Kapitel 12

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„Illusion?" fragte ich hoffnungsvoll. „Das letzte Mal als mich jemand geschlagen hatte war im Krieg" glucksend rappelte er sich auf, zeigte anschließend mit seiner Hand auf den Tisch vor dem Sofa und sprach, meine Frage ignorierend, weiter. „Hier steht essen für dich." „Geht es meinen Freunden gut?" versuchte ich es diesmal etwas bitter. „Sie leben," murmelte er genervt und reichte mir seine Hand, damit ich aufstehen konnte. Was ich auch gut alleine schaffen würde. Missmutig warf ich ihr einen Blick zu, ignorierte sie schließlich und stand von selbst auf. Mittlerweile war die Wärme der altbekannten Kälte gewichen. „Das alles war nur in deinen Kopf. Ich ließ dich deine größte Angst durchleben." Erklärte er mir gelassen, während ich mich aufs Sofa setzte und das Essen begutachtete. Wütend schob ich es von mir weg. Es roch köstlich und ich hatte einen Bärenhunger aber irgendwie bildete ich mir darauf einen kleinen Sieg ein. Ja, so kindisch war ich. „Du weißt das ich deine Gedanken hören kann?" ertönte seine Stimme von der Plattform. Mich umdrehend sah ich in lässig auf seinem Bett mit verschränkten Beinen und diesem alten Buch in seiner Hand liegend. Er trug statt einer Jeans eine lockere Leinenhose, noch immer kein Shirt. Während ich meinen besten Freund tot geglaubt hatte, besaß er ernsthaft die Frechheit sich umzuziehen. „Was hätte ich sonst machen sollen?" kommentiert er meinen Gedanken ohne seinen Blick vom Buch zu heben. Ihm den Rücken wieder zuwendend, zog ich das weggeschobene Essen wieder an mich. Ich ertrug ihn so schon kaum, mit leeren Magen würde ich wahrscheinlich einem Steinzeitmenschen alle Ehre machen. „Was ist jetzt mit Satan?" fragte ich. „Was soll sein? Er ist rot, hat Hörner, ein so hässliches Gesicht, dass meine Augen an Posttraumatischer Belastungsstörung leiden und ist der Begriff von Größenwahn." Um sein Gesagtes zu unterstreichen seufzte er theatralisch auf. „Das meinte ich nicht." Meine Manieren sparte ich mir und redete einfach mit vollem Mund weiter. „Wieso will er meinen Tod." Diese Tatsache verstand ich einfach nicht. Luzifer hatte recht als er meinte, dass ich nicht interessant sei. Eine ganz normale junge Frau eben. Gut, ich wusste nichts von meiner Herkunft, denn als man mich in einer Babyklappe abgelebt hatte war nichts als ein Zettel wo fett „Fia" draufstand bei mir. Zumindest hatte mir das Kim, bei der ich bis zu meinem fünften Lebensjahr lebte, erzählt. Anders als die meisten Babys wurde ich nicht adoptiert, dazu reichte Kim die Zeit einfach nicht und als sie ein Burnout hatte wurde ich schließlich einfach mit dem Nachnamen Doe, weil ich einfach keinen hatte, zu meiner letzten Pflegefamilie geschickt. Ansonsten war ich ziemlich uninteressant. „Ich fand es schon immer unbegreiflich, wie unwissend eine Person sein konnte." Seine ausweichenden Antworten verderbten mir meinen Appetit, weshalb ich aufstand und zu einem seiner Bücherregale marschierte. Ein zweites Mal musterte ich die alten Bücher und grübelte über alles nach. „Fass nichts mich deinen schmutzigen Fingern an," wurde ich knurrend gemahnt. „Was hast du vor?" stellte ich die ganz große Frage. Mein Hirn würde mir gleich durchbrennen, wenn ich weiter so ahnungslos blieb. „Die Welt auf den Kopfstellen und das ultimative Chaos verursachen." prahlte er großspurig. „Aha, und was habe ich damit zu tun?" „Du bist der Schlüssel." Geheimnisvoller ging es nicht mehr.

Irgendwann gab ich auf ihm Antworten aus der Nase zuziehen. Seine Sturheit übertraf die meine und dass sollte was bedeuten. Nach einer Stunde des Ignorierens stand er auf und verließ das Zimmer. Natürlich nicht ohne mir zusagen, dass ich ja nicht den Raum verlassen sollte. Ich wusste weder wie spät es war, noch was ich machen könnte. Langsam ging ich mir selbst dermaßen auf die Nerven, dass ich mir alle Haare ausrupfen wollte. Ich war seine Marionette in einem Spiel, dessen Regeln ich nicht kannte. In letzter Zeit hatte ich eindeutig viel zu viel Angst verspürt. Feigling wäre ein viel effektiver Nachname als Doe. Nein damit würde ich jetzt aufhören. Im schlimmsten Fall reißt er mir mein Herz auf bestialische Art und Weise aus meinem Brustkorb und zermatscht es mit seinen Händen. Klar, ich würde Leben den Tod bevorzugen aber konnte man das hier wirklich als Leben betrachten. Wenn ich ehrlich war, hatte es mit der „Ankunft" geendet. Ein Leben in Angst ist kein gutes und wie bereits gesagt hatte ich viel zu viel Angst. Eine unkontrollierbare alles zerstörende Angst. Entschlossen stand ich vom Sofa, auf dem ich mich zum Schlafen hingelegt hatte, da ich mich niemals auf das Bett legen würde, auf und ging zur Tür. Zu meiner Überraschung war sie nicht zugesperrt. Er war sich wohl Sicher, dass seine Drohungen gefruchtet hatten, was auch so war. Keine Ahnung wie ich mir einen Wohnort in der Hölle vorstellte aber sicher nicht so..normal. Ich stand in einem dunklen Flur und ging langsam auf die Treppe zu. Stehts bedacht nicht über meine eigenen Füße zufallen. Die Treppe hinunter gehend wurde es immer heller und ich vermag Stimmen aus einem der Zimmer zuhören. Erstaunt sah ich mich um, als es gerade hell genug war um mehr als dunkle Umrisse zuerkennen. Die Wände waren aus Stein und standen im Kontrast du den modernen Möbeln. Keine geopferten Jungfrauen die von der Decke hängten. Ich war ehrlich überrascht. Wie sein Schlafzimmer war auch hier alles groß und prunkvoll. Ich stand in einer Eingangshalle, die mich an ein teures Hotel erinnerte. Lebensmüde wie ich war ging ich in die Richtung von wo ich die Stimmen ausmachte bis ich an einer großen geschlossenen Tür ankam. Die tiefe Stimme Luzifers drang von ihr heraus und ließ mein Herz schneller schlagen. „Du solltest sie auslöschen." sprach eine Männerstimme. „Foras hat Recht. Sie ist zu gefährlich," sagte diesmal eine hellere Stimme, die nur zu einer Frau gehören konnte. Hea war es aber nicht. Momentmal, sprachen die von mir? Nein, konnte nicht sein. Ich war alles aber nicht gefährlich. „Ihr steht zwar in meiner Gunst, vergesst aber nicht wer ich bin. Niemand kann mir gefährlich werden. Nina, Foras das Gespräch ist beendet." Ein empörtes Schnauben und näherkommende Schritte später wurde die Tür aufgerissen und brachte mich zum Erstarren. „Du bist dir deiner Macht so sicher, dass du nicht einmal bemerkst, wenn du belauscht wirst," zischte Nina. Unschuldig lächelnd ließ ich meinem Blick im Raum wandern als die Türe sperrangelweit offen stand. Luzifer stand vor einem großen dunklen Schreibtisch mit verschränkten Händen und gehobener Augenbraue. Direkt vor mir stand eine große junge Frau, Nina, mit trüben wasserblauen Augen und beckenlangem weißen Haar. Sie war groß, trug ein langes lockeres hellbraunes Kleid und sah mich emotionslos an. Um ihre Hände und Füße schlängelten sich zischend Schlangen. Der Mann, Foras, stand links von Luzifer. Er war so breit und muskelbepackt, dass er mir wahrscheinlich die Hand beim Händeschütteln brechen würde. Meine Knochen regelrecht in Staub zermahlen könnte ohne sich auch nur ein bisschen Mühe zugeben. Wäre sein Gesicht nicht mit unzähligen Narben überseht würde man ihn als schön bezeichnen. Sein dunkles Haar ging ihn bis zur Schulter, rahmte sein markantes Gesicht ein und seine dunkle Haut ließ seine hellen Haselnussbraunen Augen, die mich ungläubig ansahen, hervorstechen. „Hallo," nuschelte ich verlegen. Die Entschlossenheit von vorhin hatte sich verpufft. „Habe ich dir nicht gesagt, dass du das Zimmer nicht verlassen darfst?" Anders als erwartet klang Luzifer nicht wütend, sondern gleichgültig. Zögernd nickte ich. „Und habe ich dir nicht gesagt, was passieren würde, falls du meine Regeln brichst?" als ich erneut nickte schüttelte er nur seinen Kopf und sah Nina an. „Mir war bewusst, dass sie vor der Tür stand. Ihre Gedanken schreien förmlich danach gehört zu werden. Das ändert aber nichts daran, dass du mich infrage gestellt hast und ich kann es nicht leiden, wenn man mich infrage stellt." bedrohlich kam er auf Nina zu, die, falls sie Angst hatte, es nicht zeigte. Foras hingegen starrte mich noch immer an als wäre ich ein besonders schweres Sudoku. „Mein Plan ist nicht diskutierbar. Wählt eure Seite weise, denn, eines ist sicher, eine falsche Entscheidung und ihr" er unterbrach sich, hob seine Hand und packte ihre Kehle. Die Schlangen zischten, zum Angriff bereit, auf. Gefährlich blitzten seine Augen und ich könnte schwören in ihnen den Tod gesehen zu haben, bevor er seine Hand fest zudrückte. „Ihr werdet um den Tod nur so betteln." dann ließ er von ihrer Kehle los und bellte, dass sie verschwinden sollten. Am liebsten wäre ich mit ihnen gegangen. „Du wirst dir noch selbst zum Verhängnis kommen." Er stand nun dicht vor mir und strich sanft über meinem Arm. Jedes Mal, wenn er sanft war, passierte etwas Schreckliches. Wie würde meine Bestrafung diesmal aussehen? „Ich werde dich nicht bestrafen," unbeirrt wanderte seine andere Hand an meinen Rücken und zog mich näher zu ihm. Ich versuchte schlau aus ihm und seinen Handlungen zu werden. Erfolglos. Luzifer war ein lebendes Rätsel. Zählte man gefallene Engel überhaupt als lebend? Okay ich schweifte ab. „Nicht?" fragte ich flüsternd. Als seine Hand meinen Rücken streichelte begann sich ein trügerisches Kribbeln in meinem Bauch auszubreiten. „Nein, wir haben wichtigeres zu tun." Ich legte meine Hände auf seine Brust, um mich von ihm stoßen zu können, ließ sie dann aber still liegen, als er kurz zusammenzuckte. Die ganze Sache war sowas von verkehrt. Da ich meiner Stimme nicht vertraute sah ich ihn einfach stumm fragend an. Seine Augen strahlten so intensiv, dass ich meinte sie brannten. „Ich glaube es ist an der Zeit, dass ich dir sage, was ich von dir erwarte." 

Apokalypse - BittersüßWo Geschichten leben. Entdecke jetzt