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Ich versuche mich aufzurichten, brauche aber viel zu lange, bis ich es endlich schaffe, mich hinzuknien und die Hand zu heben. Boden und Decke waren jetzt schon so nah beieinander, dass ich mich ducken muss. Ich suche nach irgendeinem Knopf, um den Mechanismus zu stoppen, finde aber nichts. Yves drückt mich noch fester an sich ran und versucht mich davon abzuhalten, mich zu bewegen. Ich wimmer vor Angst, beginne wieder zu schreien und höre meine eigene Stimme nicht mehr, weil das Kreischen des Raums so laut ist. Dann beginnt sich der Raum zu drehen. Ich schließe die Augen, habe Lebensangst. Plötzlich beginnt sich der Raum zu drehen. Am Anfang rotieren nur die Wände um mich herum, danach dreht sich alles wie eine Schleuder in einer kaputten Waschmaschine. Es wird enger und enger. Ich werde an Yves gepresst, er ist ganz ruhig. Ich bin gefangen zwischen Yves und den Wänden. Dann wird mein Schädel gegen die Decke gepresst. Ich weiche aus, ducke mich noch tiefer, aber der Boden drückt mich gnadenlos mach oben. Von rechts und links, von hinten und von vorne drängen die Wände heran. Ich werde sterben, denke ich, und im selben Moment durchfährt mich ein so furchtbarer Schmerz, dass ich laut geschrien hätte, aber es ging nicht. Ich hatte plötzlich keinen Mund mehr. Nicht nur mein Mund ist weg. Mein ganzer Körper löst sich auf. Ich schaue zur Seite, mit Yves passiert das selbe, er bleibt aber ganz ruhig und scheint keine Angst zu haben. Meine Finger werden von den Händen gerissen, die Hände von den Armen, die Arme aus dem Oberkörper. Jedes einzelne Haar aus meinem Kopf. Mein Kopf fliegt vom Hals. Ich sehe meine schönsten Momente vor meinem inneren Auge vorbeiziehen. Basketball, Meisterschaften, meine Familie, meine Freunde, die Schule, die schönen Momente mit Josh, mit Yves, einfach alles. Noch nie in meinem Leben habe ich solche Schmerzen gesprürt. Meine Haut reißt auf, meine Organe verbrennen. Dann ist es vorbei. Der Schmerz verfliegt, genauso plötzlich, wie er aufgekommen war. Einen Moment verharre ich mit geschlossenen Augen, voller Angst, dass es gleich wieder losgeht, dass es nur eine Atempause ist, bevor die Schmerzen wieder einsetzen. Dann öffne ich die Augen. Ich bin in Yves Arme verschlungen, er sieht aus, als hätte ihm die ganze Sache nichts ausgemacht. Ich sehe meinen Arm, der um Yves geschlungen ist. Er ist nicht zerquetscht, er blutet nicht einmal. Dann hebe ich meinen Kopf, löse mich aus der Umarmung, richte mich auf. Ganz langsam, ganz vorsichtig. Da ist kein Decke, die mich daran hindert. Keine Wände die mich beengen. "Was ist passiert?", frage ich Yves mit zitriger Stimme. "Ich erkläre es dir draußen." Mein Körper fühlt sich wieder ganz normal an. Keine blauen Flecke, keine Quetschungen, einfach nichts! Wie ist das möglich? Der Raum ist zum Stillstand gekommen, die Wände sind wieder in ihre Ausgangsposition zurückgewichen. Es ist vorbei. Vor mir sehe ich eine Tür, sie war davor noch nicht da. Mit zitternden Fingern drücke ich die Türklinke nach unten und öffne die Tür. Wo bin ich gelandet?

VerlorenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt