Kapitel 15

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-Ben POV

Auf allen Vieren kniend spuckte ich gerade das Blut, welches sich in meinen Mund gesammelt hatte aus, als mein Gegner mir seinen Fuß in den Magen rammte. Stöhnend verlor ich den Halt.
„Wehr dich endlich!" bellte mich Wayne an, der mich schon seit einer viertel Stunde windelweich prügelte. Anders als die Anderen bildete er sich nichts auf meine mangelnde Verteidigung ein. Er wusste, dass ich ihn besiegen würde, wenn ich wollte und das brachte ihn um den Verstand. Von all den Schwachmaten hier war, der mittezwanzig Jährige mit asiatischer Abstammung, der Einzige mit dem ich mich verstand. Wie ich hatte er sich beim VT rekrutieren lassen, weil er jemanden bei einem Dämonenangriff verloren hatte. Strenggenommen hatte ich zweimal jemanden an einen Dämon verloren, dass Rhi wieder da war änderte daran nichts. Meine Brust zog sich bei den Gedanken an Fia schmerzlich zusammen. Sie war der Grund wieso ich mich bei jeder Nahkampfübung zu Brei schlagen ließ. So krank es klingen mag, nur der Schmerz konnte mich vergessen lassen, dass etwas Wichtiges fehlte. Dass Fia womöglich Tod war. Erneut tritt Wayne nach mir, verblasste damit jeden Gedanken an sie, da der Schmerz, welcher sich auf meiner linken Rippenseite ausgebreitet hatte, unerträglich war. Diese Seite war vom gestrigen Training schon geprellt.
„Buffay!" bellte er diesmal seine Hände in die Luft reißend als würde er mich fragen was los war. Er hatte nicht einmal einen Kratzer. Langsam rappelte ich mich auf, um dann auf ihn los zu gehen. Ich sah Sterne, schaffte es trotzdem mit mehr Glück als Talent, einen Schlag in sein Gesicht zu platzieren.
„Du kämpfst jämmerlich." spuckte er um mir in der nächsten Sekunde ebenfalls ins Gesicht zuschlagen. Ein befriedigendes Knacken war zuhören und Blut quoll aus meiner wahrscheinlich gebrochenen Nase. Als der Kampf nach weiteren fünf Minuten von einen mehr als angepissten Sergeant Anderson unterbrochen wurde, da meine Kampfhaltung ihn Kopfschmerzen verursachte, begab ich mich schlürfend in die Kantine. Wahrscheinlich hätte ich mich zuerst waschen sollen, immerhin stank ich und war von Blut besudelt. Es war mir aber egal ob ich anderen den Appetit mit meinem Anblick versauen würde. Seit Fia nicht mehr da war, lebten Rhi und ich in der Kaserne des VTs. Ohne sie hatte ich es keine weitere Sekunde dort ausgehalten. Nach längerer Diskussion hatte Rhi klein beigegeben und mit mir das kleine Zimmer hier bezogen. Viele Soldaten lebten auf der Basis, welche auf einen alten Friedhof erbaut wurde und sich somit auf heiligen Boden befand. Fragwürdig aber effektiv. In der Kantine sah ich Rhi auf einen der hinteren Tische sitzen. Sie riss ihre Augen erschrocken auf, während ich mich auf den Sessel ihr gegenüber fallen ließ.
„Oh Gott, Ben!" keuchte sie.
Ich ignorierte es und zog den Teller, den sie für mich geholt hatte, an mich ran. Wir sahen uns nicht oft, da ich viel trainierte aber das gemeinsame Essen nach meinem Nahkampftraining gehörte zur Routine. Manchmal fühlte ich mich Schuldig, weil ich sie viel alleine ließ.
„Das hätte sie nicht gewollt," flüstert die zierliche Rothaarige kaum hörbar. Ruckartig sah ich sie an.
„Woher willst du das wissen? Ist ja nicht so, dass wir sie um ihre Meinung fragen können."
Rhiannon sah mich verletzt an. Einen Ausdruck den ich in letzter Zeit viel zu oft sah. Ich weiß, dass es nicht fair war. Das ich mich ihr gegenüber unmöglich verhielt. Aus einem irrationalen Grund fühlte ich mich in ihrer Nähe wie ein Verräter. Einerseits war ich froh, um meine zweite Chance mit dem Mädchen, dass mein Herz zum schneller schlagen brachte, anderseits konnte ich mich nicht auf sie einlassen. Ich hatte es ehrlich versucht. Doch wenn ich in ihre Smaragdgrünen Augen sah, sah ich, auch wenn es falsch war, Versagen in ihnen. Denn versagt hatte ich.
„Du hast Recht, das können wir nicht aber ich kannte Fia. Sie hätte nicht gewollt, dass du dich selbst kaputt machst," sagte sie sanft. Kannte, hätte. Beides Vergangenheitsform. Das wollte, konnte ich einfach nicht akzeptieren. Es konnte nicht sein, dass sie Tod war. Dass die junge Frau, mit der ich aufgewachsen war und unglaublich viele Erinnerungen, gute sowohl als schlechte, erlebte, der Vergangenheit angehörte. Ich schloss meine Augen um einen klaren Gedanken fassen zu können. Vergebens, alles woran ich denken konnte, waren ihre unglaublich dunklen Augen. Augen, die viel zu selten glücklich gefunkelt hatten und wenn sie es taten, das Schönste waren was ich jäh sah. Alles war so verkehrt. Ich sollte mich auf das Mädchen, in das ich mich verliebt hatte und die ich behandelte wie Müll konzentrieren. Stattdessen blieb ich bei einem Geist hängen.
„Sprich nicht von ihr als wäre sie verloren." gab ich leise von mir, während ich meine Augen wieder öffnete und sie warnend ansah. Insgeheim versuchte ich mich damit selbst zu überzeugen.
„Ben, ich weiß wie viel sie dir bedeutet hat aber das ist es nicht wert. Sieh dich an!"
„Du weißt einen scheiß!" fauchte ich sie an. Ihr anschließendes Zusammenzucken, befriedigte mich auf eine verkehrte Art. Ein Teil von mir, der objektive, schämte sich dafür. Ich fühlte mich einfach so hilflos. Etwas was ich bisher nur aus meiner Kindheit kannte. Letztendlich traf Rhiannon keine Schuld an all dem. Sie machte sich einfach nur Sorgen. Fia hatte sich, warum auch immer, aus freien Stücken dazu entschieden. Vielleicht fühlte ich mich deshalb so verloren. Egal was ich empfand, es war einem Gegenüber nicht gerecht. Einen von beiden verriet ich an den anderen. Verdammt, ich musste mich zusammenreißen. Ich verdrängte meine mich verwirrenden Gefühle und sprach dann emotionslos: „Du hast Recht. Sie hätte das nicht gewollt. Es tut mir leid, dass ich dich angeschrien habe und ich verspreche das es nicht mehr vorkommt." Rhi sah mich überrascht an, doch bevor sie etwas sagen konnte sprach ich schnell weiter.
„Ich verspreche auch, dass ich den Dämon der ihr den Pakt abgenommen hat, eigenhändig töten werde." Bis dahin werde ich jeden von ihnen, der mir über den Weg läuft jagen und qualvoll zur Strecke bringen, mich an ihren Schmerzen weiden. Mein mehr als kaputtes Herz sehnte sich nach Rache an den Bastard, welcher mich meiner anderen Hälfte beraubte. Ich war es Fia schuldig.  

Apokalypse - BittersüßWo Geschichten leben. Entdecke jetzt