Talismane

13 2 0
                                    




Alexis war wütend, traurig, einfach alles zugleich. Er wand seinen Blick von Hendriks Augen ab und sah auf den Boden. „Gut." Er musste sich zusammenreißen. „Weißt du was mit meinen Kollegen passiert ist?" Flo nickte. „Dem Piloten, Calum konnten wir nicht mehr helfen. Aber Glorie haben wir rechtzeitig gefunden. Sie sitzt gerade in der Hydrangea 4 und überwacht das Schiff." Alexis spürte wie der Griff von Hendriks Armen stärker wurde. „Habt ihr irgendwelche Entdeckungen gemacht? Neben diesem Dorf." „Ein paar. Wir sind aber zu kaum Foschungsarbeit gekommen. Was auf jeden Fall klar ist, ist das hier auf der Erde 300 Jahre vergangen sind. Wir haben auch ein paar neue Pflanzenarten in unsere Datenbank aufnehmen können." Alexis nickte verstehend, Hendrik war still. „Mir sind einige Dinge auf gefallen hier in Hendriks Hütte, mehr konnte ich von diesem Dorf bisher nicht sehen." Die Spannungen zwischen ihnen ignorierend drehte er sich zu Hendrik um. „Könntest du uns deine Göttertalismane zeigen? Bitte?" Hendrik ließ ihn wiederwillig los, das spürte Alexis. Sie beide standen in einem Konflikt. Hendrik brummte eine Antwort und kletterte die Leiter weiter hinten in der Hütte hinauf. Alexis und Flo sahen ihm stumm nach. Hendrik kam zurück mit einer Holzkiste in seinen Händen. „Sieh dir bitte diese Talismane an und sag mir aus was sie bestehen." Zögernd öffnete Hendrik die Kiste. Alexis nahm den roten Talisman heraus und gab ihn Flo. Dieser drehte und wendete es. Kniff seine Augen etwas zusammen und zog schlussendlich die Augenbraun verwundert hoch. „Ist das ein leicht verformter Plastikflaschenverschluss?" Alexis nahm den nächsten Talisman heraus, Hendrik schaute ihnen beiden zu. „Reißverschlüsse auf einer Schnur? Woher?" Hendrik mischte sich ein. „Was sind Reißverschlüsse?" Alexis konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Sein, nein was dachte er da. Hendrik. Sein Kopf war voller Hendrik. „Ein Reißverschluss wird zum schließen von Kleidungsstücken benützt und wird entweder aus Metall oder Plastik hergestellt." „Und was ist Plastik?" Alexis und Flo sahen sich an. „Uhmmm...naja..Plastik halt." Antwortete Flo auf Hendriks Fragen, Alexis könnte sich mit der Hand an die Stirn schlagen. „Plastik wird künstlich, also von Menschen hergestellt. Und kann viele verschiedene Eigenschaften haben." Diese Erklärung sollte vorerst reichen, Hendrik gab sich damit jedenfalls zufrieden. Alexis ging mit Flo noch die anderen Talismane oder wie Hendrik sie noch nannte: Geschenke der Götter, durch. Ein kaputtes Handy, Schrauben, Gummischnüre, allerlei buntes Zeug. Sie beide erklärten Hendrik bei jedem Teil, was es den eigentlich war. Es war schön zu wissen, dass sich Hendrik für all diese Dinge interessierte. Vielleicht könnte er ihn umstimmen, doch mit zu kommen, wenn sie die Erde verlassen würden? „Ich werde mich auf den Weg zurück zu Hydrangea 4 machen." Flo hatte einen kleinen Bildschirm hervorgeholt und nachgesehen, wie spät es denn war. 16:14. Alexis war sich nicht sicher, ob er es bevorzugte mit oder ohne Uhr zu leben. Hendrik allerdings war immer mehr fasziniert, er schien seine Antwort von früher zu bereuen. „Wollt ihr mitkommen?" Flo blickte sie beide fragend an. Alexis war sich wieder nicht sicher. Allein mit Hendrik war es so schön gewesen und dann war da noch die Frage, ob sie den Planeten gemeinsam verlassen würden oder nicht. Hendrik antwortete für ihn, sein Misstrauen Flo gegenüber war schon vor Stunden verflogen. „Ich würde mir diese Hydra- Hydrangea 4 von der du erzählt hast zwar unglaublich gerne ansehen, aber Alexis und ich haben noch etwas zum Ausdiskutieren." Innerlich stimmte Alexis ihm zu, nach außen hin zeigte er ihm die kalte Schulter. „Ok. Ich werde mit Sicherheit morgen wieder hier sein." Alexis winkte ihm bevor er die Hütte verließ. Motivationslos setzte er sich auf das Bett und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. „Alexis? Wir müssen darüber reden." „Worüber?" Hendrik sah ihn traurig an. „Alexis, Bitte." Er seufzte und sah zu Hendrik auf. „Ich werde die Erde wieder verlassen müssen. Es liegt an dir zu entscheiden, ob du mit kommst oder nicht." „Ich werde meine Schwester nicht zurücklassen." Alexis konnte sich nicht zurückhalten und unterbrach Hendrik. „Warum können wir sie nicht einfach mitnehmen?! Ich will dich nicht verlieren!" „Warum willst du nicht hierbleiben?" Sie waren beide lauter geworden. „Weil ich Pflichten auf dem Hauptschiff erfüllen muss und nicht auf Ewig in dieser verdammten Hütte eingesperrt sein." „Du denkst du bist der Einzige der hier Pflichten erfüllen muss?!" „Es geht doch nur darum, dass du Angst davor hast dieses Dorf zu verlassen!" Es war ruhig. Anscheinend hatte er den Nagel auf den Kopf getroffen. Als Alexis stand auf und sie standen sich gegenüber. Hendrik umarmte ihn, er drückte Alexis ganz fest an sich und kuschelte seinen Kopf an Alexis Hals. „Lass mich einfach nicht allein. Ok?" „Ok." Hendrik atmete laut aus. „Ich würde gerne mit dir mitgehen, neues Entdecken und lernen. Und am wichtigsten: bei dir sein." Alexis blieb stumm und versteckte seine roten Wangen. „Aber ich habe Angst das Dorf zu verlassen, hier ist meine Schwester." Hendrik sah ihn an und fuhr mit seiner Hand über Alexis Wange. „Es tut mir leid, dass ich dich vorhin so angeschrien habe." Die liebevolle Berührung ließ Alexis genießend die Augen schließen. „Alles wieder gut."



Das kleine Gerät zeigte den Weg an, Flo ging immer weiter durch den Wald. Gerade eben noch hatte er sich aus Hendriks Hütte geschlichen, um von keinem der Dorfbewohner bemerkt zu werden. Es war schon dunkel unter dem dichten Blätterdach der Bäume, das schwache Abendlicht kam kaum mehr durch. Zwischen den Bäumen stand hin und wieder einmal eine kleine Blume oder ein paar vereinzelte Grashalme. Das meiste des Bodens war mit verwelkten Blättern bedeckt. Bald einmal kam Flo auf die Lichtung, auf der die Hydrangea 4 stand. Wind blies durch die Büsche und Bäume, im Wald sang ein Vogel. Flo öffnete das Schiff mit ein paar Reglern auf seinem kleinen Bildschirm. Müde kletterte er hinein. „Glorie?" Stille. Schlief sie? „Glorie wach auf!" Flo schaute in den Kajüten nach. Keine Glorie. „Glorie, wo steckst du?" Er konnte sie einfach nicht finden. Im Cockpit stolperte er über einen Haufen Kleidung. Was hatte sie bloß gemacht und wo war sie jetzt? Flo ging zu einem der vielen Bildschirme. Er musste nicht lange suchen, um die Aufzeichnungen des Schiffes zu finden. Flo ging die verschiedenen Kameras durch. Er könnte seinen Kopf gegen die Wand schlagen. Er macht sich auf den Weg, um Thea und Josua zu finden und was machte Glorie in der Zeit? Göttin spielen und auch in dieses Dorf gehen. Zurück zu Alexis und Hendrik? Nein, jetzt nicht mehr. Morgen, jetzt musste er schlafen gehen.

30 Jahre sind relativWo Geschichten leben. Entdecke jetzt