verbringen konnte. Meine Nase juckte. 'Das war wirklich um einiges besser als ein Rausch von Weed', dachte ich bei mir.

Um 22 Uhr sind die anderen schon nach Hause gegangen, was mich ein wenig traurig machte. Finn bot mir aber an bei ihm zu übernachten, was ich natürlich annahm, vor allem nach diesem aufregenden Abend. Also räumten wir das Gröbste vom Müll auf und gingen dann in sein Zimmer. Ich fragte ihn nach Zahnbürste und einem T-Shirt zum Schlafen und legte mich dann mit ihm ins Bett auf seine Brust. "Es war wunderschön heute", flüsterte er in mein Ohr. Seine Stimme war so sanft und so rau, dass ich meine Augen schloss, um den Moment zu genießen. "Ja, es war einfach perfekt", fügte ich hinzu. Ich sah zu ihm hoch und wir fingen an, uns in den Schlaf zu küssen.

Am nächsten Morgen wurden wir um sechs Uhr von seinem Wecker geweckt. Nach dem Frühstück fuhren wir mit seinem Auto in die Schule. Daran könnte ich mich echt gewöhnen, mich nicht immer zum Bus hetzen zu müssen. Als wir geparkt hatten und in Richtung Eingang gehen wollten, bogen wir auf einmal ab. Ich glaube wir werden es nie schaffen, einfach mal einen normalen Morgen bzw. Tag zu erleben. Nur wenige Meter abseits vom Schulgelände, an einem anderen Ort als sonst, wartete schon Lea auf uns. Die anderen kamen auch bald dazu und so wie fast jeden Tag kifften wir vor dem Unterricht.

An diesem Dienstag ging es mir einfach nicht gut. Ich meldete mich schon wieder von der Therapie ab, obwohl ich diese genau an solchen Tagen eigentlich besuchen sollte. Zumindest haben das immer Chloé und Sally gesagt. Trotz ihrer Warnung hatte ich einfach keine Lust dorthin zu gehen. Was ich stattdessen machte, kann man sich vermutlich denken.

Nachdem wir bei Finn angekommen sind, gingen wir sofort in seine Garage. Inzwischen waren wir so gut wie immer dort, da man in der Wohnung nicht einfach so rauchen und kiffen konnte. Es wurde immer düsterer und es roch streng hier drinnen, da keiner mal auf die Idee kam, die Kissen oder sonstiges zu waschen. Wir setzten uns hin und ich redete sehr lange mit Lea über sämtliche Themen. Ich wechselte irgendwann Platz und setzte mich zu meinem Freund. Er umarmte mich, was ich ziemlich süß fand, und dann ging es auch schon mit dem Trinken los. 

Nach einigen Stunden waren wir alle sehr betrunken. Ich und Finn küssten uns, aber ich war irgendwie komisch. Ich dachte zu viel nach, trotz Alkohol und Marihuana. "Was ist denn los, Lia?", fragte er mich. Ich fühlte mich unwohl. Zurzeit holte mich meine Vergangenheit so oft ein, wie noch nie und ich dachte sehr oft an meine Familie. Mir ging es inzwischen einfach nicht mehr wirklich besser, wenn ich trank, ich dachte fast genauso viel nach wie im nüchternen Zustand. Ich erklärte Finn das und er wirkte extrem geschockt. Ich bekam Panik und fragte ihn aufgeregt, ob das ein Anzeichen einer Sucht sei. Aber ich konnte mir einfach nicht vorstellen nach nur so wenigen Wochen von etwas abhängig zu sein. Er machte mir jedoch klar, dass das schon auftreten könnte, wenn man den Drogenkonsum mit seinen Problemen kombiniert. "So ist das mit den Drogen. Man hat eigentlich nur immer für kurze Zeit etwas davon, aber langfristig ist das einfach alles scheiße", erklärte er mir. Zum ersten Mal sprach er die Wahrheit aus. Und dann wurde mir endgültig bewusst in was für einer Lage ich mich befand.

Liebe Führt Zum TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt